Michael Hofmann und seine künstlerischen Farbglasfenster

Der Künstler im Atelier, Foto: D. Lohse

Michael Hofmann kenne ich nun schon eine ganze Weile, etwa seit seinem Umzug 1999 nach Radebeul. Wir sind beide im Jahr 1944 geboren und inzwischen befreundet. Mein Interesse für seine Kunst galt bisher seinen drucktechnischen Arbeiten, den Farbholzschnitten, von denen zwei Blätter in meiner nun zurückliegenden Ausstellung in der Hoflößnitz zu sehen waren. Natürlich wusste ich, dass er als akademisch ausgebildeter Maler (1969-74 an der Dresdner Kunstakademie studiert und bis 1976 Meisterschüler bei Prof. Bondzin) noch weitere Techniken beherrscht, Grafik und verschiedene Arten Malerei und seine Themen in der Landschaft, bei Architektur und Menschen findet. Neu dagegen war für mich, dass er auch Farbglasfenster für Kirchen und andere öffentliche Bauten entworfen und ausgeführt hatte.
In einem zwanglosen Gespräch in seinem Atelier betont Michael, dass die Idee sich für Glaskunst zu interessieren beim Betrachten von Bildern des französischen Künstlers Fernand Léger geweckt wurde. Praktische Übungen zur Glaskunst machte Hofmann dann im Studium (betreut durch Prof. Stengel). Er unterstreicht, dass Farbglasfenster in den Jahren seines Schaffens eigentlich immer ein Thema waren, nur dass die Öffentlichkeit davon kaum etwas wahrnahm, anders als bei Bildern auf Papier und Leinwand, die wir aus vielen Ausstellungen kennen. Insofern ist das hier mit der Glaskunst etwas anders als z.B. bei Gerhard Richter oder Neo Rauch, die in Köln und Naumburg Kirchenglasfenster geschaffen haben, um in ihrem Schaffen noch einen anderen Akzent zu setzen. Halten wir also fest, für Michael Hofmann war die Kunst der geschnittenen und gemalten Bilder immer genauso wichtig, wie die Farbglasfenster. Diese ergaben sich aber in größeren, unregelmäßigen Zeitabständen, während künstlerische Bilder in seinem Atelier stets in Arbeit waren.
Bei einem Glas „Rotem“ aus Südfrankreich – der lockert die Zunge – schildert mir Michael nun am Beispiel der katholischen Kirche in Gera- Lusan, einer Neubaukirche von 1987 (!), wie seine Arbeit für ein Farbglasfenster vonstatten geht und was die Besonderheiten sind. In Gera haben wir den seltenen Fall, dass in DDR-Tagen für ein großes Plattenbaugebiet ein Kirchenneubau von der Obrigkeit vor dem Hintergrund eines Ost-West-Geschäftes bewilligt wurde. Architekt Lothar Gonschor durfte die Kirche planen und holte den Dresdner Künstler mit „ins Boot“. Für das große Farbglasfenster im Altarraum war die Vorgabe der Auftraggeber, die Geschichte von Pater Kolbe bildlich umzusetzen – „von der Dunkelheit ins Licht“.

