Aufgetankt

Eindrücke von der Buchmesse in Altkötzschenbroda am 3. Juli 2022

Bertram Kazmirowski lauscht der Rezitation von Uta Hauthal
Bild: S. Graedtke


Die Mittagssonne hatte den Dorfanger in Altkötzschenbroda in ein fahlweißes Licht getaucht, die Menschen schmausten, meist beschattet auf dem Grünstreifen platziert, behaglich in geselliger Runde, kaum ein Geräusch störte den nahezu stillgestellten Moment, kurz: das Leben floss gemächlich dahin an diesem Julisonntag. Wohl auch deswegen erfüllte den Hof der Stadtgalerie nicht gerade ein überbordendes Vibrieren, obwohl es allemal Grund wenigstens zur freudigen Erregung gab, fand doch die zweite Auflage der Radebeuler Buchmesse statt. Ausgerichtet von Jens Kuhbandner, seines Zeichens Kunstpreisträger der Stadt Radebeul (2018) und Inhaber des Notschriftenverlages, sollte diese Messe in Fortsetzung der Premiere des Jahres 2021 einen literarischen Impuls setzen und Buchmenschen zusammen bringen. Wenn schon nicht Leipzig in Groß, dann wenigstens Altkö in Klein. Wir von „Vorschau und Rückblick“ waren uns schnell einig gewesen, dass wir mit einem Stand diese kleine, aber feine Messe bereichern wollten. Einerseits ist jede kulturbezogene Initiative unterstützenswert, andererseits ist auch uns jede Gelegenheit willkommen, unser Monatsheft durch Präsentation in der Öffentlichkeit noch bekannter zu machen. Offenbar hatte ich das Glück, einen besonders lebendigen Tagesabschnitt erleben zu dürfen, denn es ergaben sich mehrere gewinnbringende Gespräche. Kurz nach 13 Uhr rollte ein Rad in den Hof, das sich als „Poesie-Tankstelle“ zu erkennen gab. Wenig darauf schon hatte ich die Dresdner Autorin und Musikerin Uta Hauthal in ein Gespräch verwickelt, in welchem sie mir ihr verblüffend sinnreiches Konzept erläuterte und praktisch vorführte: So, wie Straßenmusiker musizieren, rezitiert Uta Hauthal auf öffentlichen Plätzen im In- und Ausland Gedichte verschiedener Autoren. Ich entschied mich dafür, mir kein bestimmtes Gedicht auszusuchen, sondern den Zufall walten zu lassen, und siehe da: Für mich wurde es Uwe Kolbes „Beim Zeitungslesen“, was insofern stimmig war, als dass ich ein passionierter Zeitungsleser bin. An einem benachbarten Stand bot die Dresdner Grafikdesignerin und Illustratorin Sylvia Graupner diverse Artikel zum Kauf an, nachdem sie zuvor aus ihrem ersten eigenen Kinderbuch gelesen hatte. Gleich daneben waren zwei Verlage vertreten, die mich durch ihr regional ausgerichtetes Sortiment begeisterten. Michael Schmidt mit seinem Sonnenblumenverlag und der bekannte Kulturjournalist und Verleger Holger Oertel mit seinem Dresdner Verlag boten eine Fülle interessanter Bücher, Broschüren, Landkarten und Postkarten an, was die Auswahl schwer machte. Noch weitere kleinere Verkaufsstände mit handgemachten Kunstgegenständen und Papierwerken sowie natürlich auch der Gastgeber selbst verlockten zum fachlichen Gespräch und freundlichen Austausch. Gut, dass es diese Initiative vor Ort gibt, die Bibliophile versammelt, die es Autoren in kleiner Runde gestattet, aus ihren Texten zu lesen, kurz: die es mir und anderen ermöglicht hat, Literatur zu tanken und auch jeweilige „Tankstellen“ zu betreiben, ob nun mobil wie Uta Hauthal oder stationär wie die anderen Aussteller inklusive der „Vorschau“. Ein Dank geht deshalb besonders an Initiator Jens Kuhbandner, aber auch an alle anderen, die zum Gelingen des Tages beitrugen, nicht zuletzt an jene unbekannte Gönnerin, die Sascha Graedtke und mir ein Stück selbst gemachter Obsttorte kredenzen ließ. Auch wenn im kommenden Jahr die Leipziger Buchmesse wieder stattfinden sollte, so wäre es doch wünschenswert, wenn es eine dritte Auflage der Radebeuler Buchmesse gäbe – die im Vorfeld unbedingt stärker beworben werden müsste als es dieses Jahr der Fall war!

Bertram Kazmirowski

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