Exkursionen zu verschiedenen Wappen in unserer Stadt (Teil 4)

Hier finden Sie den ersten, zweiten und den dritten Teil unserer Serie.

10. Hohe Straße 8

Hohe Straße 8, um 1930

Das Anfang der dreißiger Jahre errichtete Wohnhaus Hohe Straße 8 trägt über dem Eingang ein Wappen, das sich auf den damaligen Erbauer und Eigentümer, Herrn C. Porzig, bezieht – die heutigen Eigentümer haben keinen Bezug zum damaligen Eigentümer bzw. dessen Wappen. Das mit Helmzier versehene, deutlich nach links verkippte Wappen, einen geöffneten Torbogen mit Rose darin zeigend, ist hier offenbar kein Adelswappen, eher ist wohl von einem Freimaurerwappen auszugehen. Genauere Angaben waren aber derzeit nicht zu erhalten. Das Material vom Schlussstein mit Wappen könnte Kunststein sein, es zeigt im Wappen selbst erkennbare Verwitterungsspuren (Rose) sowie einen horizontalen Riss.

11. Nizzastraße 24

Nizzastraße 24, 1934

Das Mehrfamilienhaus Nizzastraße 24 wurde 1934 an der Straßenecke Nizzastraße/ Rosenstraße erbaut. Seit der Errichtung des damals und bis 1945 Frau Pauline von Gundlach gehörenden Hauses ziert ein Sandsteinwappen über der Haustür das ansonsten schmucklose Gebäude. Das Wappenschild, das vor einem Tuch mit Faltenwurf steht, zeigt einen bärtigen Mann mit Mantel und Zipfelmütze, der in beiden ausgestreckten Händen Blätterbündel (vermutlich Tabak) trägt. Auf dem Wappen steht ein Harnisch, darüber die Wiederholung der Wappenfigur und flankierend die Jahreszahl 1934. Das Wappen hatte nie Farbe, ist für das Alter normal patiniert und in gutem Zustand. Es ist naheliegend, dass es sich um das Wappen der Familie von Gundlach handelt, über die ansonsten nichts bekannt ist. Der heutige Eigentümer Herr Mauer ist nicht mit dieser Familie verwandt.

12. Meißner Straße 211

Meißner Straße 211, seit 1940 in Radebeul

Die Meißner Straße 211 ist ein Haus, das sich nicht von der Masse der Radebeuler Wohnhäuser abhebt, also keinesfalls ein Schloss. Ein Adelswappen auf der Straßenseite dieses Hauses in Höhe des Obergeschosses kann einen schon ins Grübeln bringen. Unter dem Eigentümer Albert Peter hatte das 1888 erbaute Gebäude noch kein Wappen. Als es 1940 Herr Georg Proquitté kaufte, wollte er das alte Hugenottenwappen seiner ursprünglich aus Frankreich stammenden Familie hier anbringen. Diese waren früher wohl Freiherren gewesen, hatten aber den Titel auf Geheiß des Preußenkönigs abgelegt, d.h., Herr Proquitté war genau genommen nicht adlig. Das große Sandsteinwappen mit Löwe und Krone mit Federbusch, das heute sandsteinfarben gestrichen ist und teilweise mit zwei Grautönen hinterlegt wurde, stammt aus Schönau an der Katzbach (vormals Schlesien, heute Polen), wo Georg Proquitté vor 1940 ein Weinlokal betrieben hatte. Bei seiner Umsiedlung nach Radebeul hat er das Wappen als Erinnerung an seine alte Familientradition mitgebracht und hier eingesetzt. Unbeantwortet musste die Frage bleiben, ob da, wo sich jetzt das Wappen befindet, früher ein Balkon gewesen war, wie eine ältere Bauzeichnung erkennen lässt. Die Nachfahren von Herrn Proquitté, u.a. seine Enkelin Frau Nitzschke, wohnen heute noch in der Meißner Straße 211.

