Christian Lempe – Verabschiedung in den Ruhestand

Wenn jemand in den Ruhestand geht, wird wohl nicht jeder eine Würdigung in V&R finden können – da reicht der Platz in unserem Heft einfach nicht. Im Falle von Herrn Lempe erscheint es mir aber angemessen, weil wir uns seit den 90er Jahren kennen, weil ich weiß, dass er u.a. ein Herz für die Denkmalpflege hat und weil mir seine Biografie recht spannend scheint.

Christian – nomen est omen – entstammt einer Bauernfamilie und wurde am 2. Oktober 1951 in Müdisdorf bei Lichtenberg geboren. Er ist also ein Erzgebirgler, wie man ihn sich vorstellt: bodenständig, evangelisch, mit praktischer Veranlagung und einem klaren Kopf. Den Beweis mögen die folgenden Zeilen bringen. Er besuchte hier die Schule und lernte nach der 10. Klasse Betriebsschlosser und eignete sich danach noch Berufserfahrung an. 1970 wurde er zu einem Studium an die Fachschule für Landtechnik nach Nordhausen delegiert, aber schon nach einem halben Jahr exmatrikuliert, weil bei den Anmeldeformalitäten übersehen worden war, dass er den Dienst an der Waffe bei der NVA ablehnte, jedoch Bausoldat akzeptiert hätte. Es folgte die bekannte „Bewährung in der Praxis“, d.h., Arbeit von 1971 bis 72 in der LPG „1. Mai“ Weigmannsdorf. Während der anschließenden Armeezeit – Bausoldat ist kein Zuckerschlecken – wurde er 1973 in einen schweren Unfall verwickelt, fortan war er nicht mehr in der Volksarmee einzusetzen. Nun konnte er in Nordhausen durchstarten, noch mal von Anfang an studieren und sich 1977 Ingenieur für Landtechnik nennen. Mit dieser Qualifikation in der Tasche kehrte Herr Lempe zurück ins Erzgebirge und wurde in der LPG „Burgberg“ in Burkersdorf als Leiter für materiell-technische Versorgung eingestellt. Da hätte er nun für länger bleiben können, zumal er die Mangelwirtschaft dieser Jahre mit „gewusst wie, gewusst wo und gewusst wer“ einigermaßen beherrschte. Familiäre Gründe führten zum Entschluss, einen Ortswechsel vorzunehmen. Im Rückblick ist er dafür dankbar, als ihm 1981 im damaligen Landeskirchlichen Amt für Innere Mission (heute Diakonisches Werk) in Radebeul, Obere Bergstraße 1, die Leitung der technischen Abteilung angeboten wurde. Hier wurde jemand mit seinen Fähigkeiten gesucht und auch eine Wohnung geboten. Technische Abteilung könnte man auch salopp als Hausmeisterbrigade ansprechen. Dazu gehören zwischen 4 und 10 Personen (über die Zeit schwankend), die für technische Ausrüstungen, Bautätigkeit sowie Grundstücks- und Parkpflege verantwortlich sind. Auf den ersten Blick scheint das nicht zu den früheren Tätigkeiten zu passen, quasi ein Karriereknick – doch nein, beim zweiten Hinschauen hilft das Erlernte auch bei der Tätigkeit in der Diakonie. Christian Lempe hat breites technisches Verständnis, eine zupackende Art, er kann gut zuhören und ruhig anleiten und das z.T. auch in schwierigeren Situationen, wenn vormals alkoholabhängige Menschen wieder in einen Arbeitsprozess eingegliedert werden müssen oder, was auch vorkam, wenn in DDR-Zeiten Menschen geholfen werden konnte, die aus politischen oder christlichen Gründen nicht so ins System passten.

Herr Lempe kann sich auch einmischen, wenn es um Radebeul und den neuen Städtebau geht, z.B. den in der Dr.-Rudolf-Friedrichs-Straße. Was ihm sogar Kritik aus der „oberen Etage“ seines Hauses einbrachte. Das musste er aushalten, weil er in dem Falle von der Richtigkeit seiner Argumente überzeugt war.

Was wäre noch zu erwähnen? Von 1992 an hatte er sechs Jahre lang die Leitung der Baukommission der Kötzschenbrodaer Friedenskirche übernommen. Er war Gründungsmitglied des „Vereins für Denkmalpflege und neues Bauen“ und ist immer noch dabei. Und schließlich möchte er sich auch noch um zwei Häuser, die ganz zufällig Denkmalobjekte sind, kümmern. Ich kann mir auch vorstellen, dass seine Familie, also seine Frau und drei Kinder, für die kommende Zeit noch Wünsche haben, die er erfüllen kann.

Also, er ist vielseitig interessiert, in seinem Fach perfekt, für Viele mit dem Herzen am richtigen Fleck und für Wenige manchmal auch unbequem – ein Mensch mitten in seiner Zeit stehend, könnte man sagen. Und die scheint nun nach 35 Jahren im Dienste der Diakonie abgelaufen – mit 65 Jahren geht Christian Lempe Ende März 2017 in den Ruhestand. Das mit dem Ruhestand kann ich mir in seinem Falle nur schwer vorstellen, es wird wohl eher auf Unruhestand hinauslaufen.

Seine Nachfolge ist angedacht. Es wird unter anderen Eckhard Rogel sein, mit dem er all die Jahre bei der Diakonie sozusagen eine Doppelspitze gebildet hatte. Man könnte die beiden beinahe verwechseln, so ähneln sie einander, nur der eine ist eben noch kein Rentner. Man wird in der Arbeit eine Kontinuität erwarten können!

Nun bleibt nur noch Dank zu sagen für die zurückliegenden Aufgaben (darunter der Erhalt der beiden Lauben), ein paar Grüße und Wünsche für die kommende Zeit: gute Ideen für die Freizeit, beste Gesundheit und vielleicht doch mal einen Gang runterschalten (oder gibt es etwa eine Getriebeautomatik?).

Dietrich Lohse

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