Ob es 1989 einen einzigen wassersprudelnden Brunnen im öffentlicher Raum in der Stadt Radebeul gab, bin ich nicht sicher, denke aber, es gab keinen.
Die alten Springbrunnen wie an der Dr.-Schmincke-Allee, der Eduard-Bilz-Straße und der Einsteinstraße hatten seit Jahrzehnten kein Wasser gesehen, waren inzwischen bepflanzt worden. Der erste, mit viel Aufregung begrüßte oder abgelehnte Brunnen war dann in den 90-er Jahren die „Welle“ in Altkötzschenbroda, gefolgt von einem Brunnen vor der Schwimmhalle und 2007 schließlich kam der würfelförmige Brunnen auf der Hauptstraße hinzu. Seit August diesen Jahres nun sprudelt der „Müllerbrunnen“ in der Grünanlage zwischen Meißner und Paradiesstraße. Wir können eine insgesamt erfreuliche Entwicklung für unsere Stadt feststellen. Brunnen sind im Stadtbild ein belebendes Element, sind identitätsstiftend für einen Stadtteil und können zum Treffpunkt für Paare und Personengruppen werden. Wenn eine Stadt alte Brunnen hat wie Meißen oder Pirna, wird man sie pflegen. Wenn nicht, sollte man sich um neue Brunnen bemühen – über eine Idee den Standort finden, Anschlüsse prüfen und einen Entwurf auf die Beine stellen, wenn nötig eine Genehmigung einholen und schließlich nach den Kosten fragen und Geld auftreiben. Es ist aber nur eine Zwischenbilanz zu Brunnen im öffentlichen Raum – solche in Privatgärten sind hier nicht mitgezählt – es gibt weitere Projekte in Radebeul, die neugierig machen!
Wie kam es zur Idee eines „Müllerbrun-nens“? Herr Christian Barnewitz, ein gelernter Müller, hatte sie schon seit einiger Zeit. So verwundert es nicht, dass der rüstige Rentner in seinem Radebeuler Garten bereits ein Pilotprojekt dieses Brunnens erfolgreich realisierte. Über drei unterschiedlich große, übereinander gestapelte Original-Mahlsteine fließt bzw. tröpfelt das Wasser herunter. Der Brunnen nahe dem „Weißen Ross“ soll an die einst vom Lößnitzbach gespeisten sieben Mühlen erinnern, von denen sich heute keine mehr dreht. Keiner der Mahlsteine stammt aber von einer dieser Mühlen. Christian Barnewitz konnte von seiner Idee nicht nur die Freimaurerstiftung der „Schwerter-und Apfelloge“, der er selbst angehört, begeistern, sondern holte auch die Stadtverwaltung mit ins Boot und man einigte sich auf Kosten- und Arbeitsteilung. Fleißige Handwerker, zumeist aus dem Umland, errichteten den Brunnen, stellten Sitzbänke im Halbrund und gestalteten die Grünanlage des Umfeldes neu. Auf einer daneben aufgestellten Sandsteinstele wird die Entstehung dieses Brunnens erläutert.
„Wenn alle Brünnlein fließen, da muss man …“ – halt, so geht zwar das Volkslied, hier aber sollte man nicht trinken. Da die Radebeuler Brunnen mit geschlossenem Wasserkreislauf arbeiten, handelt es sich bei dem Wasser nicht um Trinkwasser.
Die Einweihung am Nachmittag des 22. August wurde bei strahlendem Sonnenschein recht feierlich gestaltet. Herr Barnewitz trat in zünftiger Müllerkluft auf und löste sich mit Herrn Wendsche, unserem Oberbürgermeister, beim Redenhalten ab. Schließlich hatte auch Herr Gerlach (der mit dem Bart) noch ein paar literarisch-philosophische Gedanken zum Thema beigesteuert. Die Lieder, darunter solche aus „Die schöne Müllerin“, hatten es schwer, gegen den nach 15 Uhr beginnenden Verkehrslärm anzukampfen. Am Schluss gab es leckere, von einem Bäcker gespendete Brezeln. Durst konnte, obwohl etwas dagegen vorgesehen war, leider niemand löschen, da Herr Aust den Liefertermin für Wein verpasst hatte.
Den Adelstitel – Christian von Barnewitz – den die DNN dem Initiator des Brunnens am nächsten Tag gab, hätte er sicher verdient gehabt. Aber so funktioniert das nun mal nicht. Auf jeden Fall sollten wir ihm danken!
Dietrich Lohse