13. Barkengasse 17

Barkengasse 17, nach 2000

Interessant ist es, dass auf dem ehemaligen Weingut „Zechstein“, heute Barkengasse 17, von 1795 bis nach 1812 schon einmal eine Grafenfamilie – Reichsgraf Friedrich Magnus zu Solms – residierte. Ein zugehöriges Wappen, sofern ein solches überhaupt existierte, suchen wir aber vergeblich. Die Gebäude wurden 1852 unter anderem Besitzer wesentlich verändert. Schließlich erwarb um 2000 nach langem Leerstand und beginnendem Verfall wieder ein Adliger, Prinz von Hessen, das Anwesen. Außer vielen Werterhaltungsarbeiten durfte er auf der Südseite des Hauptgebäudes einen neuen Balkon anbauen. In das eiserne Balkongeländer wurde auf Wunsch des Prinzen durch den Radebeuler Kunstschmied Philipp Aust mittig sein stilisiertes Adelswappen, ein nach rechts schreitender Löwe mit Fürstenhut, integriert. Zum kompletten Wappen, das man mit dem hessischen Landeswappen vergleichen kann, gehört eigentlich noch ein quer gestreifter Fond von oben nach unten Weiß und Rot im Wechsel. Der Löwe ist vom Zechsteinweg aus gut zu erkennen – eine gelungene Gestaltung, die sich allein schon durch die Materialwahl von allen anderen in Radebeul gefundenen Wappen unterscheidet.

14. Eduard-Bilz-Straße 54

Eduard-Bilz-Straße 54, 2004

Als Architekt Dr. Tischer für den Fabrikdirektor Alfred Schädler 1933 eine moderne Villa entworfen und die Radebeuler Baufirma Neumann unter Baumeister Sommer diese gebaut hatte, war wie in den folgenden Jahrzehnten noch kein Wappen an der Eduard-Bilz-Straße 54 vorhanden. Erst mit dem Erwerb der Immobilie durch den aus Bayern hergezogenen Dr. Bernhard Freiherr von Löffelholz Ende der 90er Jahre kam die Idee auf, hier das Familienwappen anzubringen. Aber es dauerte noch bis 2004, ehe durch die Kunstformerei Zehrfeld in Hellerau eine quadratische Tafel (Abguss) hergestellt und auf der Südseite des Hauses auf dem Putz befestigt war. Das Wappenschild aus vier gleich großen Feldern zeigt doppelt, jedoch versetzt die Symbole des Familienzweigs derer von Löffelholz – ein Lamm (christliches Symbol) – und des Familienzweigs derer von Colberg – drei, eine Diagonale bildende Judenhüte. Wer genauer hinschauen kann, wird in der unteren Mitte noch ein fünftes, kleines Feld mit drei Halbmonden entdecken. Diese sind als Erinnerung an den Sieg über die Türken 1708 vor Wien gemeint, an dem ein Offizier aus der Familie maßgeblich beteiligt war. Einen tieferen Sinn mag man so im friedlichen Nebeneinander dreier Weltreligionen in diesem Familienwappen sehen, was uns an Lessings „Nathan der Weise“ erinnert. Durch einen Kranz aus geschwungenen Formen wird das Wappen gerahmt. Das einheitlich sandsteinfarben gestrichene Familienwappen wirkt gegenüber der Größe der Villa eher bescheiden – leider so bescheiden, dass die oben geschilderten Einzelheiten des Wappens aus dem Straßenraum nicht zu erkennen sind. Zusammen mit dem Wappen auf der Barkengasse ist es eines der jüngsten, die ich in Radebeul fand.

(Schluss)

schlechtbescheidenmittelmäßiggutexzellent (2 Wertung(en), Durchschnitt: 4,00 von 5)
Loading...
6.002 Aufrufe

2 Kommentare

  1. Oliver Hund
    Veröffentlicht am Do, 10. Mai. 2012 um 00:11 | Permanenter Link

    Die Familie v. Gundlach stammt aus Mecklenburg und besaß bis 1945 das Schloß Rumpshagen (Glasschloß) im Landkreis Müritz (heute Privat).Dort ist das Wappen auch farbig dargestellt.

    Mit freundlichen Grüßen!
    Oliver Hund

  2. Oliver Hund
    Veröffentlicht am Do, 10. Mai. 2012 um 00:17 | Permanenter Link

    Die Familie v. Gundlach stammt aus Mecklenburg.
    Dort besaß Sie das Schloß Rumpshagen (Glasschloß) im Landkreis Müritz (heute wieder saniert). Dort findet man das Wappen farbig dargestellt.

    Mit freundlichen Grüßen!
    Oliver Hund

Kommentieren

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mittels * markiert.

*
*

Copyright © 2007-2024 Vorschau und Rückblick. Alle Rechte vorbehalten.