Fast wie neu

Zur Restaurierung der Terrakottafiguren an der Eduard-Bilz-Straße

Wahrscheinlich wird dem einen oder anderen Leser bei einem Spaziergang durch die Oberlößnitz aufgefallen sein, dass die von uns so oft beschriebenen Terrakotten auf der Eduard-Bilz-Straße (»Die Bacchanten«) oder der Dr.-Schmincke-Allee (»Vier Jahreszeiten«) seit einigen Monaten fast wie neu wirken.

»Die Bacchanten«, Terracottafiguren an der Eduard-Bilz-Straße

Im Spätherbst des vergangenen Jahres wurden die Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten an den Figuren abgeschlossen und alle Figuren mit einem dünnen Schlussanstrich versehen. Anstriche mit Farben oder Überzüge mit Engoben waren schon bei der Herstellung der Skulpturen im 19.Jahrhundert üblich, um das teils ungleichmäßige Erscheinungsbild der gebrannten Oberflächen zu vereinheitlichen und um letztlich auch einen Sandstein zu imitieren, welcher in der Herstellung um einiges teurer gewesen wäre.

Zudem besaß der Überzug vor allem für die im Freien stehenden Figuren eine Schutzfunktion.

Kittungen der Terrakotta vor Ort und unterschiedlich farbiges Fugenmaterial weisen u.a. darauf hin, wie die Skulpturen angestrichen waren.

»Die Bacchanten«, Terracottafiguren an der Eduard-Bilz-Straße

In der Tonwarenfabrik March in Berlin-Charlottenburg verwendete man vor allem verschiedene Gelb-, Ocker-, Rot- bzw. Grautöne als Oberflächentönungen. Der um 1880 aufgetragene Überzug muss aber bei der Figurengruppe auf dem Fontainenplatz nicht sehr lange gehalten haben, denn schon 1905 wurde die Gruppe übertüncht. Eine Zahlung an den Malermeister Wennelund belegt einen Anstrich mit weißgrauer Farbe, den man auf einer Ansichtspostkarte von 1910 noch gut erkennen kann.

Restauratorin Tina Dömling

Frau Tina Dömling, die durch das städtische Denkmalamt bestellte Dresdner Dipl.-Restauratorin, restaurierte den heute zu sehenden Anstrich nach ihren Befunden. Sie schrieb mir auf meine Frage nach der Zusammensetzung: »Die Figuren auf der Dr.-Schmincke-Allee hatten ursprünglich einen Wachs-Kasein-Anstrich mit Bleiweiß, rotem und gelben Ocker als Pigmente, die Figuren auf der Eduard-Bilz-Straße einen Ölfarbenanstrich mit Bleiweiß und gelbem Ocker. Die rekonstruierten Anstriche basieren auf Silikonfarben. Jeder Anstrich wurde zweifach lasierend aufgetragen«.

Die vorwiegend freiberuflich tätige und jetzt in Dresden lebende Restauratorin Tina Dömling hatte sich schon in ihrem Studium an der Fachhochschule Hildesheim vor allem mit der Restaurierung von Stein- und Architekturoberflächen beschäftigt. Danach arbeitete sie zwei Jahre im Landesdenkmalamt Berlin als Amtsrestauratorin und erweiterte anschließend ihre Kenntnisse im Landesamt für Archäologie, wo sie vor allem Keramikfunde restaurierte. Ausgehend von ihren praktischen und theoretischen Erfahrungen, erstellte sie 2008 ein umfassendes Restaurierungs- und Sanierungskonzept für unsere Radebeuler Terrakotten.

Auch für sie war es kaum zu glauben, daß die keramischen Hohlkörper über 130 Jahre im öffentlichen Raum gestanden hatten, ohne gesichtet oder restauriert worden zu sein. Abgesehen von ein paar Fehlstellen gab es nur wenig Beschädigungen mutwilliger Art. Da sie aber aus Einzelteilen gefertigt, vor Ort montiert und über Dübel zusammengehalten wurden, waren desolate Fugen und Verschmutzungen, Risse und Ausbrüche vorprogrammiert. Neben der Entfernung der Oberflächenverschmutzungen waren vor allem konservatorisch notwendige Kittungen wichtig. Eindringende Feuchtigkeit zu verhindern, war wichtigstes Ziel der schonenden Restaurierung durch Frau Dömling.

Danken wir an dieser Stelle der Restauratorin und der Steinmetzfirma Geith für ihre Arbeit, danken aber auch den jetzigen städtischen Behörden, die es für wert befanden, die Figuren und ihre Postamente auf ein weiteres Jahrhundert zu erhalten. Und besonders empfehlen wir die »fast wie neu« wirkenden Skulpturen und Postamente wie schon so oft »dem Schutze des Publikums«.

Gudrun Täubert

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