Mit Stephan Krawczyk poetisch durch das Jahr

Spendenaufruf

Bestandssicherung und Rekonstruktion des Pavillons am Mohrenhaus in Radebeul

Historische Ansicht Foto: verein für denkmalpflege und neues bauen

Weinberge und dutzende Solitärbauten prägen das Bild der jahrhundertealten Radebeuler Kulturlandschaft.
Besonders im 18., 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts haben geistreiche und finanzkräftige Dresdner das Potential der Lößnitz erkannt. Landhäuser, Sommersitze und kleine Schlösser sind neben großzügigen Villengebieten entstanden. Die verschiedensten Baustile sind zu finden, so unter anderem der Tudorstil. Diesen finden wir in der schlossartigen Villa des Mohrenhauses mit Wintergarten, inclusive eines romantischen

Foto: verein für denkmalpflege und neues bauen

Landschaftsparks mit künstlicher Ruine und einem ca. 1877 entstandenen achteckigen Gartenpavillon mit kuppelartigem Dach und feingliedrigen Eisengusssäulen an den drei zum Tal hin gewandten offenen Seiten.
Durch viele Besitzerwechsel und Desinteresse wurde der Pavillon nach und nach dem Verfall preisgegeben. Die Stadt Radebeul hat nun dankenswerterweise und mit finanzieller Unterstützung der Denkmalbehörde begonnen, dieses sich in einem erbarmungswürdigen Zustand befindliche Kleinod zu sichern.

Foto: verein für denkmalpflege und neues bauen

Foto: verein für denkmalpflege und neues bauen

Erste Arbeiten erfolgen am Dach und der Mauerkrone des Gebäudes. Was bleibt zu tun?
• Restaurierung der gusseisernen Stützen und Tudorbögen
• Sanierung des Sockels und der Stufen
• Innen- und Außenputz
• Reparatur des Fußbodens
• Befundgerechte Rekonstruktion des Gipsstucks in und unter der Kuppel
• Fertigung und Montage von Ziergittern und eines zweiflügeligen Tores, um Vandalismus zu verhindern

Foto: verein für denkmalpflege und neues bauen

Ein kleines Projekt, das es in sich hat! Etwa 100.000,- € werden dafür nötig sein.
Der verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.v. hat sich gemeinsam mit der Stadtverwaltung Radebeul, dazu entschlossen, den Dornröschenschlaf des Pavillons zu beenden und dieses kleine Schmuckstück wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken! Das große Interesse am Tag des offenen Denkmals 2022 hat uns dazu ermutigt.
Dafür bitten wir Sie um Ihre großzügige Spende!
Empfänger: verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.V.
Spendenkonto: Sparkasse Meißen – IBAN DE45 8505 5000 3011 0054 69
Stichwort: Spende Pavillon am Mohrenhaus

Weitere Informationen finden Sie unter www.denkmalneuanradebeul.de

Zum Titelbild

Voll unbändiger Lust wirft das Tier mit wehender Mähne den Kopf zurück, ganz so, als fühle es sich eins mit seinem Reiter und dessen froher Kunde. So geht es auch anderen: der „Frühlingsbote zu Pferde“ braucht nur die Hand auszustrecken, schon sitzt einer der munteren Stare darauf, die als erste im Jahr mit frohem Geschwafel den Frühling verkünden.
Mit wenige klaren Linien und Flächen gelingt es Michael Hofmann erneut, die Szene lebendig werden zu lassen. Der Künstler weiß nicht nur, was er sagen will, er hat auch die Mittel dazu: bestechendes handwerkliches Können und vollendetes Formgefühl. Es ist faszinierend zu sehen, wie er die Begeisterung angesichts des erwachenden Jahres allein in Schwarz und Weiß so farbmächtig darzustellen vermag. Die Erfahrungen aus einem langen Künstlerleben kommen ihm hier zu Gute. Gleich nach dem Studium hatte er sich mit der Gestaltung von Glasfenstern für Kirchenbauten einen frühen Wunsch erfüllen können. Hier lernte er ganz konkret, dem Bild inneren Halt und zugleich Leichtigkeit und Bewegung zu geben: Fähigkeiten, die auch der Holzschnitt verlangt.

