Radebeuler Ehrenbürger (Teil 4): Oswald Hans

Nachdem dem langjährigen Radebeuler Bürgermeister Robert Werner beim Ausscheiden aus dem Amt 1927 das Ehrenbürgerrecht seiner Stadt verliehen worden war (vgl. V&R 5/2010), verstand es sich angesichts der dauernden Rivalität beider Lößnitzstädte fast von selbst, dass seinem Kötzschenbrodaer Gegenpart aus gleichem Anlass die nämliche Ehre zuteil werden würde. Und tatsächlich hieß der dritte Kötzschenbrodaer Ehrenbürger  Bürgermeister Oswald Hans.

Oswald Hans

Geboren am 18. Juni 1866 in Glauchau, hatte Oswald Albert Hans nach der Schule die Verwaltungslaufbahn eingeschlagen und bereits in verschiedenen sächsischen Kleinstädten Beamtenposten bekleidet, als er sich Anfang 1904 auf die eilig ausgeschriebene Stelle des Niederlößnitzer Gemeindevorstands bewarb. Sein Vorgänger, der erste berufsmäßige Gemeindevorstand Max Herz, war am 1. Dezember 1903 nur 45-jährig verstorben. Die kurz darauf  und nicht zuletzt aus diesem Anlass begonnenen Verhandlungen über eine Vereinigung von Kötzschenbroda und Niederlößnitz – eigentlich ein Gebot der Stunde – waren im März 1904 am ablehnenden Votum des Niederlößnitzer Gemeinderates gescheitert. Für den vakanten Vorstandsposten gab es dann nur einen Bewerber, und so wurde Oswald Hans am 14. April 1904 einstimmig zum neuen Gemeindeoberhaupt gewählt.

Die Niederlößnitzer hatten in den folgenden Jahren keinen Grund, diese Wahl zu bereuen. Hans erwies sich als kompetenter Fachmann und zeigte sich den Herausforderungen gewachsen. Allzu groß waren diese allerdings zunächst auch nicht. Hans übernahm eine steuerkräftige Villengemeinde mit knapp viereinhalbtausend Einwohnern, die mit dem Wasserwerk und dem Elektrizitätswerk über zwei gut funktionierende Eigenbetriebe verfügte; die wesentlichen Hausaufgaben waren bereits erledigt. Kritisch wurde die Lage erst im und nach dem Ersten Weltkrieg, als sich die seit Mitte des 19. Jahrhunderts recht einseitig verlaufene Entwicklung hin zur fast reinen Rentnergemeinde mit schwacher wirtschaftlicher Basis als Bumerang entpuppte. Hans bewies aber auch in dieser Situation, dass er sein Metier verstand. Für seine umsichtige Verwaltungsführung im Krieg wurde ihm der Sächsische Kriegsverdienstorden verliehen. Nach dem Krieg trug er zur Lösung der drängenden Probleme bei, etwa zur Entschärfung der Wohnungsnot durch die Einrichtung des kommunalen Rentnerheims Altfriedstein.

Auch setzte Hans sich – gegen die vor allem in Niederlößnitz stark vertretene separatistische Haltung – 1921 mit für eine Vereinigung aller Lößnitzgemeinden zur Stadt Elblößnitz ein. Daraus wurde zunächst bekanntlich nichts, doch als 1923 die Vereinigung der westlichen Lößnitz spruchreif wurde, vermochte er die sich weiter sträubenden Gemeindeverordneten von Niederlößnitz zur Zustimmung zu bewegen, handelte im Vereinigungsvertrag diverse Zugeständnisse an seine Gemeinde heraus und wurde, obwohl er der dienstjüngste der drei amtierenden Gemeindevorstände war, im Oktober 1923 dann auch zum ersten Bürgermeister des größeren Kötzschenbroda gewählt. Die Konsolidierung dieser vereinigten Gemeinde, die 1924 das Stadtrecht erhielt, war in schwieriger Zeit keine leichte Aufgabe. Hans konnte in den ihm verbleibenden Amtsjahren trotzdem einige Erfolge vorweisen, so die mit umfangreichen Neubauten verbundene Ansiedlung der Verwaltungszentrale des Elektrizitätsverbands Gröba, die Einrichtung eines zweiten städtischen Rentnerheims im ehemals Oederschen Sanatorium und die Neuorganisation des Berufsschulwesens und Schaffung eines eigenen Berufsschulgebäudes.

»Beim Übertritt des Herrn Ersten Bürgermeister Hans in den Ruhestand haben die städtischen Kollegien ihm in Anerkennung der besonderen Verdienste, die er sich in 25jähriger Dienstzeit als Leiter der früheren Gemeinde Niederlößnitz und später als Erster Bürgermeister der Stadt Kötzschenbroda um diese Gemeinwesen, deren Einrichtungen und insbesondere auch um ihre Verbandsunternehmungen erworben hat, zum Ehrenbürger der Stadt Kötzschenbroda ernannt.« So lautete der Text des auf den 30. April 1929 datierten und vermutlich schon von Hans’ Nachfolger Dr. Wilhelm Brunner unterzeichneten Ehrenbürgerbriefs. Die Gemeindefinanzen hatte letzterer bei seinem Amtsantritt zwar in guter Ordnung vorgefunden, in seinem Tagebuch bezeichnet er die damalige Kötzschenbrodaer Verwaltungsstruktur allerdings als denkbar »hinterwäldlerisch« und ineffektiv. Mit diesen, den Befindlichkeiten in der Vereinigungsdiskussion geschuldeten Hemmnissen aufzuräumen, waren neue Kräfte von außen nötig. Nach der mit dem Auszug aus dem Rathaus verbundenen Pensionierung bezog Oswald Hans eine Wohnung im Haus Grüne (heute Dr.-Külz­) Straße 19. Er starb am 13. Januar 1946 im 80. Lebensjahr in Radebeul.

Ilse Seiler und Frank Andert

[V&R 7/2010, S. 10f.]

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