Editorial Juni 2014

Zwischen Bahnhofskultur und Kulturbahnhof
Vieles hat sich in den letzten Jahren an den Radebeuler Bahnhöfen getan. Der westliche Haltepunkt nennt sich in traditionsreicher Anknüpfung gar wieder »Radebeul-Kötzschenbroda«. Deutschlandweite Berühmtheit erlangte er nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges bei all jenen Reisenden, die nach Dresden fuhren und im Großraum Dresden hier ihre letzte Ausstiegsstelle fanden. Heute hingegen hält, abgesehen vom Regionalverkehr der S1, kein Zug mehr hier.  Nunmehr »bahnsteiglos« rauschen die Fernzüge durch die Lößnitzstadt. Noch bleibt die große Frage an die Radebeuler Bürgerschaft, welcher sinnstiftenden Nutzung man dem seiner ürsprünglichen Bestimmung enthobenen Gebäudes künftig zuführen kann.
Im östlichen Stadtteil ist mit der Sanierung des Bahnhofsgebäudes im Dreigestirn von Bibliothek, Volkshochschule und Kulturbahnhof eine sinnvolle und tragfähige Lösung gefunden worden. Hält hier zwar auch kein Fernzug mehr, so verströmt der Bahnhof  in Anbindung an die historische Traditionsbahn (Bimmelbahn) in Ansätzen noch den Nimbus der »guten alten Zeit«. Der streng gefasste Rasen der Kulturterrassen lädt derzeit nur bedingt  zum Verweilen ein. Neuerlich wird die Mitteltreppe von übermannshohen, kronleuchterähnlichen Blumenschalen flankiert. Mit diesen grünenden Inseln sollte nicht die Hoffnung verloren gehen, dass nach vielen Monaten nun auch der Fahrstuhl endlich in Betrieb kommt. Denn solange ist für reisungswillige Rollstuhlfahrer hier Endstation. Schließlich soll der kleine Haltepunkt »Radebeul-Weintraube« in der »Stadtmitte« nicht unerwähnt bleiben. Ein kreativer Heimatfreund hat am Zugangsschild zum Bahnhof vor längerer Zeit (inzwischen entfernt) die geklebte Buchstabenfolge »Weintraube« in »ein Traum« verwandelt. Dieses zweifellos ordnungsamtliche Vergehen hat sicher bei nicht wenigen Vorüberfahrenden für ein zustimmendes Schmunzeln gesorgt.

Sascha Graedtke

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Ein Kommentar

  1. Harald Wennerlund
    Veröffentlicht am Mo, 2. Jun. 2014 um 13:37 | Permanenter Link

    Kleine Korrektur.

    In Radebeul Ost hält der RE 50, der Leipziger Zug!
    Da es sich bekanntlich um die erste deutsche F e r n bahn handelt, hält doch eine Fernbahn in Radebeul, wenn auch kein ICE.

    Wenn wir früher, als die Strecke noch eingleisig war aus dem Urlaub kamen, war es immer spannend, ob der D- Zug in Radebeul Ost verkehrsbedingt halten musste.
    War das der Fall, siegen wir schnell aus und ersparten uns den Weg von Dresden zurück.

    Für alle jüngeren Leser, es gab eine Zeit, da konnte man in der Eisenbahn selbst die Türen öffnen. Übrigens auch die Fenster.

    Mit freundlichen Grüßen
    Harald Wennerlund

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