Die „Wiederentdeckung“ der Hoflößnitz

1924 war für die Lößnitz ein bedeutsames Jahr: Im Frühling stiegen die großen Landgemeinden Radebeul und Kötzschenbroda in den Kreis der sächsischen Städte auf, und das kleine Oberlößnitz nahm selbstbewusst den Titel Kurort an. Letzteres war ein Grund dafür, dass das »Heimathaus Hoflößnitz« am 8. Juni jenes Jahres als erstes Museum der Lößnitz feierlich eröffnet wurde. In einer kleinen Serie wollen wir im Vielfach-Jubiläumsjahr die Geschichte des Sächsischen Weinbaumuseums beleuchten.

Frontispiz aus J.P. Knohll, Viniculturbüchlein, 1667 Archiv Hoflößnitz

Die Geschichte des heute von der Stiftung Hoflößnitz getragenen Museums im Herrenhof des einstigen kurfürstlichen und königlichen Weingutes beginnt mit der Gründung des Hoflößnitz-Vereins am 20. März 1912. Die Vorgeschichte der in diesem Verein gebündelten Anliegen reicht aber noch einige Jahre weiter zurück. So soll schon der russische Generalmajor Gavriil Gavriilovich Sukhanov-Podkolzin (1850-1900), der das Schlossgrundstück Ende des 19. Jahrhunderts erwarb und einige drastische Umbauten beauftragte, – nach Bekunden seiner Erbin, Gräfin Anna von Zolotoff (Brief an Dr. Georg Haase vom 24.02.1912, Stadtarchiv Radebeul, OL 1767) – vorgehabt haben, im Lust- und Berghaus, das er „vom Abbruch gerettet“ hätte, ein Museum einzurichten, wozu es durch seinen frühen Tod aber nicht kam.
Während das Spitzhaus, das einstige Belvedere der Hoflößnitz und seit 1902 Gaststätte, schon lange als sehenswerte touristische Attraktion galt, war über das äußerlich eher unscheinbare Lusthaus bis dahin wenig bekannt. Die ersten gedruckten Wanderführer für die Lößnitz erwähnen sein Inneres nur kurz und am Rande. Genaueres über die künstlerischen Schätze, die das Gebäude barg, erfuhr die interessierte Öffentlichkeit erstmals durch eine Vortragsveranstaltung des Vereins für Geschichte Dresdens am 18. Februar 1903 im dicht gefüllten Entreesaal der Dresdner Stadtbibliothek im vormals Loß’schen Palais, Kreuzstraße 10. Referent war der Staatsarchivsekretär Dr. Hans Beschorner (1872–1956), sein Thema »die Hoflößnitz bei Dresden«.
Das Dresdner Journal (Nr. 41, S. 323) fasste das Dargebotene am nächsten Tag so zusammen: »Dem durch zahlreiche Prospekte und Risse und durch ein dem Stadtmuseum gehöriges Ölgemälde des Malers J. C. Jünger vom Jahre 1746 sowie durch zahlreiche photographische Aufnahmen einer Meißner Firma illustrierten Vortrage überaus reichen Inhalts entnehmen wir das folgende: Das am Preßhofe gelegene, neuerdings von dem späteren Privatbesitzer Grafen v. Zolotoff durch ein Türmchen und eine nach Süden gelegene Terrasse mit Treppenvorlage geschmückte ›Herrenhaus‹ zeigt noch den an der Hofseite angebauten Treppenturm und die ursprüngliche Raumeinteilung im Erd- und Obergeschoß, auch noch fast den sämtlichen originellen malerischen Schmuck der Decken und Wände der Herrschaftsetage. Erbaut wurde dieses Herrenhaus seit 1655 durch die Kurfürsten Johann Georg I. und II. Im ›Kleinen Vinikulturbüchlein‹ des Winzermeisters Joh. Paul Knoll vom Jahre 1667 ist auf der Titelansicht das Herrenhaus bereits abgebildet. Das auf der Bergeshöhe, über einer 1747 bis 1750 erbauten Treppe von 325 Stufen stehende Berggebäude (das Spitzhaus) dürfte der Wolfframsdorfschen Besitzzeit und dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts entstammen. Umgebaut wurde es 1749. Friedrich der Große besuchte dieses sogenannte ›hohe Haus‹ 1758 und 1760, übernachtete auch in ihm.
Die Hoflößnitz als kurfürstliches Weingebirgsgelände wird erst im 17. Jahrhundert erwähnt. Sie wurde mehrfach von Mitgliedern der kurfürstlichen Familie zur Zeit der Weinlese, u. a von August dem Starken 1715 und 1727 zweimal besucht. Sehr interessant war die Beschreibung mehrerer von der Landesherrschaft ausgeführter Winzerfeste und Aufzüge. Der letzte von ihnen fand am 25. Oktober 1840, veranstaltet von der sächsischen Weinbaugesellschaft statt und ist in einem langen Festzuge vom Maler Moritz Retzsch im Bilde festgehalten worden. Nach Einstellung des Weinbaues wurde die Hoflößnitz 1889 veräußert, parzelliert und ging an mehrere Privatbesitzer über. Das Spitzhaus wurde ebenfalls umgebaut und das Herrenhaus ›Schloß Hoflößnitz‹ steht gegenwärtig zum Verkauf. Der Vortrag fand lebhafte Anerkennung durch reichen Beifall.« (Fortsetzung folgt.)
Frank Andert, Museumsleiter

 

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