Editorial Augustheft 2011

Rückblick: Der 2. Juni 1988 war ein trauriger, ja kaum zu überwindender Tag für mich gewesen. Am Abend gastierte das unübertroffene Idol meiner Jugendzeit in Dresden auf der Güntzwiese zwischen Blüher- und Lennéstraße. Gleichwohl etliche Platten vom Saphir nicht selten strapaziert wurden, so war im Osten an eine physische Präsenz des Meisters kaum zu denken. Und dann doch, ein Kunstkniff machte es wohl möglich, dass er hier erschien. Überzeugt und ergriffen von der Einmaligkeit dieses Ereignisses im sozialistischen Kulturbetrieb, lag ich indessen in diesen Stunden im Doppelstockbett einer »Stube« des sogenannten zentralen Pionierlagers »Grete Walter« in Sebnitz gefangen, als Joe Cocker bezeichnenderweise mit seiner »Unchain my heart – Tour« vor der Haustür war. Während die Mädchen der 9. Klasse an den Radebeuler Schulen in die Kunst der Wundversorgung eingeführt wurden, mussten sich die Jungs in der »Ferne« an soldatischen Übungen erproben. Gewiss, die Tage brachten mit ihrer pseudomilitärischen Hampelei etwas Abwechslung in den grauen Schulalltag. Auch die Tarnübungen in den abgelegenen Wäldern der Sächsischen Schweiz gaben uns womöglich das verwegene Gefühl – es ist wichtig, was wir hier tun-, und heute vielleicht dem der stationierten Truppen in Afghanistan vergleichsweise entspricht.

Vorschau: Am 12. August ist es nun wieder soweit. Joe Cocker, der seit nunmehr über vier Jahrzehnten im Bühnengeschäft mit allen Höhen und Tiefen als Stehaufmännchen agiert, kehrt zurück, und ist diesmal am Elbufer vor der wundervollen Kulisse der Dresdner Altstadt zu erleben. Und wenn bis dahin keine weltumstürzenden Ereignisse bevorstehen – man weiß es ja heute weniger als damals – so werde ich mir den Abend dort und mit ihm nicht entgehen lassen.

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