Wo Kultur wächst

Zum Netzwerktreffen sächsischer Kultur.Forscher! – Schulen in Schloss Wackerbarth

Schüler interessieren sich ja gar nicht für Kultur. Bestenfalls konsumieren sie marktgängigen Mainstream. Ist ja auch kein Wunder, denn die herkömmlichen Konzepte der schulischen Kultur- und Kunstvermittlung erreichen doch nur einen kleinen Kreis von im bildungsbürgerlichen Milieu erzogenen Kindern und Jugendlichen. Denken Sie auch so? Seien Sie versichert: Sie sind bestimmt in guter Gesellschaft. Denn tatsächlich kann man mit Blick auf die Hör-, Seh- und Angewohnheiten vieler Teenager den Eindruck gewinnen, dass das kulturelle Erbe unserer Väter längst auf dem Altar des Zeitgeistes geopfert wurde. So gerne unsereins es sich auch im Klischee der kulturfernen Jugend einrichten möchte, so sehr wäre man dann aber selbst Teil der negativen Meinungsmache, die das Positive gar nicht wahrnimmt (weil dieses leider zu oft weitgehend im Verborgenen wächst und blüht). Denn natürlich gibt es Kinder und Jugendliche, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, Forschende in Sachen Kultur zu sein. Dass das nicht bloß so dahergesagt ist erkennt man daran, dass das Radebeuler Gymnasium Luisenstift inzwischen anerkannte „Kultur.Forscher“-Schule ist, ebenso übrigens wie die Christliche Schule Dresden-Zschachwitz und die HOGA Schloss Albrechtsberg-Schule in Dresden-Leuben. Diese drei Schulen, zunächst als drei von deutschlandweit insgesamt nur 24, sind seit 2008 erfolgreich damit befasst, unterstützt durch die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und finanziert durch die PwC-Stiftung neue Wege im entdeckenden und forschenden Lernen zu beschreiten. Das geschieht vor allem durch den Zusammenschluss mit Kooperationspartnern und dem formulierten Ziel, innovative Lernkonzepte mit ästhetischer Bildung zu verbinden und Jugendliche an künstlerisch-kulturelle Praktiken heranzuführen. Vertreter dieser drei Schulen trafen sich am 5. Juli in Schloss Wackerbarth zusammen mit Abgesandten von inzwischen weiteren Mittelschulen und Gymnasien im Rahmen des 2. Sächsischen Netzwerktreffens der „Kultur.Forscher“-Schulen. Der Ort war nicht zufällig gewählt, ist doch das Staatsweingut Schloss Wackerbarth Partner des Gymnasiums Luisenstift, deren 10. Klassen sich über mehrere Jahre schon auf ganz eigene Weise mit der Geschichte und der Gegenwart sächsischer Weinkultur vertraut gemacht haben. Radebeul und Wein, das gehört natürlich zusammen, das leuchtet sofort ein. Nur ist dafür im regulären Schulalltag wenig Platz, denn weder die Geschichte des Weinanbaus, noch der Wein in der Kunst oder die Kenntnis über die Rebsorten und deren Bedeutung für die regionale Küche sind Gegenstände von Lehrplänen!

Schloss Wackerbarth

Umso passender ist in diesem Zusammenhang, dass der Ausblick vom Hang auf das Schlossgelände wenige Tage nach dem Netzwerktreffen der „Kultur.Forscher“ als „Schönste Weinsicht Sachsens“ durch das Deutsche Weininstitut ausgezeichnet wurde und eine Metall-Rost-Stele des Mainzer Künstlers Ulrich Schreiber diese Prämierung versinnbildlicht. Das Besondere an der Arbeit der jungen Kultur.Forscher ist, dass im Zentrum nicht die unbedingte Orientierung auf ein Ergebnis steht, sondern die Auseinandersetzung mit dem Thema als offener Prozess aufgefasst wird, der sich einer Planbarkeit teilweise entzieht: „Wichtig ist dabei, nicht bereits im Vorfeld das Ergebnis einer Anstrengung zu kennen. Das ist manchmal schwer auszuhalten. Aber nur so kann mit dem Prozess des Forschens ein offener Raum entstehen, in dem es möglich wird, Neues in Erscheinung und in Erfahrung zu bringen, und Schülerinnen und Schüler lernen, sich selbst mit ihren Wahrnehmungen und Erfahrungen ernst zu nehmen und sie produktiv einzusetzen.“1 Wünschen wir den Radebeuler „Kultur.Forschern“, dass Sie auch im neuen Schuljahr im Umfeld der schönsten sächsischen Weinsicht noch viele Entdeckungen machen und damit einen Beitrag dazu leisten, dass Vorurteile gegenüber der angeblich so kulturlosen Jugend abgebaut werden.
Wer mehr über all das erfahren möchte: www.Kultur-Forscher.de.

Bertram Kazmirowski

  1. Christine Heil: Wenn Schülerinnen und Schüler in kulturellen Feldern forschen: Bedingungen und Nebenwirkungen forschenden Lernens. In: Kultur.Forscher! Deutsche Kinder- und Jugendstiftung. Berlin 2010. Seite 33.
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