Was uns Häusernamen sagen können (Teil 3)

(Fortsetzung des Beitrags im  Aprilheft)

»Villa Dorothee« (Obere Bergstr. 20): 1974, also hundert Jahre nach Errichtung der bis dahin namenlosen Mietvilla, verewigte der heutige Eigentümer hier den schönen Vornamen seiner Tochter. Die großen, in vereinfachter Antiqua ausgeführten Buchstaben heben sich hell über dem Putzband unter der Traufe ab.

»Villa Marie.« (Dr.-R.- Friedrichs-Str. 17): Die heute als Hotel-Pension genutzte Villa wurde 1895 für den Kaufmann Robert Richter erbaut. Der Name am Giebel war von Anfang an vorhanden und bezieht sich auf Marie Richter, die Ehefrau des Bauherrn. Es wurden große, schwarze Metallbuchstaben eines breiten Antiquatyps verwendet. Hier fiel mir zum ersten Mal die eigenartige Schreibweise mit Punkt am Ende auf.

»Villa Susanna.«/ »Villa Hanni« (K.-Liebknecht-Str. 3): Abgebröckelter Spritzputz der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts gab die Spuren von drei übereinander liegenden Häusernamen auf Glattputz frei – 2x Villa Susanna in unterschiedlichen Lettern und Villa Hanni. Welches die historische Reihenfolge der Schriften war, sollte ein Restaurator feststellen. Bei einer Sanierung der Mietvilla besteht der Anspruch, eine der Schriften in Abstimmung mit den Eigentümern wieder herzustellen.

»Gertrud’s Heim« (Goethestr. 19): Am Westgiebel des 1928 als Doppelhaus errichteten Wohnhauses stand bis 2007 in plastischer Stuckschrift der an die Ehefrau des Bauherrn Max Müller erinnernde Name. Bei der Sanierung 2008 konnte die bröcklige Schrift (Wetterseite) nicht erhalten werden, wurde aber vom Maler mit geringen Retuschen und angedeutetem Schatten wieder hergestellt.

»Villa Heimburg« (H.-Ilgen-Str. 21) und »Heimburg« (Borstr. 15): Beide Häuser haben einen Bezug zur Schriftstellerin Bertha Behrens, alias Wilhelmine Heimburg. Seit 1881 lebte sie mit ihrem Vater in dem um 1870 erbauten Haus Hermann-Ilgen-Str. 21, wo sie am Ostgiebel mit malermäßigen Mitteln Villa Heimburg anbringen ließ. Das zurzeit stark sanierungsbedürftige Haus Borstr. 15 bezog sie 1910 und starb 1912 da. Die plastische Putzschrift erfolgte in Anlehnung an Jugendstilschrift.

»Villa Susanne« (Dr.-Külz-Str. 34): Die 1899 für den Dresdner Lehrer Bruno Krause errichtete, große Mietvilla hatte Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts, als die Sanierung anlief, keinen erkennbaren Namen mehr. Vom einstmals vorhanden gewesenen, aber unbekannten Namen erkannte man vom Gerüst aus nichts als die Dübellöcher. Nach diesen konnte der Name Villa Susanne rekonstruiert werden. (Ein Blick in eines der Niederlößnitzer Adressbücher aus der Zeit vor dem I. Weltkrieg hätte auch geholfen, dort ist das Haus als »Villa Susanna« geführt.) Die neuen, blockhaften Metallbuchstaben verzichten bewusst auf die Anlehnung an einen Stil und geben sich so als eine neue Schrift (Type Impact) nach altem Inhalt zu erkennen. Das zeitgleich ebenfalls für Bruno Krause errichtete Nachbarhaus Dr.-Külz-Str. 32 trug früher übrigens den Namen »Villa Doris«. Vielleicht hat der Bauherr, der in der »Villa Susanna« eine Sommerwohnung unterhielt, ja die Namen seiner Töchter verewigt.

»Villa Falkenstein« (E.-Bilz-Str. 44): Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts war die Mietvilla in abgewohntem Zustand – die abgefallenen, plastischen Buchstaben (Antiqua) hatte ein Mieter aufgesammelt. Mit dem neuen Bauherrn wurden sie im Rahmen der Sanierung 1997 wieder an der originalen Stelle über den Mittelfenstern des 1. OG angebracht. Der Name bezieht sich auf die Familie des Erstbesitzers (nach Errichtung 1888 durch die Gebr. Ziller) Baron Louis Trützschler von Falkenstein.

»Villa Eugenie« (E.-Bilz-Str. 42): Das um 1890 ebenfalls durch die Gebr. Ziller errichtete Gebäude trug bisher keinen Namen. Der engagierte neue Eigentümer saniert seit 2008 die Mietvilla und hat sich im Archiv über die Eigentümerfolge informiert. Die Frau des Erstbesitzers, Major Hermann Villnow, hieß Eugenie. Ihr zu Ehren trägt das Haus jetzt den Namen Villa Eugenie.

»Villa Rossija.« (L.-Richter-Allee 8): Hier kommt wieder ein Hausname mit geografischem Bezug und Punkt. Architekt Adolf Neumann baute die Villa 1888 für Familie Zeitschel. Möglicherweise geht der Name »Russland« auf den späteren Eigentümer Julius Kinze (1908) zurück, der Kaufmann war und in der Eigenschaft wohl auch Russland bereiste. Bereits vorher hatte es auf der damaligen Alleestraße eine geografisch bezeichnete Villa gegeben, die Nr. 2 wird in alten Adressbüchern als »Villa India« geführt.

»Villa Heimkehr« (A.-Bebel-Str. 9): Das 1926 nach Entwurf des Architekten Max Czopka errichtete Wohnhaus trug von Anfang an diesen Namen, der sich auf die Heimkehr des Bauherrn Karl Heilberg aus dem I. Weltkrieg bezieht. Leider wirkt die Stuckschrift hier etwas zu gekünstelt und ist dementsprechend schwer zu entziffern. Vielleicht wäre auch etwas mehr farblicher Kontrast hilfreich gewesen.

»Gotenburg« (Augustusweg 101): Das 1954 errichtete Wohnhaus mit Turm und kleiner Sternwarte trägt am Turm eine umbrafarbene Sgraffitoschrift mit Jahreszahl und o. g. Namen, der sich auf den germanischen Volksstamm der Goten bezieht. Die Familie der Erbauer konnte leider nicht mehr bestätigen, dass es sich hierbei um ein Werk des Dresdner Künstlers Hermann Glöckner handelt. Einen Bezug auf die Goten finden wir ebenfalls beim »Haus Gotendorf«, Karlstr. 4.

»Villa Zucca« (Obere Bergstr. 11): Hier finden wir an der kleinen, im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erbauten Villa eine moderne Fassadenschrift. Früher trug sie keinen Namen, aber die aktuellen Eigentümer hatten Freude an dem italienischen Namen, der Kürbis bedeutet. Als sie hier her zogen, fanden sie im Garten wild wachsende Kürbisse. Die gleiche Schriftgestaltung ist bei »Villa Madelon«, (Paradiesstr. 36) zu finden.

Text und Fotos: Dietrich Lohse

[V&R 6/2010, S. 2-6]

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