Käuzchen – »Eine frühe Arbeit für einen Kindergarten«, Foto: D. Lohse

Pater Kolbe war in der Nazizeit ins Gefängnis gekommen und erfuhr da, dass ein Mitgefangener, ein junger Familienvater, in den nächsten Tagen hingerichtet werden sollte – er bot sich an, anstelle des Familienvaters zu sterben, was auch geschah. So soll dieser Familie ihr Vater über den Krieg hinaus erhalten geblieben sein. Pater Kolbe wird seither als Märtyrer verehrt. Hofmann skizziert das Leben Kolbes zunächst in einer vertikalen Bildfolge. Dafür verwendet der Künstler von unten beginnend die Farben Violett über Rot und Blau bis Weiß. Die figürliche Darstellung ist monumental und verzichtet selbstverständlich auf portraithaftes. Die Abmessungen des Fensters sind mit 1m Breite und 12m Höhe, die sich aus 12 x 1m Elementen ergibt, beachtlich. Der Entwurf auf Papier wurde vom Bistum und dem Kirchenvorstand bestätigt – Michael Hofmann konnte nun als Künstler und Handwerker in einer Person loslegen. Es war förderlich, dass Michael eine Werkstatt in Dresden Neustadt nutzen konnte und nicht so oft von Dresden nach Gera pendeln musste, sondern zum Schluss die einzelnen Elemente transportieren konnte. Nun aber erst mal ein paar Worte zu dem speziellen Glas, das Michael verwenden wollte. Das ist kein Flachglas, wie das bei historischen Kirchenfenstern, z.B. bei der Radebeuler Lutherkirche, üblich war, sondern es handelt sich um dicke, farbige Glasbrocken, die man als sogenannte „Dallen“ in verschiedensten Farben in bestimmten Glaswerken nach „Hafen“ (Fachbegriff für Menge) bestellen kann. Die Brocken mit einer Dicke von 2,5 – 3cm werden entsprechend des Entwurfs nach Farben vorgeordnet. Als nächstes mussten 12 Stahlrahmen, je 1 x 1m angefertigt werden. Jeder Rahmen wurde auf dem Arbeitstisch in der Werkstatt mit den vom Künstler bestimmten, vorbereiteten Gläsern dicht gefüllt. Das mag einem Puzzlespiel ähneln, weil es hier auf die Konzentration ankommt.
Die unregelmäßigen Fugen werden danach mit etwas flüssigem, feinem Beton ausgegossen und sind nach vier Tagen ausgehärtet, die Fläche wird dann gereinigt. Michael verrät mir, dass er im Nachhinein das Kirchenfenster in Gera für seine größte und vielleicht auch beste Arbeit auf dem Gebiet hält. Dazu kann man nur gratulieren! Als Ergebnis erhalten wir dann fertige Glasbilder mit dunkler, unscharfer oder etwas mystischer Wirkung, was aber nach meiner Empfindung zu einem Kirchenraum passen kann. Leider konnte ich mich bisher am Ort noch nicht von der Wirkung überzeugen, will das aber bei einem nächsten Gera-Besuch (wir haben da Verwandtschaft) unbedingt nachholen.

»Das Geraer Fenster ist fertig«, Foto: D. Lohse

Während die tiefstehende Sonne das Atelier zu vergolden scheint, trinken wir noch einen Schluck vom Roten. Zum Schluss gibt mir Michael Hofmann noch einen Überblick, wo und wann er noch derartige Farbglasfenster geschaffen hat. Das erste war eine im Freigelände eines Kindergartens in Frankfurt/ Oder stehende Glaswand mit Tiermotiven noch während seines Studiums. Es folgte ein kleines Farbglasfenster in einem Bootshaus in Dresden-Übigau (1971). 1983 bekam er den Auftrag, ein solches Fenster für den Eingangsbereich einer Berufsschule in Dresden zu schaffen – der Entwurf wurde von den Lehrern eher skeptisch betrachtet, die Ausführung gefiel dann allen aber recht gut. Es entstanden noch zwei farbige Betonglasfenster für katholische Einrichtungen nach Entwürfen von Michael Hofmann, eines für das Gemeindehaus in Kleinzschachwitz, 1987, und das andere für ein Seniorenheim in Gera – Lusan, 1989. Ein etwas kleineres Kirchenfenster entwickelte Michael 1991 auch für die evangelische Kirche „St. Lorenz“ in Halsbrücke bei Freiberg, darüber berichtete Günter Donath anläßlich des 80. Geburtstages von Michael Hofmann in Heft 10 / 24 von Vorschau & Rückblick. In diese Reihe gehört auch noch ein Farbglasfenster für eine Kirche in Schleitz. Und um zu zeigen, dass er auch Farbglasfenster nach altem Vorbild beherrscht, hat Michael 2009 ein Bleiglasfenster für ein privates Wohnhaus in Detmold gearbeitet. Wir haben die Sitzung im Atelier beendet und festgestellt, dass wir die Flasche Rotwein nicht ganz geschafft haben – wir müssen uns wohl noch mal treffen.
Man erkennt nun, wie umfangreich das Betätigungsfeld Glaskunst in Michael Hofmanns Schaffen war, man hatte aber meist nur seine Bilder auf Papier oder Leinwand in Ausstellungen gesehen. Jetzt, und nicht zuletzt durch den geselligen Nachmittag im Atelier Hofmann, erfahren wir, von welchem wichtigen Teil seiner Kunst Viele bisher wohl zu wenig gewusst haben.
Ich erkenne hier eine gewisse Parallele zu einem anderen, nicht mehr lebenden Künstler – Hermann Glöckner – der auch Großes neben seinen Bildern geschaffen hat, indem er als „Brotarbeit“ in Sgraffitos Kunst mit Handwerk verband. Der Artikel über die Farbglasfenster von Michael Hofmann soll zeigen, zu welchen Erfolgen hier das Zusammengehen von Kunst und Handwerk führen kann.

Dietrich Lohse

 

 

 

 

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