Radebeuler Ehrenbürger (Teil 1): Curt Schnabel

Als Beitrag zum aktuellen Stadtjubiläum hat die Radebeuler Interessengemeinschaft Heimatgeschichte eine kleine »Vorschau«-Serie initiiert, in der alle Ehrenbürger der Städte Kötzschenbroda und Radebeul seit 1924 vorgestellt werden sollen. Der erste Kötzschenbrodaer Bürger, dem diese Ehre per Stadtverordneten-Beschluss vom 15. April 1926, ziemlich genau zwei Jahre nach Erteilung des Stadtrechts, verliehen wurde, war der örtliche Apotheker Medizinalrat Curt Schnabel.

Curt Schnabel

Curt Adolf Schnabel wurde am 21. August 1863 in Dresden geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums begann er 1878 als Lehrling in der Dresdner Albert-Apotheke. Nach sehr gutem Abschluss und 3-jähriger praktischer Tätigkeit ging er nach Leipzig zum Studium und schloss sich dort auch der Sängerschaft »Arion« an. Die Freundschaft zu den Alt-Arionern hielt er sein Leben lang in Ehren. Nach Ablegung der Staatsprüfung 1886 erhielt er die Approbation als Apotheker. Ab 1892 leitete er die »Alte Apotheke« in Reichenbach i.V. und lernte dort auch Käte Lisowsky kennen, die er 1894 heiratete. Wegen seiner offenen deutsch-nationalen Gesinnung kam er jedoch in Konflikte mit den sozialdemokratisch geführten Krankenkassen. Er verkaufte seine Apotheke und erwarb 1903 die »Löwen-Apotheke« (heute Stadt-Apotheke) in Kötzschenbroda, Bahnhofstraße 19. Gleich in den ersten Jahren ließ Schnabel die Apotheke, deren Besitzer er bis an sein Lebensende blieb, erweitern und umbauen, wodurch sie bis 1907 ihr heutiges Aussehen erhielt. 1925 verpachtete er die Offizin an seinen Schwiegersohn, Apotheker Hermann Behme, da er selbst zum Leiter der III. Abt. des Sächsischen Landesgesundheitsamtes berufen wurde und gleichzeitig das Amt als Apothekenprüfer für Ostsachsen übernahm. Schon 1923 war Schnabel in den Reichsgesundheitsrat berufen worden. 1924 traf ihn ein schwerer Schicksalsschlag, denn nach 30-jähriger Ehe starb seine treue Lebensgefährtin.

Aber nicht wegen seiner erfolgreichen Tätigkeit im Gesundheitswesen wurde Schnabel zum Ehrenbürger ernannt, sondern wegen seiner Verdienste um die Gemeinde Kötzschenbroda. Schon 1905, zwei Jahre nach seinem Wohnsitzwechsel hierher, wurde er zum Gemeindeverordneten und 1916 zum Gemeindeältesten gewählt, u.a. leitete er jahrelang den örtlichen Bauausschuss. Als Gemeindevorstand Emil Schüller am 2. April 1923 nach kurzer Krankheit starb, übernahm sein Stellvertreter Curt Schnabel in der wirtschaftlich schweren Zeit der heraufziehenden Hyperinflation neben seinen vielfältigen beruflichen Verpflichtungen zeitweise auch die Leitung der Gemeindegeschäfte. Hatte er 1921 noch zu den Gegnern eines Zusammenschlusses aller Lößnitzgemeinden zur Stadt ›Elblößnitz‹ gehört, setzte er sich nun sofort energisch und mit ausgeprägtem Verhandlungsgeschick für die Vereinigung der westlichen Lößnitzgemeinden Kötzschenbroda, Naundorf, Zitzschewig und Niederlößnitz ein. Dass die vom Vereinigungsausschuss unter Schnabels Leitung ausgehandelte Fusion bereits zum 1. Oktober 1923 erfolgen konnte, war eindeutig ihm zu verdanken und die Ehrenbürgerwürde der neuen Stadt Kötzschenbroda dann die verdiente Anerkennung.

Vereinigungsvertrag der westlichen Lößnitzgemeinden von 1923 (Ausschnitt)

Curt Schnabel war auch Ehrenmitglied des Deutschen Apotheker-Vereins, dessen Vorstand er seit 1911 angehört hatte und in dem er von 1920 bis 1924 das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden bekleidete, sowie der fünf sächsischen pharmazeutischen Kreisvereine. Besonders hervorzuheben sind seine Verdienste um das Taxwesen in den Apotheken. Sächsische Arzneitaxen, Kassen-Handverkaufstaxen und Reichsarzneitaxen der Zeit tragen seine Handschrift. Für ihre Ausarbeitung wird er manche Nachtstunde geopfert haben.

1933 trat Curt Schnabel von seinen Ämtern zurück. Er starb am 4. März 1938 im 75. Lebensjahr und wurde auf dem Kötzschenbrodaer Friedhof in Radebeul-West bestattet. Sein Grab existiert noch, und es stünde der Stadt Radebeul gut zu Gesicht, wenn sie den Grabstein ihres verdienten ersten Ehrenbürgers für die Nachwelt erhalten würde.

Klaus Hübner und Manfred Richter, IG Heimatgeschichte

Quellen: Apoth.-Zeitung Nr.26, 1928; Dtsch. Apoth.-Ztg. Nr. 21, 1938; A. Schruth, Chronik Kötzschenbroda; Stadtlexikon Radebeul.

[V&R 4/2010, S. 15f.]

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Ein Kommentar

  1. Fred Fischer
    Veröffentlicht am Do, 2. Mai. 2019 um 09:06 | Permanenter Link

    Da dieser Mann einen besonderen Platz in der Geschichte von Radebeul eingenommen hat, sollte man den aufgestellten Gedenkstein auch etwas mehr Aufmerksamkeit witmen. Dieser ist im Park kaum noch erkennbar und in keinem guten Zustand.
    Danke

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