Mit Albrecht Dürers Bildfolge zur Apokalypse hat sich der Holzschnitt schon um 1500 vom „Bilderbogen“ emanzipiert und als eigene Bildkunst etabliert. Michael Hofmann kann in dieser Tradition gesehen werden. Seine Botschaft allerdings ist eine durchaus andere, verheißungsvollere. Und sie ist dennoch nicht aus der Welt, denn seht, es wird Frühling!
Thomas Gerlach

Radebeuler Miniaturen

Ein Kinderspiel

Im Jahr der nichtendenwollenden Jahrestage und Jubiläen, die dazu anregen sollen, Schwung zu holen, Gas zu geben, zu jubeln, zu weinen, zu verzweifeln, zu feiern und vor allem innezuhalten, sollte ein Ereignis nicht vergessen werden, ein Ereignis, das ausnahmslos jede und jeden schon einmal ereilt hat und jederzeit wieder ereilen kann: Im Jahr 1914, also vor einhundertzehn Jahren, begann Friedrich Joseph Schmidt in München mit der Serienproduktion von „Mensch, ärgere dich nicht!“
Es ist ein Kinderspiel für jedes Alter: Bis zu einer Anzahl von sechs Personen versammeln sich: Urahn, Vater, Mutter, Bube und so weiter um einen Tisch, auf dem der Spielplan liegt. Nun geht es darum, im Takt des Würfels bis zu jeweils vier Spielfiguren auf vorgezeichnetem Weg zu einem vorgezeichneten Ziel zu führen.
Was soll ich noch sagen, Jeder kennt‘s.
Ist nun nach dem Willen des Würfels eine Figur langsamer als eine andere, und treffen sich beide auf dem gleichen Feld, wird die zuerst da gewesene „des Feldes verwiesen“, „nach Hause geschickt“ oder, genauer, „rausgeschmissen“. Nach dem erneuten Würfeln einer „Sechs“ darf die Figur die Reise noch einmal beginnen. Nun wird auch der Name des Spieles klar, denn der Vorgang kann zu erheblichem Ärger führen. Ich kenne keinen, der’s nicht erlitten hätte.
Nach groben Schätzungen wurde das Spiel in den seither vergangenen Jahren gute einhundertmillionen Mal verkauft: Es war und ist ein echter Renner, an dem Generationen von Ehrgeizlingen verzweifelt sind und der dennoch immer wieder gern gekauft und gespielt wird.
Besonders ärgerlich ist, wenn du Runde um Runde kurz vor der rettenden Tür auf die „Eins“ wartest und dann doch noch „rausgeschmissen“ wirst, um nunmehr ebenso vergeblich auf die „Sechs“ zu warten, welche die weitere Teilnahme ermöglicht.
Im modernen Sprachgebrauch hat sich für „Rausschmeißen“ der Begriff „Remigration“ eingebürgert. Der klingt so schön gelehrt und nicht so grob, ist aber kein Kinderspiel mehr, zumal keiner weiß, wer welchen Würfel warum wohin wirft – am Ende heißt es nur, „alea iacta est“ …
Bleibt zu ergänzen, daß in der Schmidtschen Original-Spielanleitung ein „Rausschmeißen“ noch nicht zwingend vorgesehen war. Besonders für schwächere Spielerinnen war und ist das sehr erleichternd …

Thomas Gerlach

Glosse

Feste druff!

Nun ist Motzi eben Motzi! Der führt kein Florett, sondern wohl einen Säbel. Scharf muss er nicht sein. Aber als ehemaliger Bauarbeiter weiß er ihn wohl kräftig zu führen, ist er doch nicht gerade zart besaitet. Vielleicht sollte also die Redaktion von Vorschau & Rückblick künftig an die Glosse und sicher an noch einige andere Artikel eine Trigger-Warnung hängen: Vorsicht – gefährlicher Inhalt! Am besten gleich auf dem Umschlag des Heftes. Da ist rechts unterhalb des Titels noch eine Menge Platz. Man kann ja nie wissen, wer sich wiedermal wegen eines unbedachten Wortes, einer unglücklichen Kombination oder einer falschen Interpretation auf den Schlips oder auf sonst was immer getreten fühlt, in einen psychischen Notstand getrieben oder gar „lebensgefährlich“ verletzt fühlt. Sicher ist sicher! Es war ja nicht so gemeint!!!

