Erinnern an Burkhart Ebe

Burkhart Ebe, ein Zugereister, der hier seine Wahlheimat gefunden hatte, war in der zweiten Hälfte seines Lebens als Bildhauer schöpferisch in Radebeul tätig. Heute werden sich nur wenige noch an ihn erinnern können. Da ich aber im Stadtgebiet bei Spaziergängen immer wieder auf seine Werke gestoßen bin, will ich ihm nun einen Aufsatz widmen.
Am 4.11.1881 wurde Burkhart Ebe in Berlin geboren. Sein Vater war der seinerzeit berühmte Architekt Gustav Ebe, was eine frühe Begegnung Burkhards Ebes mit den Bildenden Künsten vermuten läßt. Nach Abschluß der Schule studierte Ebe bei Ludwig Manzel in Berlin Bildhauerei. Überliefert ist, daß er als 30jähriger für ein Brunnenrelief den Dr.-Paul-Schultze-Preis erhielt, an dem ein Stipendium von 3000 Mark zu einer einjährigen Studienreise nach Italien hing. Auf dieser Reise lernte er den Berliner Weingroßhändler Fritz Kleinecke kennen, der, selbst kunstinteressiert, für Ebe die Rolle eines Mentors und Mäzens übernahm. Daraus entstand eine sehr enge familiäre Freundschaft. Noch vor dem 1. Weltkrieg übersiedelten beide nach Radebeul, wo der Weinhändler die Villa Mohrenstraße 14 erwarb. Die Remise wurde die Bildhauerwerkstatt für Ebe, heute als selbständiges Wohnhaus Mohrenstraße 16 abgetrennt. Aus Dankbarkeit für seinen Gönner muß sich Burkhard Ebe später entschlossen haben, den Doppelnamen Ebe-Kleinecke zu führen.
Im Grundstück steht ein von Ebe aus Sandstein gearbeiteter Gedenkstein, der die Stelle markiert, wo Kleineckes in ihrem Grundstück begraben wurden. Leider ist das Umfeld – ein Garagenvorplatz – nicht mehr stimmig; der Stein hatte früher einen gepflegten Park um sich.
1922 erhielt Burkhart Ebe einen ersten Preis für die Gestaltung eines Kriegsehrenmals in Neuhausen/Sachsen. Es ist aber unklar, ob es errichtet wurde bzw. ob es heute noch steht. Interessant ist eine Arbeit Ebes aus dem Jahre 1926. Für die „Jahresschau deutscher Arbeit“ in Dresden hatte er eine als Flora bezeichnete, überlebensgroße Frauengestalt entworfen, deren Ausführung Bildhauer Walther übernahm. Diese Sandsteinfigur in barocken Formen kam nach der Ausstellung nach Radebeul und befindet sich heute in der Parkanlage des Allendeplatzes. Ausdruck der Liebe zu seiner Wahlheimat, der Lößnitz, ist das große Relief „Weinernte“ neben Haus Hoflößnitz, das leider Beschädigungen aufweist. Hier arbeitete er mit dem Material Kunststein. Aus den 30er Jahren sind ihm sicher zuzuschreiben: Der o.g. Kleinecke-Gedenkstein (wohl 1931), die Halbreliefs in Kunststein, u. a. einen Nachtwächter darstellend, und eine hölzerne Supraporte am ehemaligen Kötzschenbrodaer Ratskeller, der heutigen Bibliothek Radebeul-West (1934), eine etwa lebensgroße Frauengestalt in Bronze für das Familiengrab Koebig/Thoenes auf dem Friedhof Radebeul-Ost (wohl 1938) und zwei Reliefs am Wohnhaus Brockwitzer Straße 2 und 4 (1938). Lebensfreude, Humor und barocke Gestaltungskraft sprechen aus der großen Gruppe von Puttenfiguren, in Sand- oder Kunststein geschaffen. Hierzu zahlen die Figurengruppen vor Gartenstraße 22 (Madaus) und im Grundstück Hoflößnitzstraße 68. Während hier Ebes Urheberschaft sehr wahrscheinlich ist, dürfte es noch eine Reihe solcher Putten geben, die noch zu untersuchen sind. Auch auf dem Gebiet der Grabmalskunst wird es noch weitere Werke Ebes zu entdecken geben. Wir müssen aber, wenn wir sein Lebenswerk betrachten, noch auf eine spezielle Gruppe eingehen, die Porträtbüsten. Von Herrn Hermann Naumann (geb. 14.2.1939), der von 1946-47 Schüler von Ebe war, erhielt ich einige Fotos – ua. Porträtbüsten von F. E. Bilz (nicht identisch mit der Bilzbüste am Eingang des Bilzbades), von Paul Sinkwitz (Maler in Radebeul) und von Alfred Kerr (seinerzeit ein gefürchteter Kunstkritiker). In Naumanns Atelier sah ich eine von Ebe in Bronze gegossene Büste seines väterlichen Freundes Kleinecke. Auf diesem Sektor erreichte Burkhart Ebe eine besonders hohe Meisterschaft; hier liegt ein Vergleich mit dem aus Böhmen stammenden, aber in Dresden tätigen Georg Wrba nahe. Über mögliche Vorbilder oder Gedankenaustausch mit Künstlerkollegen fand ich keine Angaben. Technisch beherrschte Ebe alle üblichen Materialien, und er konnte eine Plastik sowohl durch Materialaddition (Ton mit Spachtel) als auch durch Materialsubtraktion (z, B. Marmor mit Hammer und Meißel) schaffen. Zu erwähnen ist auch, daß Ebe einige Kleinplastiken aus Sandstein, Bronze, Keramik oder Porzellan schuf. Daß er stilistisch nicht festgelegt war, sondern durchaus auch experimentiert hat, beweisen die barock verspielten Putten zum einen und ein überlebensgroßer weiblicher Torso in Sandstein (1928, Verbleib unbekannt) mit strengen, expressionistischen Zügen zum anderen. Da die in Radebeul vorhandenen Arbeiten und die Anzahl mir vorliegender Fotos sicher nur die „Spitze vom Eisberg“ darstellen, muß man insgesamt von einer reichen, schöpferischen Tatigkeit in Radebeul ausgehen, Er hätte es verdient, daß man sich bei der großen Straßenumbenennungswelle in Radebeul seines Namens erinnert hätte! Burkhart Ebe lebte mit seiner Frau, einer Tochter und zwei Söhnen in der Villa Mohrenstraße 14. Beide Söhne sind aus dem 2. Weltkrieg nicht heimgekehrt; er selbst starb am 16.2.1949 an Hungerödem und ist auf dem Friedhof in Kötzschenbroda beigesetzt. Eine Grabplastik, zwei Engel einen Kranz tragend, fand sich für sein Grab im Atelier.
Dietrich Lohse
Ich danke Herrn Naumann für sein großes Entgegenkommen.

 

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