Viel Neues im Kunsthaus

6. Kunst-geht-in-Gärten-Veranstaltung

Entstanden aus einer Katastrophe, ist „Kunst geht in Gärten“ mittlerweile eine beständige und beliebte Veranstaltung in Radebeul geworden, die zu Beginn des Sommers tausende Besucher aus der Stadt und der unmittelbaren und weiteren Umgebung anlockt. Obwohl am letzten Juni-Wochenende dieses Jahres brütende Hitze herrschte, konnten sich die Garten- und Grundstücksbesitzer über mangelnden Zustrom nicht beklagen.

Markus Kliesch mit einem Trompetensolo neben einem Gemälde von Anita Rempe Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Letztes Jahr pausierend, haben wir mit dem Kunsthaus Kötzschenbroda an der sechsten Auflage dieses Zusammenspiel von Stadtgalerie (Veranstalter), Künstlern und Gärtenbesitzern teilgenommen. Von Anfang an dabei, vertrauten wir auf den bisher erworbenen kleinen Stamm an Künstlern und Besuchern. Enttäuscht wurden wir nicht, ganz im Gegenteil. Neue Künstler gesellten sich hinzu und auch die Gäste waren zahlreicher, darunter viele aus benachbarten Landkreisen und anderen Bundesländern.

Nun sind wir weit davon entfernt, hier über die Veranstaltung an sich zu berichten, waren wir doch hinlänglich mit dem eigene Garten und den bei uns ausstellenden neun Künstlern beschäftigt. Natürlich verspürten wir große Lust, einen Blick in den einen oder anderen neu dazugekommenen Garten zu werfen und uns mit den Besitzern und den Künstlern zu unterhalten. Freilich hätten wir auch nur für einen Tag unsere Pforte öffnen können, wie 18 Prozent der 28 Ausstellungsorte, und damit ausreichend Zeit für einen Rundgang gehabt. Allein das wollten wir weder den Künstlern, Besuchern noch uns zumuten. Ist doch der Aufwand für alle Mitwirkende enorm.

Bereits zu Beginn des Jahres hatten wir alle bei uns ausstellenden Künstler zu einer Abstimmung und Ortsbegehung eingeladen und als gemeinsames Motto für die Ausstellung „Schattenspender – Lückenbüßer“ bestimmt, anspielend darauf, dass in diesem Lande mitunter die Kunst als fünftes Rad am Wagen gesehen wird. Und so mag es nicht verwundern, wenn bei der diesjährigen Ausstellung im Garten und in Nebengelassen des Kunsthauses Werke zu sehen waren, die eindeutig zu bestimmten Entwicklungen in der Gesellschaft Stellung bezogen.

Der Dresdner Grafik-Designer Bernd Hanke gestaltete seine „Rollos“ an den vier Frontfenstern vom Erdgeschoss des Kunsthauses mit Motiven zum gegenwärtigen Kriegsgeschrei und dem Aufrüstungswahnsinn, in dem er von ihm gestaltete Plakate u. a. aus den 1980er Jahren einarbeitete.

Anita Rempe (r.) und Heidrun Rueda (l.) bei einer Interaktion mit den Besuchern des Kunsthauses Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Moritz Wippermanns Metall-Druckbilder – ein modernes Druckverfahren auf mehrschichtigen Aluminiumplatten – zeigten scheinbar unspektakuläre Landschaften, in der sich abgelagerte Industriepaletten auftürmten.

Alle der neun teilnehmenden Künstler hatten sich etwas Besonderes einfallen lassen: Matthias Kistmacher präsentierte eine Versuchsreihe zu Farbe und Struktur, Gabriele Schindler zeigte mit „Schattenspiele“ einen Hofstaat (Papiercaché-Köpfe) samt Hofschranzen (Pappmaché-Masken). Christiane Latendorf zauberte erneut, mit Malerei, Grafik, Keramik sowie Jahreskalendern für 2026, in einer Garage einen ganzen „Kunstladen“ herbei. Mattias Kratschmer setzte unter dem Titel DIES.NOX.SOMNIUM.ARBOR (Tag-Nacht-Traum-Baum) auf der Südwiese einen Grafik-Baum und Nele Wippermann wartete überraschend mit abstrakten kleinformatigen Textilarbeiten in Teppich-Form auf.

Anita Rempe und Heidrun Rueda wiederum führten in einer Art Performance, Schätze der „Verborgenen Kunst“ vor. Schwarz bekleidet und weiß behandschuht zelebrierten sie Kostproben ihres künstlerischen Schaffens, die sich in zwei turmartigen Regalen zunächst den Blicken der Betrachter entzogen.

Christiane Latendorf, »Vogelkopf« (Keramik) auf einer alten Halterung für einen Feuerlöscher Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Und so hatte jeder Künstler in unserem Garten „sein Refugium“ geschaffen, Und wem das noch nicht genug war, der konnte auch an einer der fünf dialogischen Führungen teilnehmen, die über Garten, Haus, Kunst und Künstler so manche interessante Information preisgab.

Jedes Jahr stellt sich natürlich auch für uns die Frage, wollen wir das überhaupt noch, schaffen wir den Aufwand, der sich damit verbindet und lohnt sich das alles für ganze zwei Tage? Unterm Strich, bei aller Anstrengung und Abwägung, sind wir zum Schluss gekommen: JA!

JA, weil sich eben mit dieser Aktion viel mehr verbindet, als nur dem Veranstalter dafür einen Garten zur Verfügung zu stellen. JA, weil dieser Veranstaltungstyp für uns die Möglichkeit bietet, selbstgestalterisch, in enger produktiver Kooperation mit den Künstlern, tätig zu werden. Und schließlich JA, weil da ein Publikum ist, das sich interessiert und aufgeschlossen zeigt, mit dem man ins Gespräch kommen kann. Der vielfältige Zuspruch gibt uns Kraft und regt für Weiteres an. Aber wir werden aus dieser Veranstaltung kein „Volksfest“ machen. Es geht uns um Kunst, um bildende Kunst in einer nicht alltäglichen Umgebung.

Und sollten die Sterne günstig stehen und die Kräfte reichen, sind wir auch im kommenden Jahr gern wieder mit dabei.

Karl Uwe Baum

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