„Bilz – Ein sächsischer Visionär“


Anlässlich des Veröffentlichungsjubiläums des Hauptwerkes von Eduard Bilz laden der Bilz-Bund für Naturheilkunde e. V. und der Verein für Denkmalpflege und Neues Bauen Radebeul e. V. zum Vortrag „Bilz – Ein sächsischer Visionär“ von Frau Dr. Marina Lienert ein. Der Vortrag findet am Freitag den 23. 2. 2018, 19:30 Uhr im Vortragsraum der Bibliothek Radebeul-Ost statt.

Bild: Bilz-Bund für Naturheilkunde e.V.

Vor 130 Jahren, im Februar 1888, veröffentlichte Friedrich Eduard Bilz (1842-1922) erstmalig „Das neue Heilverfahren und die Gesundheitspflege“ als 1. Band des zweibändigen Werkes „Das menschliche Lebensglück. Ein Wegweiser zu Gesundheit und Wohlstand durch die Rückkehr zur Natur“ (im Selbstverlag). Damit begann der Aufstieg des Webergesellen, Kolonialwarenhändlers und Autodidakten zum Bestsellerautor, der 3,5 Millionen Exemplare des bald in „Das Neue Naturheilverfahren“ umbenannten und im Volksmund als „Bilz-Buch“ bekannten Naturheilkunde-Buches verkauft haben soll. Es war nach einer Erhebung aus dem Jahr 1907 das in sächsischen Arbeiterhaushalten am häufigsten vorhandene Buch. Bilz hat es bis zu seinem Lebensende immer wieder überarbeitet und um die neuesten Verfahren erweitert. Zum Verkaufserfolg trugen seine modernen Werbe- und Vertriebsmethoden bei, für die er insbesondere von Ärzten hart kritisiert wurde. Auch der Erfolg seines Naturheilsanatoriums war ihnen ein Dorn im Auge, weshalb sie mehrfach dessen Schließung verlangten. So schwankte sein Bild in der Öffentlichkeit zwischen Begründer der Naturheilkunde und gierigem Scharlatan und Kurpfuscher, der mit unwissenschaftlichen Methoden gutgläubige Patienten um Geld und Gesundheit brächte.

Eduard Bilz, um 1910
Foto: Bilz-Bund für Naturheilkunde e.V.

Zu seinen Lebzeiten gehörte er neben Kneipp und Lahmann zu den bekanntesten Vertretern der Naturheilkunde, heute ist sein Name nur noch in Sachsen, an seinen Wirkungsstätten bekannt. Doch trifft man noch so Manchen, in dessen Bücherregal ein ererbtes „Bilz-Buch“ steht. Die prächtigen Jugendstil-Bände lassen nostalgische Erinnerungen wach werden; dienten doch deren bunte aufklappbaren Körper-Darstellungen oft heimlich den Heranwachsenden zur ersten sexuellen Aufklärung – ein Effekt, der von Bilz durchaus beabsichtigt war. War er doch Lebensreformer im umfassenden Sinne, der sich die Aufklärung der Menschen in den verschiedensten Lebensbereichen zur Aufgabe gemacht hatte. Das war der Antrieb, 1882 sein erstes Buch „Der Schlüssel zur vollen menschlichen Glückseligkeit oder Umkehr zum Naturgesetz. Ein Beitrag zur Lösung der zeitgemäßen Frage: Wie hat die heutige Menschheit sich einzurichten, wenn sie Siechtum, Krankheit, Armut und sonstiges Elend meiden und den Vollgenuss der irdischen Glückseligkeit dauernd erringen will?“ zu veröffentlichen.

Seine darin geäußerten Vorschläge zur Gesellschaftsreform scheinen aus heutiger Sicht etwas naiv, vertraute er doch auf die Vernunft der Menschen. Doch solche Forderungen wie nach einem „Grundgehalt“ (entspricht dem heute viel diskutierten und erprobten bedingungslosen Grundeinkommen), nach Arbeitszeitverkürzung auf vier bis sechs Stunden täglich sowie nach einer – modern ausgedrückt – nachhaltigen Wirtschaftsweise scheinen wieder sehr aktuell und heute besser zu verwirklichen als je zuvor.

Bilz ging davon aus, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse den Menschen formen, und forderte deshalb deren Veränderung, die von immer besser und umfassender gebildeten Menschen ausgehen sollten. Deshalb stellte er die Erziehung der Kinder an den Anfang aller Bemühungen. Er hat versucht, seine Ideale zu leben. Das größte Denkmal errichtete er sich selbst, als er 1905 ein Licht-Luft-Bad eröffnete – das heutige beliebte Bilz-Bad – wie er es schon 1882 beschrieben hatte. Damit war er der einzige Naturheilkundler oder Naturarzt, der einen Teil des erworbenen Wohlstands zur Verwirklichung seiner lebensreformerischen Ideale einsetzte.

Dr. Marina Lienert

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