Umnutzung alter Gebäude, hier von Kulturdenkmalen
Irgendwann und irgendwo hat man schon mal davon gehört oder gelesen: Kirche als Konzertsaal (Frankfurt / Oder), Kirche als Gaststätte (ich glaube das war im Hessischen?) sogar Kirche als Schwimmhalle (Leningrad hieß das damals noch). Das zeigt, Umnutzung, bzw. Nutzungsänderung kommt doch recht oft vor und ist ein weites Feld von „gut möglich“ bis „nein, das geht gar nicht“!
Architekten, Bauingenieure und Denkmalpfleger stehen im Dienst öfter vor so einer Frage, Bauherrinnen und Bauherren bringen sich mit Ideen ein, wenn eine planmäßige Nutzung eines Bauwerks, also der Zweck, wofür das Gebäude früher einmal errichtet wurde, nicht mehr da ist, es leer steht, aber doch erhalten werden soll, weil es ja ein Denkmal ist und nicht abgerissen werden darf. Dazu braucht man schon Fingerspitzengefühl und Erfahrung! Ein simples Beispiel, eine alte Schule ist zu klein und wird nicht mehr genutzt, hat aber eine noch brauchbare Substanz. Mit vor allem inneren Umbauten könnte hier z.B. eine Senioreneinrichtung, die gebraucht wird, hergestellt werden. So ein Beispiel gibts in Radebeul, die alte Schule Lindenau-Oberort in der Neuländerstraße 34 – so weit, so gut, wenn dabei nicht der Turm mit Uhr dem Denkmal geklaut worden wäre.
In den 90er Jahren wurde versammelten Denkmalschützern bei einem Lehrgang vom Referenten die Frage gestellt: könnte die untere Denkmalschutzbehörde den Antrag eines Eigentümers die Umnutzung seiner Villa (Denkmal) als ein Bordell ablehnen? Es folgte Raunen und Tuscheln im Saal und es herrschte Ratlosigkeit. Dann die Antwort: nein, wenn dabei die Villa erhalten und die denkmalpflegerischen Belange erfüllt würden. Da gibt es andere Zuständigkeiten; dem Denkmalschützer stehen normalerweise keine moralischen Gründe zu, eine derartige Ablehnung zu formulieren. Das ist schon etwas pikant, aber so in Radebeul, glaube ich, noch nicht vorgekommen.
Hier nun noch ein anderes Beispiel einer im Laufen befindlichen Umnutzung von einem recht kleinen Gebäude in unserer Stadt. Diese Entscheidung der Stadtplaner und Denkmalschützer hat auf den ersten Blick schon ein „Gschmäckle“, wie ich meine. Es ist die Schildenstraße 13 (diese Nr. wurde in jüngerer Zeit vergeben), ein kleines, anderthalbgeschossiges und unterkellertes, um 1899 mit zweifarbigen Klinkern erbautes Gebäude. Es gab auch farbige Bleiglasfenster noch bis 2009, leider sind sie verschwunden. Ursprünglich, also von 1900 wohl bis zum 1. Weltkrieg bestand ein Zusammenhang zu dem großen Wohn- und Geschäftshaus Schildenstraße 17, das der Böttchermeister und Weinhändler Hermann Knötzsch 1898 / 99 errichten ließ, um darin Weinverkauf und –ausschank zu betreiben. Das o.g. kleinere Haus, wofür der Begriff Winzerhaus wohl nicht die richtige Beschreibung wäre, das später auch als Gartenhaus eines Kleingärtners genutzt wurde und etwa ab 2000 leer stand, beherbergte ursprünglich einen kleinen Erlebnisbereich, wo Gäste des Weinhändlers im noch ungeteilten Grundstück gelegentlich in engem Rahmen feiern und Wein trinken konnten und dabei im Kleinen gezeigt bekamen, wie Wein hergestellt und gekeltert wird. Im EG müsste es eine kleine Weinpresse gegeben haben, der Saft wurde durch ein Loch in den Keller geleitet, wo ein paar kleine Weinfässer standen. Die Einrichtung habe ich nicht mehr gesehen, aber das Loch im Fußboden war 2009 noch da. Solch ein dem Wein im weitesten Sinne dienendes Haus ist meines Erachtens einmalig in Radebeul! Dass im Bereich des „Weinhauses“ auch einige Weinstöcke (es müssten zu dem Zeitpunkt aber schon reblausresistente gewesen sein) gestanden haben, erkennt man aus älteren Fotos. Am Hauptgebäude Schildenstraße 17 finden wir in Höhe des 1. OG ein Relief aus der Bauzeit, was sehr anschaulich und lustig die Weinherstellung durch Putten zeigt. Der Weinhändler Knötzsch hatte sich kurz nach der Reblaus große Mühe gegeben, seine Gäste auf verschiedene Weise wieder an das Thema Wein heranzuführen.