Zugebeben, ich bin nicht in der Position, wo ich die große Klappe haben kann. Ich steh keiner Gemeinde vor, sitze in keinem Parlament und kann auch keine Waffen in alle Welt kutschieren. Hab eh nur einen Handwagen. Aber offensichtlich scheint für manche Leute das gesprochene und geschriebene Wort die gefährlichste Waffe aller mörderischen Kriegsgeräte zu sein. Man kennt das ja seit Jahrhunderten. Diese Mischung aus Verbot und Selbstzensur ist seit Ewigkeiten in Mode. War es nicht Cäsar, den man kollektiv hinterrücks meuchelte? Und die Antreiber von der anderen Seite, wie die Großklappe des Deutschen Reiches, will ich gar nicht erst ins Feld führen.
Nun hoffe ich doch noch davonzukommen. Aber ab welcher Verfehlung ist man eigentlich des Todes? Das wüsste ich schon gern – so für meine mögliche eigene Zukunft. Denn, wie schreibt man eine Glosse, ohne jemandem zu nahe zu treten?

Dieses Feld wird seit der Antike bestellt, wenn auch die Bestimmung sich gewandelt hat. Was einst als erklärende Randnotiz gehandhabt wurde, kommt heute polemisch, satirisch, pointiert daher und ist nicht immer leicht zu schlucken. Ein wenig „Spaß“ muss man wohl verstehen als Leser, auch wenn die meisten Glossen nicht nur motzen, sondern sich zwischen ihren Zeilen durchaus Bedenkenswertes verbirgt. Dem begabtesten Glossenschreiber der Weimarer Republik ist das nicht gut bekommen. Ich hoffe nur, dass wir diese Zeiten überwunden haben. Gab es da nicht neulich so eine ominöse Zusammenkunft?

Nun kann man sich für das über uns hereingebrochene Festjahr allerlei wünschen und einfallen lassen. Und es freut mich ungemein, wenn sich die Bürger der Stadt Radebeul ganz eigene Gedanken dazu machen. Und noch schöner, wenn diese dann noch im Festprogramm Aufnahme gefunden haben. Denn, so ein Glück hatten nicht alle.
Ein Königreich wie England sind wir leider noch nicht. Die verstehen es eben zu feiern! Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Vielleicht in fünf Jahren? Nur die Sache mit der EU macht mir Sorgen. – Ist aber alles nicht so gemeint! Ein kleiner Scherz am Rande.

Die schönsten Feste sind allemal die, die nichts kosten. Und um auf die Blumenwiesen zurückzukommen, kosten einige Samentütchen vom Baumarkt oder einer ortsansässigen Gärtnerei nun wirklich nicht die Welt. Auf diese Weise könnte man, gewissermaßen an alte Traditionen anknüpfend, buchstäblich die ganze Stadt und nicht nur einige Vorgärten zum Erblühen bringen, wenn es schon an Festschmuck fehlt. Das wär dann wohl die beste Glosse aller Zeiten, meint

Euer Motzi.

 

11. Thematischer Filmclubabend

Die Filmauswahl des Wanderkinos „Film Club Mobil“ korrespondiert im Radebeuler Jubiläumsjahr mit städtisch relevanten Themen. Gezeigt wird am 14. März 2024 um 19 Uhr im Lügenmuseum (Radebeul-Serkowitz, Kötzschenbrodaer Straße 39) der DEFA-Film „Alarm im Zirkus“. Im Anschluss folgt ein Gespräch über das Thema „Zirkus und Radebeul“. Eingeladen sind zwei interessante Radebeuler Persönlichkeiten: der 85-jährige Artist Charlie Feistkorn (Künstlername Charly Fistkorn), welcher bereits als Dreijähriger gemeinsam mit den Eltern aufgetreten ist und Ende der 1950er Jahre auch im Zirkus Barlay engagiert war, dem Ort des kriminellen Geschehens im Film. Eingeladen ist auch Gert Morzinek, der die farbenfrohe Fassade des Sarrasani-Hauses auf der Gartenstraße in Radebeul-Ost entwarf. Außerdem sind Mitglieder von der Gesellschaft der Circusfreunde der Sektion Dresden/Ostsachsen zu Gast, deren Anliegen es ist, das kulturelle Erbe des Circus-Metiers in all seinen Facetten zu erhalten.

Die Anregung für den Film „Alarm im Zirkus“ boten die Presseberichte über einen authentischen Kriminalfall des Jahres 1953. Der Besitzer von Zirkus Barlay, welcher sich im Ostteil der Stadt Berlin auf der Friedrichstraße befand, war in den „Westen“ gegangen und wollte seine wertvollen Zirkuspferde auf illegalem Wege über die Grenze bringen lassen. Der Plan flog auf, der Überfall scheiterte und zahlreiche Helfer wurden in einem Prozess verurteilt.

