„Grusel wohnt an keinem Ort…!“

Szene mit Felix Lydike und Ensemble Foto: Hagen König

Szene mit Felix Lydike und Ensemble Foto: Hagen König

Premiere an den Landesbühnen Sachsen für ein wahrhaftiges Gruselmärchen

Sich vor etwas zu fürchten ist – wie wir wissen – eigentlich eine ganz alltägliche Geschichte. Der eine fürchtet sich vor Spinnen, ein anderer vor Ratten und ein dritter vor dem ums Haus tobenden Sturmwind. Doch es soll auch jene geben, die sich vor gar nichts fürchten. Zu ihnen zählt der Korbmachersohn Karl, ein Junge, der sich nichts sehnlicher wünscht als sich einmal „…so richtig zu gruseln!“ Was hat er diesbezüglich nicht alles schon ausprobiert? Doch es gruselte ihn einfach nicht. Kein noch so scheußliches Gespenst, keine Hexe, kein Riese und kein Ungeheuer schafften es, das ihm sprichwörtlich die Haare zu Berge stehen. Doch Karl gibt nicht auf, er setzt alles daran, das Gruseln zu erlernen. Und eines Tages bietet sich ihm tatsächlich die Chance dazu. An dieser Stelle nun beginnt dieses Grimmsche Märchen real zu werden. Jedenfalls so real, wie es Schauspieler auf der Radebeuler Theaterbühne aufzuzeigen vermögen. Und auch so wunderbar gespenstisch, wie dieses Märchen nun mal erzählt werden will. Landesbühnen-Intendant Manuel Schöbel hat dabei selbst ganz intensiv Hand angelegt, indem er mit seiner Version das „gruselige“ Grimmsche Märchen neu erzählte und es so auch den Verhältnissen der Radebeuler Bühne anpasste. So lässt Regisseur Steffen Pietsch den Haupthelden Karl (Felix Lydike) an vielen Orten nach dem wahren Gruseln suchen. Dabei bietet auch das Bühnenbild (Tilo Staudte) eine wahrhaft gruselige Szenerie. Eben nur nicht für den mutigen Hans, den überhaupt nichts aus der Ruhe zu bringen scheint. Keine düstere Burg, keine tanzenden Knochengerippe und auch keine Gehenkten (Kostüme: Katharina Lorenz). Dafür aber entwickelt Hans Sinn für das Zwischenmenschliche, indem er sich in die äußerst praktisch denkende und handelnde Gänsemagd Suse (Cordula Hanns) verliebt. Was wiederum dem König (Olaf Hörbe) ganz und gar nicht passt. Denn der möchte auch gar zu gern seine eigene Tochter unter die Haube bringen. Am Ende kommt es auch dazu, nur eben ohne sein direktes Zutun.
Für die Kinder im Publikum – die eigentliche Zielgruppe der Inszenierung – sind die eineinhalb Stunden Gruselunterricht ein wahres Highlight. Von Furcht und Gruseln allerdings kann keine Rede sein. Dafür aber von einem wahren Gaudi, das Groß und Klein gleichermaßen ergreift.
„Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ dürfte über die Wintermonate hinweg mit ziemlicher Sicherheit als echter Dauerbrenner für allerhand Publikum im Radebeuler Theater sorgen.

Wolfgang Zimmermann

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