66 Lieblingsplätze – auch in Radebeul

Neuer Reiseführer erschienen

Er ist 51 Jahre alt, in Dresden geboren und bekannt geworden durch seinen gescheiterten Fluchtversuch mit einem selbstgebastelten Heißluftballon. Manche kennen ihn aber auch durch seine Lichtbildervorträge und Reisereportagen. Klar, die Rede ist von Jan Hübler, dem Weltenbummler.

Im Jahr 2001 kam er in seine Heimat zurück und lebt jetzt wieder in Dresden-Plauen. Im Sommer nun ist ein Reisehandbuch erschienen, für das er als Dresden-Kenner – auch aus der DDR-Zeit – getextet und mit eigenen, aktuellen Fotos bestückt hat. Um es gleich vorweg zu sagen: Es gibt ja unzählig viele Reiseführer und Bildbände von Dresden und Radebeul, aber kaum einen, der so phantastisch fotografiert und kompakt ist.

Dabei war es gar nicht mal seine Idee, ein Buch ausgerechnet in diesem Verlag heraus zu bringen. Der Gmeiner-Verlag hat seinen Sitz in der 8000-Einwohner zählenden Kleinstadt Meßkirch im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg und ist eigentlich ein Verlag, der sich auf die Publikation von Spannungsromanen spezialisiert hat. Doch „dann entstand die Reihe Lieblingsplätze“, sagt die Lektorin Claudia Reinert. „Wir haben im Frühjahr 2011 alle Reisejournalisten angeschrieben, die uns bekannt waren, und da war auch Jan Hübler aus Dresden dabei“. Er hat kurzfristig sein Exposé eingereicht, den Verlag persönlich besucht, und binnen eines Jahres entstand dann der vorliegende Band: „66 Lieblingsplätze und 11 Erlebnistouren. DRESDEN“. Im Untertitel dazu setzen müsste man eigentlich „und Radebeul“, denn 8 seiner Lieblingsplätze liegen in unserem Stadtgebiet, dem er immerhin 18 Seiten mit Fotos widmet.

Jan Hüblers persönlicher Lieblingsplatz ist, so schreibt er, in Dresden am „Pusteblume-Springbrunnen“. Das hängt sicherlich mit seinen intensiven Kindheitserinnerungen zusammen. „Bei Wind stäubt das Wasser bis über den Beckenrand hinaus. …von hier lässt sich das pralle urbane Leben gut beobachten.“ Auch beim Rundkino bringt er seine persönlichen Erlebnisse und Erinnerungen mit ein: Bei der Eröffnung 1972 „war ich gerade 11 Jahr alt und entdeckte die flimmernde Welt des Kinos. Es hat mir von Anfang an gefallen: der Saal mit über tausend roten Plüschsesseln, der geheimnisvolle Vorhang und die gigantische Leinwand…“ Das UFA-Kino (Kristallpalast) gefällt ihm hingegen überhaupt nicht, auch das ist nachvollziehbar.

An Radebeul findet er – wie Außenstehende – „kurios“, dass es keinen zentralen Marktplatz und damit keine Stadtmitte hat, aber immerhin 10 ehemalige Dorfplätze. Die Einwohnerzahl gibt er mit 35.000 an, während die Stadt selbst bisher nur 33.700 Bürger gezählt hat, aber der Reiseführer soll ja auch für die Zukunft gelten. Jan Hübler erwähnt den Weinanbau, die Villen, die Immobiliensituation nach der Wende und hält sich auch bei seinen städtebaulichen Eindrücken nicht mit Kritik zurück: „Zwei Verkehrsadern (…) und die arg blechlawinendurchrüttelte Ausfallstraße von Dresden gen Meißen durchsägen die schöne parkähnliche Landschaft, die durch Autohäuser und Gewerbeparks ohnehin (…) gelitten hat.“

Zu den angenehmen Seiten Radebeuls, zu eben seinen Lieblingsplätzen, zählen unter anderem die Villa Sorgenfrei, die er als „ein barockes Juwel zum Träumen“ empfindet. Die Hoflößnitz bekommt den Titel „Kulturzentrum für Weinbaugeschichte in Sachsen“ und wird als “lauschiger Ort“ beschrieben, und der Spitzhaustreppe widmet er auch zwei volle Seiten mit Foto. Das Spitzhaus selbst bekommt damit kein eigenes Foto. Auch nicht die Friedensburg, aber seit diese nicht mehr öffentlich zugänglich ist, wäre es auch irreführend, dorthin zu führen.

Was mir nicht so gefällt sind Bildunterschriften, die nicht unbedingt das Bild erklären. So wird beispielsweise unter dem Foto des Herrenhauses der Hoflößnitz auf die Tourist-Info Radebeul hingewiesen, und unter dem Karl-May-Grab steht die Adresse der Villa Shatterhand. Aber das sind nur Kleinigkeiten, verglichen mit dem guten Gesamteindruck.

Der Weltenbummler Jan Hübler hat es geschafft, bekannte Sehenswürdigkeiten aus ungewöhnlichen Perspektiven und in besonderen Lichtstimmungen einzufangen und somit zu eindrucksvollen Fotos zu machen. Die abwechslungsreiche Textgestaltung (wie bei DuMont und Merian-Reiseführern bewährt) mit herausgehobenen Zitaten und wertvollen Hinweisen wirken abwechslungsreich. Die abgerundeten Ecken des handlichen Buches wirken appetitlich und verhindern Eselsohren, denn es ist in dem Format 12 x 20 cm für jede Handtasche geeignet. Es ist auch als Geschenk geeignet – für Weihnachten und für Sachsen-Besucher und dies nur für 14,90 €.

Karin Funke

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