Der Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase (1931–2022), der Dramaturg Hans Kubisch und der Regisseur Gerhard Klein (1920–1970) gestalteten daraus einen spannenden Kriminalfilm für Jugendliche. Der Einsatz von grobkörnigem Schwarz-Weiß-Material verstärkte die reportageartige Wirkung. Entstanden ist ein authentisches Zeitdokument mit sensibel beobachteten Milieustudien. Vor allem die Zusammenarbeit von Wolfgang Kohlhaase und Gerhard Klein war sehr produktiv und fand eine erfreuliche Fortsetzung u. a. mit Filmen wie „Eine Berliner Romanze“ 1956 und „Berlin – Ecke Schönhauser“ 1957, in denen die Halbstarken-Problematik einen inhaltlichen Schwerpunkt bildete. „Alarm im Zirkus“ war ihr erster gemeinsamer Film. Gedreht wurde im Filmstudio Babelsberg und an Originalschauplätzen. Die Premiere fand am 27. August 1954 im Berliner Kino Babylon statt. Mit 3,6 Millionen Zuschauern wurde der Film zum Kassenschlager des Jahres 1954.

Die jugendlichen Hauptdarsteller des Filmes werden von Hans Winter (Klaus) und Ernst-Georg Schwill (Max) verkörpert. Der künstlerische Werdegang lässt sich allerdings nur von Ernst-Georg Schwill (1939–2020) nachverfolgen. Dieser wurde als 14-jähriger in einem Kinderheim von Regisseur Gerhard Klein für den Film „Alarm im Zirkus“ entdeckt. Nach einer Ausbildung zum Filmfotografen, studierte Schwill von 1957–1960 an der Filmhochschule Babelsberg. Seine Filmografie (1954–2018) ist beeindruckend. Auch der gesellschaftliche Umbruch brachte keinerlei berufliche Unterbrechung.

Als Medizinstudent Herbert ist Ullrich Thein (1930–1995) zu erleben. Auch er machte als begabter Nachwuchsschauspieler schon früh auf sich aufmerksam. Nach einem abgeschlossenen Musikstudium nahm er Schauspielunterricht und siedelte 1951 in die DDR über. „Alarm im Zirkus“ war sein vierter Film.

Der Kneiper Klott wird von Erwin Geschonneck (1906–2008) gespielt, welcher 1954 schon längst ein gefragter und vielseitiger Theater- und Filmschauspieler war. Seine erste kleine Rolle hatte er bereits 1931 in dem Film „Kuhle Wampe“. Nach Kriegsende wirkte er u. a. in Filmen wie „Das Kalte Herz“ 1950 und „Das Beil von Wandsbeck“ 1950 (nach kurzer Laufzeit zurückgezogen) mit. Am Theater arbeitete er unter Regisseuren wie Helmut Käutner und Bertolt Brecht.

Alarm im Zirkus
1954, Jugendkriminalfilm, DDR, DEFA, Studio für Spielfilme, 80 Minuten, s/w, FSK 6

Regie: Gerhard Klein; Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase, Hans Kubisch; Kamera: Werner Bergmann; Musik: Günter Klück; Besetzung (Auswahl): Erwin Geschonneck, Ulrich Thein, Ernst-Georg Schwill, Hans Winter, Uwe-Jens Pape

Der Film spielt in der Nachkriegszeit im geteilten Berlin. Der Verkehr zwischen den vier Sektoren war noch relativ ungestört möglich. Während sich im westlichen Teil der Stadt das kapitalistische Gesellschaftsmodell etabliert hatte, wurde im östlichen Teil ein sozialistisches bevorzugt. Die Systemkonfrontation spitzte sich zu.

