Wer wüsste es nicht. Bauen kostet. Wenn man 120 Jahre baut kostet es ungeheuer viel. Wie zum Beispiel der Bau des
Petersdoms 1506 bis 1620. Und woher nimmt man das Geld? Gern auch aus Deutschland.
Der Sachse Johann Dietze, in Pirna gebürtig, Dominikaner und Ablassprediger im Auftrag des Papstes und des
katholischen Multifunktionärs Albrecht von Brandenburg war der geeignete Mann fürs Grobe. Unter dem Namen Johann
Tetzel bekannt, verkaufte er Ablassbriefe unter Verwendung der Losung: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus
dem Feuer springt!“ Das Geschäft war ein großer Erfolg, rief aber Menschen auf den Plan, die nach der Sünde Reue
erwarteten und nicht den Erwerb eines schuldbefreienden Knöllchens.
Luther protestierte mit 95 Thesen und wurde zu einem der führenden Reformatoren der katholischen Kirche, wurde zur
Leitfigur des deutschen Protestantismus. 1521 in Worms widerrief er seine Thesen nicht.
Papst und Kaiser waren nicht gewillt, Macht in einem Umfang einzubüßen, wie es die rasante Ausbreitung der
Reformation bedeutet hätte. Mit der Verbrennung von Jan Hus 1415 in Konstanz hatten sie bereits ein
unmissverständliches Zeichen gesetzt. Diesmal – gut einhundert Jahre später – mischten zu allem Überfluss neben den
Gläubigen und manchen Priestern bald auch Fürsten, später die Länder Schweden, die Niederlande, Spanien und
Frankreich mit, die sich an Kirchenbesitz und dem Habsburgerreich gütlich tun wollten, beziehungsweise ihre
dynastischen Konflikte auskämpften.
Die Gemengelage aus religiösem Fanatismus, Machtwillen und Gier nach Kirchenbesitz, Land und Geld mündeten – wen
wundert es – in einen langen, gnadenlosen, grausamen Krieg, den ständige Hungersnöte und immer wiederkehrende
Pestausbrüche ins unerträgliche steigerten. Es gab wohl so etwas wie Verlierer und Gewinner, einen strahlenden Sieger
gab es nicht. Der Krieg wurde beendet, weil nach dreißig Jahren alle Kriegsparteien erschöpft waren. Es kam zum
Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück. In dem dreißig Jahre währenden Krieg von 1618 bis 1648 kamen
drei bis neun Millionen Menschen um, bei einer geschätzen Gesamtbevölkerung von 15 bis 20 Millionen Menschen. Man
geht von prozentual höheren Opferzahlen aus als die des Zweiten Weltkriegs. Bereits 1639 hatten 31 sächsische Städte
Kriegskosten von fast 7 Millionen Talern ermittelt. Von zahlreichen weiteren Städten und 6400 Dörfern lagen zu diesem
Zeitpunkt keine Angaben vor. Man geht für den Dreissigjährigen Krieg von Kriegskosten allein für Sachsen von 60-80
Millionen Talern aus. Eine ungeheure Summe.
Seit dem Frieden von Prag 1635, durch den Sachsen das Bündnis mit Schweden zugunsten eines Bündnisses mit
Kaiser Ferdinand II. auflöste und wofür Johann Georg die beiden Lausitzen als erbliche Lehen versprochen worden
waren, war Sachsen der Rache der Schweden ausgesetzt. Die Kriegsfolgen führten zu Druck auf den Churfürsten, den
seine Familie ebenfalls bedrängte. Er entschloss sich nun 1645 einen Waffenstillstand vollziehen zu lassen.
Die für Sachsen so wesentlichen Verhandlungen ereignete sich in Ziegenfurt, besser bekannt als Kötzschenbroda.
Das genaue Datum wird sowohl nach dem Julianischen Kalender, als auch nach dem Gregorianischen angegeben, da in
den lutherischen Ländern die päpstliche Verordnung von 1582, den genaueren gregorianischen Kalender einzuführen,
bis 1699 hinausgezögert wurde. Also: am 27.08.1645 (jul.) oder 06.09.1645 (greg.) kam es nach 8 Verhandlungstagen –
davon zwei Tage in Cossebaude – zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandes zwischen dem Kurfürsten Johann Georg
I. von Sachsen und dem schwedischen Generalissimus Lennart Torstenson.
Das Resultat der Verhandlungen wurde in zehn Punkten formuliert. Die wichtigsten Ergebnisse waren:
- 1. Das Kurfürstentum Sachsen verzichtet für sechs Monate auf jegliche Teilnahme an den Kampfhandlungen.
- 2. Drei sächsische Regimenter verbleiben in der kaiserlichen Armee, dürfen aber nicht gegen das schwedische Heer
eingesetzt werden. Dies diente der Gesichtswahrung des Churfürsten, der sich als Reichsfürst dem Kaiser verpflichtet
fühlte. Wohl auch aus der Sorge die Lausitzen wieder zu verlieren. - 3. Die Städte Leipzig und Torgau bleiben schwedisch besetzt.
- 4.Das Kurfürstentum Sachsen zahlt monatlich 11000 Taler an das schwedische Heer, zuzüglich Naturalien.
- 5. Das schwedische Heer darf ungehindert durch das Kurfürstentum Sachsen marschieren, mit Ausnahme einer drei
Meilen umfassenden Neutralen Zone um Dresden.
Vor Ablauf der Waffenstillstandsdauer wurden die Bedingungen im Frieden von Eilenburg 1646 im Wesentlichen bis zu
dem endgültigen Friedensschluss 1648 verlängert. Die monatlichen Kontributionen wurden auf 8000 Taler reduziert.
Zwar hatte Sachsen noch bis 1650 unter der schwedischen Besatzung zu leiden, jedoch schied Chursachsen aus dem
Krieg aus. Für die Bevölkerung eine wesentliche Verbesserung ihrer Lebensbedingungen.
Der Waffenstillstand von Kötzschenbroda war den Sachsen ein so wichtiges Ereignis, dass noch nach zweihundert
Jahren seiner gedacht wurde. Zur zweiten (!) Säkularfeier 1845 gab Dr. Wilhelm Schäfer, Sekretär des Königlich
Sächsischen Alterthum=Vereins eine Broschüre als Privatdruck heraus, die Vorgeschichte, Begleitumstände, Verlauf und
Inhalte darlegt. In ihr findet sich folgender Satz: „Wenn wir….Betrachtungen über das in Geradheit Gesagte machen, so
wird es uns um so begreiflicher werden, dass Sachsen schon damals mit den Schweden unter jeder Bedingung hätte
Frieden machen sollen und dem Sprichworte eingedenk sein: Besser ungerechter Friede als gerechter Krieg“.
Wie gesagt – bauen kostet. Wieder aufbauen nach Kriegszerstörung kostet mindestens genau soviel. Und woher nimmt
man das Geld…..?
Dr. Frank-Peter Hübner