Im Sinne einer Spende zum Aufbau der Dresdner Frauenkirche wurde das Grundstück Schildenstr. 13 samt dem massiven Pavillon von einer Nachkommin des Erbauers des Wohn- und Geschäftshauses Schildenstr. 17, Frau Liese-Lotte Nitzsche, geb. Schadewitz (1910 – 2000) aus Kiel geschenkt.
Noch als Dienstaufgabe in der unteren Denkmalschutzbehörde in Radebeul hatte ich Vorgespräche mit Dr. Hans-Joachim Jäger, dem Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e.V. und damaligen Eigentümer geführt, mit dem Ziel, dieses Grundstück an die Stadt Radebeul zu verkaufen, um es später mit dem angrenzenden Karl-May-Park zu verbinden. Dieses „später“ ist nun eingetreten und es wird gebaut, auch an dem kleinen Haus. Dass es hier eine Nutzungsänderung geben wird, überraschte mich kaum, dass es künftig als Toilettenhäuschen fungieren soll, dagegen schon! Man darf auch fragen, was hätte die o.g. Spenderin, die inzwischen gestorben ist, zu dieser neuen Nutzung gesagt, zum Park sicher ja, aber auch zur Toilette? Für einen Ausschank von Kaffee und Erfrischungen hätte sich kein Betreiber gefunden, sagte man mir im Rathaus. Auch ein Kiosk zum Verkauf von Postkarten und Souvenirs im Zusammenhang mit dem Museum wäre eine anständige Lösung gewesen. Doch nein, jetzt wird es eine Bedürfnisanstalt im Inneren und außen ein ordentlich gepflegtes Denkmal, wie ich hoffe, entstehen (Anfang April erkannte ich im Vorbeifahren, dass zZ. das Dach mit Schiefer gedeckt wird!). Laut Stadtverwaltung gäbe es für derartige Anstalten immer einen Bedarf.
Nun könnte man ja mal eine Gegenrechnung aufmachen – wie viele Toiletten gibt es im derzeitigen Museum und wie viele werden im neuen Museumsbau an der Ecke Meißner / Schildenstraße (wurde kürzlich in der Tagespresse vorgestellt) dazu kommen? Vielleicht würde das ja in Zukunft reiche
n?
Wenn die Beteiligten noch ein bisschen länger überlegt hätten, wäre für das Häuschen vielleicht noch eine andere Nutzung gefunden worden – so sieht es nach „Schnellschuss“ aus, schade.
Jedenfalls sieht man auch an dem kleinen Beispiel aus der Schildenstraße, wie breit gefächert das Feld bei Umnutzungen sein kann und jedem Denkmalschützer steht innerhalb des gesetzlichen Rahmens (SächsDschG) wohl eine eigene Entscheidung zu, man spricht dann von Ermessensspielraum. Ich hätte in der Situation vielleicht anders entschieden, glaube ich. So weit das ernsthafte Nachdenken zu dem Thema.
Man könnte es ja aber auch mal ganz anders betrachten: wo Wein getrunken wird und es wird ja nicht bei einem Schoppen bleiben, man sitzt, trinkt und trinkt noch einen, da entsteht mit der Zeit auch ein Bedürfnis. Und wenn man in unserem Falle den Zeitfaktor „etwas großzügiger“ ansetzt, sagen wir knappe 120 Jahre, dann passt doch alles zusammen! Was will denn der Lohse da?
Dietrich Lohse
Quellen:
1. „Denkmaltopografie Stadt Radebeul“, Volker Helas, Sax-Verlag Beucha, 2007
2. Die Reihe Archivbilder „Radebeul“, Gottfried Thiele, Sutton Verlag Erfurt, 1997