Die Geschichte beginnt im amerikanischen Sektor, in einem Hinterhof einer tristen Mietskaserne. Spielende Kinder werden vom Hausbesitzer, dem Kneiper Klott, beschimpft und vertrieben, eine Drehorgel erklingt und zwei boxversessene Jungen trainieren am Sandsack, der an einer Teppichklopfstange hängt. Deren Fäuste sind notdürftig mit Bandagen geschützt. Was ihnen fehlt sind Boxhandschuhe. Doch die sind unerschwinglich. Das Sparen ist mühsam. Auf der Suche nach Einnahmequellen geraten sie an den Bandenführer Jimmy und den zwielichtigen Klott, welche ihnen für einen einfachen Auftrag schnell verdientes Geld in Aussicht stellen. Das scheint die Lösung ihres Problems zu sein. Allmählich wird ihnen aber klar, dass sie dabei behilflich sein sollen, die Pferde vom Zirkus Barlay von Ost- nach Westberlin zu bringen. Doch in eben diesem Zirkus hatten Klaus und Max neue Freunde gefunden. Statt sich an der ruchlosen Tat zu beteiligen, helfen sie nun mit, das Verbrechen zu verhindern und die Täter zu fassen.
Erzählt wird aus dem Blickwinkel des Ostens. Wenngleich die propagandistische und erzieherische Absicht des Jugendfilms erkennbar ist, wirkt diese nicht vordergründig. Im Mittelpunkt stehen die Menschen aus einfachen Verhältnissen, deren Ringen um Gerechtigkeit eine Belohnung erfährt.
Imposante Bilder von einer rasanten Verfolgungsjagd durch das nächtliche Berlin mit wildem Schusswechsel sorgen für Spannung bis zum Schluss, welcher durch feine Ironie eine zusätzliche Würze erhält.
Doch das eigentliche Finale des Films findet natürlich in der Arena von Zirkus Barlay statt. Dort werden die glücklichen Helden mit Applaus und Blumen gefeiert. Dazu spielt die Zirkuskapelle. Plötzlich ertönt das Trompeten eines Elefanten, der als Dank vom Zirkus die heißersehnten Boxhandschuhe überbringt. Danach setzt wieder die Kapelle ein, dazu traben die eleganten Zirkuspferde rhythmisch im Kreis. Drehorgelklänge mischen sich ein und erinnern an den Hinterhof, wo alles begann.

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e.V.


Anmerkung: unter Verwendung von verschiedenen Filmbegleitmaterialien und Wikipedia-Eintragungen.
Information und Reservierung unter: 0160-1038663.

AG Kötzschenbroda

Beitrag zu 3×100

aus: Broschüre “Radebeul 1949 – 1989

Die Stadt feiert und die AG Kötzschenbroda „Heimatabend mit Frühstück“ feiert mit – selbstverständlich auf ihre besondere Art. Dafür aber müssen die Mitglieder der zwölfköpfigen Arbeitsgruppe noch einige Monate lang kräftig in die Hände spucken, ehe sich am 15. September dieses Jahres die Türen des Auszugshauses Altkötzschenbroda 21 für die Besucher öffnen können.
Vorzubereiten ist eine ungewöhnliche Sonderausstellung im Erdgeschoss des Hauses, die an Hand von Texten, Abbildungen und sorgfältig ausgewählter Originalen den Betrachter über die umfangreiche Literatur zu Radebeul und besonders über Kötzschenbroda in Kenntnis setzen soll. Zu sehen sein werden nicht nur Erzeugnisse aus der jüngsten Vergangenheit, sondern beispielsweise auch Adressbücher aus den 1930er Jahren und ältere Werke.
Das Ausstellungskonzept wurde bereits im vergangenen Jahr erarbeitet. Gegenwärtig werden die Exponate zusammengetragen, das Material ausgewertet und für die Ausstellung aufbereitet. Überarbeitet beziehungsweise neu angefertigt werden muss auch das Equipment für die kleine Schau.
Vorgesehen ist unter anderem, eine möglichst umfassende Literaturliste der Publikationen von und über Radebeul zu erstellen und diese in die Ausstellung sichtbar einzufügen. Gern nimmt deshalb die Arbeitsgemeinschaft Hinweise über Radebeul-Bücher entgegen, denn auch die AG-Mitglieder haben keinen Gesamtüberblick über die diese Literatur, obwohl sie schon über 100 Titel gelistet haben.
Folgende Angaben werden benötigt: kompletter Titel der Publikation, Vor- und Zunahmen des Autors oder der Autoren, Verlag und Erscheinungsjahr.
Die Informationen können an Karin und Karl Uwe Baum, Käthe-Kollwitz-Straße 9, in 01445 Radebeul gerichtet – auch unter 0351/830 54 50, 0160/103 86 63 zu erreichen – oder über baum@kunsthaus-radebeul.de gesendet werden.

