Statement eines Kunstliebhabers

Das Lügenmuseum – ein Gesamtkunstwerk

Was heißt hier „Lüge“? Hinter jeder Lüge steckt die Wahrheit und hinter „Gesamtkunstwerk“ der Beuys’sche Begriff, das Beuys’sche Verständnis von einer sozialen Plastik. Mit „sozial“ ist gemeint die Vielzahl der Menschen, die daran beteiligt waren, es entstehen zulassen, und die es heute lebendig erhalten.

Das Zabka’sche Gesamtkunstwerk erweitert sich zu einem sich wandelbaren Objekt, in das man ein und aus gehen kann – der Erwachsene ebenso wie das Kind. Das intensive Schauen und Erkennen und mitunter Handhaben der Objekte sollte man erlebt haben, denn das Gesamtkunstwerk vereint zwei wesentliche Sinneswahrnehmungen: das Sehen und das Hören. Manche Objekte erzeugen Klänge, manche sind Lichtinszenierungen, andere Bewegungschoreografien. Bisweilen streift eine Feder über ein Tamburin mit zartem Ton, bisweilen klingelt ein Glöckchen auf einem sich drehenden Teller. Ich werde erinnert an Jean Tinguely, der im großen Maßstab Ähnliches installierte: So steht in Basel auf dem Theaterplatz der „Fasnachts“-Brunnen, der endlos klingt und Wasser schöpft, und nur der strengste Frost friert die Bewegung von Kellen, Stäben, Wasser ein.

Ich denke auch daran, wie sich das Radebeuler Gesamtkunstwerk dem Betrachter darbietet:

Überrascht wie in einem Labyrinth, entdecken wir Werke einheimischer und internationaler Künstler, zum Beispiel das raumhohe Stahl-Instrument Jan Heinkes oder Lutz Fleischers nachgebaute Kuriositäten-Bude vom Dresdner Schaubudensommer, ebenso wie die Spielzeugkreationen des brasilianischen Künstlers Getulio Damado, die auch ins New Yorker MOMA gefunden haben.

Unvergesslich die Konzerterlebnisse im großen Saal, wenn sich Skulpturen, Tanz und Musik vereinen, ich erinnere mich an Joe Sachse, Matthias Macht und den japanischen Fluxus-Künstler Taka Kagitomi, der bei Penck in Düsseldorf studierte.

Und nicht zuletzt die Kreationen von Reinhard Zabka, die Vergangenheit und Gegenwart auf ihre Art kommentieren.

Diese Beispiele stehen für viele weitere Akteure.

Das Lügenmuseum ist schon lange keine Immobilie mehr, ein baulich zu irgendeinem Zweck verwertbares Objekt. Es ist ein durch kreative Menschen entstandenes und sich ständig veränderndes lebendiges Kunstwerk, das sich vom archivierenden Museum unterscheidet.

Und nicht nur darum ist das Lügenmuseum des Erhaltens wert:

Es ist einzig in der Radebeuler Kulturlandschaft mit Strahlkraft weit über Sachsen hinaus.

Es stellt ein Alleinstellungsmerkmal auch im Stadtmarketing dar.

Und es ist ein nicht zu unterschätzender Wert, deshalb:

Erhaltet das Lügenmuseum! Bewahrt das Gesamtkunstwerk!

Klaus Liebscher im Mai 2025

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