Eine Glosse?

Nichts bleibt

Es ist eine Binsenweisheit. Wir alle wissen das. Trotzdem bin ich immer wieder völlig überrascht, ja regelrecht schockiert, wenn das Unvermeidliche eintritt. Klar war die Schlappe der CDU zur Bundestagswahl eine mit Ansage. Auch vom befürchteten Linksruck und den überall drohenden „Roten Socken“ war nach dem Wahlgang kaum noch was zu hören. Und trotz der Unkenrufe werden wohl die „Durchgefallenen“ das Desaster überleben. Mancher muss vielleicht wieder zurück in die Produktion, wie man früher zu sagen pflegte… Aber, die Gefahr ist heutzutage klein. Und wo gibt es denn im Osten noch Produktion? Die Plätze sind rar.
Einige sind natürlich auch nach „Oben“ gefallen. Manche davon hatten es bitter nötig. Ein Bundestagsmandat ist allemal besser als Arbeitslosigkeit, auch wenn dafür der angeblich drohende „links-grüne Mainstream“ im Land herhalten musste.

Das blöde an der heutigen Zeit ist, dass man selbst nachdenken muss, was hinten oder vorn, was falsch oder richtig ist. Meine Frau Mutter hatte da offensichtlich Zweifel an meinen diesbezüglichen Fähigkeiten und verkündete mir deshalb immer ihre Weisheiten. Und wenn ich dann maulte, erwiderte sie nachsichtig oder auch schon einmal gereizt: „Junge, ich meine es doch nur gut mit dir!“.

Mal vom Coronawahnsinn abgesehen, gibt es gegenwärtig nicht nur im Bundestag einen großen Verschiebebahnhof. Ich habe gar den Eindruck, dass ein neues Zeitalter angebrochen ist. Da hatte sich „Deutschlands Mutti“ vor Jahren gegen eine weitere Senkung der Emissionsgrenzwerte in Europa ausgesprochen und wie dankt es ihr die deutsche Autoindustrie? Etwa mit der Schließung des Opel-Werkes in Eisenach bis Jahresende?!

Der Tourismus im Elbtalland erholt sich trotz steigender Inzidenzzahlen gerade auch wieder. Mit dem Meißner Weinfest am ersten Wochenende im Oktober versuchten die dortigen Veranstalter gewissermaßen einen Spagat zwischen Pandemie und Normalität. Wenngleich es in der Burgstraße mitunter schon recht eng zuging, hatte man Winzerbuden als auch Kulturangebote klug auf 15 Standorte verteilt und dabei den historischen Markt ausgespart. So gelang es mir bei meinem Besuch, größeren Menschenansammlungen geschickt ausweichen zu können. Meine Mutter hätte ihre wahre Freude daran gehabt. Auf abgegrenzte Bereiche und Einlasskontrollen hatte man gleich ganz verzichtet und stattdessen auch Veranstaltungsbereichen auf der rechten Elbseite der Stadt eingerichtet. „Verhungern“ und „verdursten“ musste in Meißen niemand, sorgte doch auch ein zusätzlich eingerichteter Busverkehr für den reibungslosen Austausch zwischen den weiter auseinanderliegenden Stationen. Die Atmosphäre war gelassen bis heiter.

Auch in Radebeul, wo traditionell zeitgleich das Weinfest durchgeführt wurde, setzte man ebenso auf die Insellösung. Einschränkungen waren auch hier nicht zu vermeiden. Die Einzäunungen aber wirkten befremdend. Vor ihnen sah ich lange Besucherschlangen, Menschen, die auf Einlass warteten. Die bildeten sich ebenfalls vor den wenigen Versorgungsständen in und außerhalb der „Reservaten“. Es war wohl das erste Mal, dass ich reichlich frustriert von einem Weinfest durstig und hungrig nach Haus ging. Wie ich hier die „drei Tage voller Genuss, Spaß und Unbeschwertheit“ hätte genießen können, wie Radebeuls Oberbürgermeister im Programmheft versprach, will mir nicht in den Kopf. Nun muss ich zugeben, dass in Pandemiezeiten eben nicht alles möglich ist. Warum allerdings nicht eine weitere Entzerrung der Veranstaltung versucht wurde, ist sicher nicht nur mir schleierhaft. Auch das Kulturangebot war eher mager. Vom Wandertheater auf dem Fest konnte nun wahrlich keine Rede sein. Selbst auf die sonst so phantasiereiche Ausgestaltung wurde verzichtet. Klar, die Finanzen waren knapp. Fehlten doch die Stand- und Eintrittsgelder.
Einzig im Skulpturengarten des Richard von Gigantikow auf den Elbwiesen konnte ich eine entspannte Atmosphäre genießen, aber auch nur, weil ich mir am nächsten Tag meinen Wein gleich von zu Hause mitgebracht hatte. Laut Veranstalter war das Mitführen von alkoholischen Getränken und „splitterndem […] Material“ zwar verboten. Kontrolliert hat das aber keiner. Zumindest in einem Punkt hatte ich mich an die „Hygiene- und Sicherheitshinweise“ gehalten und den Rebensaft in eine Plasteflasche umgefüllt. Nur die Winzer hatten das vergessen.

Viele Gäste waren jedenfalls stinksauer und haben das Fest vorzeitig verlassen. Schließlich gab es ja an diesem Wochenende an Festen keinen Mangel. Eine Besucherin brachte auf Facebook dann auch ihre Kritik auf den Punkt: „Das Konzept war völlig für die Katz!“.

Nächstes Jahr werde ich wohl gleich zum Weinfest nach Meißen ziehen, meint

Euer Motzi

 

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