Karin (Gerhardt) Baum

Als die Läden noch den Namen von Leuten trugen

Ergänzende Leserpost

Am 12.1.24 ging der Brief von Helga Weisbach, einer Vorschau-Leserin aus Dresden, ein und am 14.1. erhielt ich einen Brief von Christian Günther aus Dinkelsbühl, Bayern. Ebenfalls ein ehemaliger Radebeuler, der, wie Frau Weisbach, die Vorschau geliefert bekommt. Beide beschreiben unabhängig voneinander in ihren Mitteilungen Läden und Einrichtungen in Radebeuls Mitte, genauer gesagt, rund um die Weintraube. Die Zeiträume der jeweiligen Erinnerungen überschneiden sich etwas: Herr Günther von etwa 1940 bis 1953 und bei Frau Weisbach von 1948 bis in die 60er Jahre. Wir bedanken uns bei beiden Einsendern herzlich und möchten Teile der Briefe, weil sie zufällig das gleiche Gebiet von Radebeul behandeln, zu einem Text zusammenführen – ein Experiment vielleicht, aber beide Personen haben hierfür ihr Einverständnis erklärt.
Man staunt mit heutigem Blick auf die Gegend um die Weintraube, wie viele kleine Geschäfte es da mal gegeben hatte. Und das Ladensterben begann sogar schon bevor 1990 als die großen Handelsketten Radebeul entdeckt hatten. So schreibt Frau Weisbach: bin geboren in der Klinik von Dr. Taubert (Meißner Str. 158). Gewohnt habe ich auf der Roseggerstraße, gar nicht weit von der Weintraube. Eingekauft haben wir an der Weintraube, da gab es fast alle Geschäfte des täglichen Bedarfs. Angefangen beim Bäcker/ Konditor Schiller in der Meißner Str.156, den es ja heute noch gibt. Weiter in östlicher Richtung folgte ein HO-Lebensmittel, eine kleine Postfiliale in der Tiefe des Hauses und der Friseur Seidel bzw. Tschochner. Dann folgte der Milchladen der Familie Kretzschmer, vor dem sich hier ein kleiner Uhrenladen befand, so die Erinnerung von Herrn Günther. Nach dem Milchladen kam ein Blumenladen, der sich Centraflor nannte. Gefolgt von der Fleischerei Ricius, die später unter anderen Namen weiter bestand. Östlich von der Fleischerei ist die Theaterkasse der Landesbühnen. Dann kommt die Gaststätte „Zur Goldenen Weintraube“, bestehend aus dem Gastraum und einem Tanzsaal. Frau Weisbach erinnert sich, dass die Gaststätte gutes Essen hatte und ihre Familie oft da war. Im Saal wurde mit richtiger Kapelle manchmal getanzt. Die Landesbühnen Sachsen, ein Mehrsparten- und Wandertheater, existieren an dieser Stelle seit 1950. Alle o.g. Läden und Einrichtungen waren unter den Adressen Meißner Str. 152/ 154 zu finden. Der große Umbau der Landesbühnen 2000 verwischte die Strukturen der alten Läden dann vollends. Gegenüber, im Moritz-Garte-Steg, kauften Weisbachs bei Haller (zuvor Stache) Obst und Gemüse. Wenn sie früher als Kind mal krank war, ging sie mit der Mutter zum Kinderarzt Meißner in der Mozartstraße.

Zeichnung: D. Lohse

Zur Bäckerei Hillig, Winzerstr. 1, haben beide Einsender fast gleichlautende Erinnerungen: zur Adventszeit besuchten sie mit ihren Müttern unabhängig voneinander diese Bäckerei zum privaten Stollenbacken – der herrliche Geruch beim Abholen der fertigen Stollen ist für beide heute noch abrufbar! Herr Günther, er wohnte zeitweise in der Schuchstraße, schreibt, dass er auf seinem Schulweg zur Niederlößnitzer Schule (damals hieß sie Richard-Wagner-Schule) u.a. am Gemüseladen Hertzschuch, Winzerstr. 5a, und am Kolonialwarengeschäft Schulz, Zillerstr. 15, vorbeikam. Interessant ist, wie lange sich so eine Ladenbezeichnung noch hielt, hier bis 2006 – denn der 1. Weltkrieg führte ja dazu, dass Deutschland seine Kolonien abgeben musste! Das Weiße Roß, Meißner Str. 148, war damals noch eine richtige Gaststätte, heute nutzt eine Spielbar die Räume. Manchmal gab es auch in der „Weißen-Roß-Apotheke“, jetzt Straße des Friedens 60, etwas abzuholen. Der Apotheke gegenüber war in der Meißner Str. 127 ein Fahrrad- und Motorradgeschäft, wie der Betreiber hieß, weiß Herr Günther aber heute nicht mehr. Soweit die Erinnerungen einer Leserin und eines Lesers an vergangene Zeiten in Radebeuls Mitte.
Ich habe für die Stelle, wo die meisten Geschäfte waren, eine Skizze zur Lage der Läden gemacht, an die sich Frau Weisbach und Herr Günther erinnert haben.

Dietrich Lohse

Fräulein Else

Inszenierungsfoto | mit: Veronika Petrovic, Julia Rani, Sandra Maria Huimann, Maria Sommer (v. l.) Foto: C. Beier

Stückentwicklung nach Arthur Schnitzler/ Uraufführung an den Landesbühnen Sachsen

Das Stück von Arthur Schnitzler „Else“ bietet einen Exkurs in die Wiener Moderne des 19. Jahrhunderts.Vier Schauspielerinnen beginnen in der Bühnenmitte als weibliche Skulptur. Mit diesem Bild eröffnet Jan Meyer seine Regiearbeit zu Arthur Schnitzlers „Else.“ Arthur Schnitzler, ein viel gespielter Autor und studierter Mediziner kommt in seinen Stücken und seiner Literatur (Novelle) der menschlichen Psyche seiner Figuren sehr nahe. Die Idee, Gedanken und Konflikte hier auf vier weibliche Figuren zu verteilen, bietet für den heutigen Theaterbesucher vielleicht lebendigere Bezugspunkte, als eine eindimensionale Erzählweise, die sich gute Literatur erlauben darf.

Else T. Tochter eines Wiener Rechtsanwaltes, befindet sich für einige Urlaubstage im Nobelkurort

San Martino di Castrozza in Trentin. Sie bekommt ganz unerwartet Post von ihrer Mutter. Es ist ein Expressbrief mit der Bitte für Elses Vater, der Mündelgelder veruntreut habe und kurz vor der Verhaftung steht, eine hohe Summe von 30.000 Gulden als benötigtes Darlehen zu erbitten. Der Kunsthändler Dorsday ist für Else der einzige mögliche Ansprechpartner. Sie schildert ihm die schwierige familiäre Situation. Der Kunsthändler willigt zwar ein, stellt aber Bedingungen. Er fordert als Gegenwert das 19-jährige Mädchen für eine Weile ungestört nackt betrachten zu dürfen.

Else ist empört. Mit der Regie-Idee, das Thema mit vier Frauen zu besetzen, erlebt der Zuschauer

ihre Empörung auf unterschiedliche Art und Weise. Vielleicht sogar vierfach? Das Dorsday Forderungen stellt, hat Else im Stück offenbar nicht bedacht. In der damaligen Zeit des 19. Jahrhunderts kommt seine Bitte einer Tragödie gleich. In dieser Konfliktsituation, in welcher die vierfache Else Handlungsspielräume und Assoziationen zwischen Todessehnsucht und Liebesbedürftigkeit spielerisch zu gestalten weiß, darf das Publikum betrachten und sich selbst Gedanken machen über die Welt von gestern.

Oder ist diese Welt doch mehr auf die Gegenwart zu übertragen als ursprünglich vermutet? Falls man das Alter der Protagonistin als Schlüssel nimmt?

Fest steht, dass ihr nicht genug Mittel in die Hand gegeben werden, um sich gegen die Forderungen von Vater und Mutter zu wehren. Während des Spiels erfährt das Publikum, dass der Rechtsanwalt in Gestalt des Vaters ziemlich oft kurz vor dem finanziellen Bankrott stand.

Wie geht Else mit der Bitte von Dorsday, einem älteren Herren um? Sie möchte sich mit dem Gönner nicht alleine im Zimmer aufhalten, der sie nackt sehen möchte. Sie denkt sich aus in einem schwarzen Mantel gehüllt, den sie unmittelbar auf ihrer bloßen Haut trägt im Musiksalon zu erscheinen und dem Gewünschten nachzukommen. Das tut sie auch. Die vier Frauen erzählen sich auf der Bühne gegenseitig, wie sie in eine ausgedachte Ohnmacht fallen und wie die Reaktionen auf ihre jugendliche Erscheinung sein könnten. Im ursprünglichen Stück von Schnitzler wird sie (Else) in ein Hotelzimmer gebracht. Dort liegen Schlafmittel bereit. Ob der tiefe, todesähnliche Schlaf ihre Probleme lösen wird?

Interessant ist, das die Stück begleitende Schauspieldramaturgin Elisabeth Guzy fast ausschließlich Anleihe in der Bildenden Kunst bei Gustav Klimt und Egon Schiele nimmt. Die beiden Maler lebten und arbeiteten in Wien der damaligen Zeit, kamen aber aus völlig verschiedenen sozialen Schichten.

Die durchaus akzeptable, vielleicht sogar geniale Idee, vier Frauen von der männlichen Übergriffigkeit erzählen zu lassen, spielen facettenreich manchmal sogar mit Humor. Zu sehen sind Sandra Maria Huimann, Veronika Petrovic, Julia Rani und Maria Sommer.

Zur Premiere dankte das Publikum, den Spielern und dem Regieteam mit anhaltendem Applaus.

Die Stückentwicklung nach Arthur Schnitzler „ Fräulein Else“ ist unbedingt zu empfehlen.

Angelika Guetter


Nächste Termine:

2.3, 19.4, jeweils 20 Uhr an des LBS (Studiobühne)

Schreibwerkstatt im Lößnitzgymnasium

In der Schreibwerkstatt, die von Oktober 2023 bis Ende Januar 2024 erneut am Lößnitzgymnasium Radebeul stattfand, kamen wöchentlich schreibbegeisterte Schüler*innen zusammen, um gemeinsam mit der Autorin und Slam Poetin Marsha Richarz und dem Radebeuler Autor Thomas Gerlach Texte zu schreiben. Jede Woche gab es Tipps rund ums Schreiben und einen neuen Schreibimpuls, der die Schüler*innen zum Schreiben inspirieren sollte. In den letzten Wochen wurden ausgewählte Texte überarbeitet. Einige Ergebnisse zum Schreibimpuls “Schreibe einen passenden Text zu einer Schlagzeile” und zum Thema „Lieblingsort“ können Sie in den kommenden Ausgaben einige Texte lesen.

Lieblingsort

Was machst Du, wenn du nicht weißt, was Dein Lieblingsort ist? Ja, ich weiß, das ist eigentlich eine dumme Frage, die sehr schnell und sehr einfach beantwortet werden kann. Du brauchst Dir nur die Frage zu stellen: Wo bin ich am liebsten?
Mein Problem ist, ich bin an vielen Orten gern. Aber vielleicht ist die Frage: „Wo bin ich am liebsten?“ zu ungenau, vielleicht sollte ich die Frage genauer formulieren. Was ist für mich der Ort, wo ich mich am wohlsten fühle, wo ich immer sein kann, wo ich gern bin, wo ich hingehen kann, wenn es mir schlecht geht? Nun ja, macht das die Frage nicht viel leichter zu beantworten? – Bei genauerer Betrachtung – nicht unbedingt.
Was tust du also, wenn du eine kurze Geschichte zu deinem Lieblingsort schreiben sollst und nicht mal weißt , über welchen Ort du schreiben möchtest? Noch dazu kann mein Lieblingsort ja auch der Ort sein, wo mein Lieblingsmensch ist, oder?
Das würde aber doch heißen, dass der Lieblingsort je nach Aufenthalt des Lieblingsmenschen variiert? Und das würde ja auch heißen, dass die Schule oder die Arbeit meiner Eltern mein Lieblingsort wären und das ist jetzt nicht unbedingt der Fall. Damit komme ich schon zu meinem nächsten Problem: Wer ist mein Lieblingsmensch? Sind es meine Eltern oder ist es mein Freund oder meine beste Freundin? Ist es nicht unfair, die eine Person den anderen vorzuziehen?
Es ist nicht so, dass mir keine Orte einfallen, die mein Lieblingsort sein könnten. Aber zum einen bin ich sehr schlecht, was Entscheidungen angeht, denn ich bin nie hundertprozentig mit der Entscheidung zufrieden. Zum zweiten ist unter den möglichen Orten kein Ort, der sich besonders hervorhebt. An allen Orten geht es mir fast gleich gut, das variiert immer ein bisschen, je nachdem, was für einen Tag ich gerade hatte.
Zusammengefasst, ich kann mich weder entscheiden, was für einen Lieblingsort ich habe, noch welchen Lieblingsmenschen ich habe. So etwas festzustellen kann schon etwas frustrierend sein. Was kann ich in dieser Situation also machen?

Helena Bollmann – Klasse 9

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