Es ist ein alter Menschheitstraum: in die Lüfte gehen (nicht: in die Luft gehen). Leicht werden, dem Himmel nahe sein, fliegen können. Jeden Morgen bei Sonnenaufgang, wenn geringer Wind dies zulässt und der Himmel klar ist, schweben sie wieder über das Elbtal: die majestätischen Ballons, große Heißluftballons, oft mehrere hintereinander, ein farbenfrohes Bild. Und jedes Mal, wenn ich sie sehe, entfährt mir ein Seufzer – »ach, man müsste mal wieder da mitfahren…«
Das ist abends nicht anders. Wenn ich beispielsweise am Wochenende an der Elbe entlang heimwärts radle, steigen sie auf in die Abendsonne: ein Bild des Friedens und der Schönheit. Gedanklich bin ich dann im Korb und somit über den Dingen, nicht nur über der Landschaft, sondern erhaben über Probleme, einfach: frei.
Vor einigen Jahren bekam ich zwei Tickets für eine Ballonfahrt geschenkt. Weil derjenige, der diese Karten auf einer Tombola gewonnen hatte, sich nicht traute. Klar, muss man beim ersten Mal etwas Mut aufbringen. Ja, man steht die ganze Zeit in einem Weidenkorb und hat für 90 Minuten keine Toilette und keinen Sitzplatz. Sicher, man weiß nicht, wo man landen wird. Aber was ist das Leben ohne Abenteuer?
Als die Brüder Montgolfiere vor über 220 Jahren ihren papierbespannten Ballon starteten, war das noch ein lebensgefährliches Abenteuer. Auch die Nachfolger dieser französischen Ballonpioniere stürzten nicht selten ab oder verbrannten, denn anfangs feuerte man noch mit Stroh. Doch heute sind die Risiken gering, sie sind gasbetrieben. Es gibt Piloten die schon 20 Jahre Erfahrung haben und auch die unsportlichen Mitfahrer keinen unnötigen Gefahren aussetzen (wollen). Immerhin geben sie zu, dass sie beim Start noch nicht wissen, wo man landen wird – das Gefährt ist ja von Wind und Wetter abhängig und muss sich treiben lassen. Nur bei Windgeschwindigkeiten von 10-20 km/h, also geringer Windstärke, ist der Ballon händelbar, bei Windstille kann er nicht vorwärts kommen und bei starken Winden geriete er außer Kontrolle. Deshalb wird auch nur morgens und abends, bei Sonnenauf- und untergang gefahren. Da sind die Luftmassen stabil geschichtet. Die Höhe kann der Pilot durch Nachfeuern oder Drosseln der Flamme selbst bestimmen. Verlangt wird bei der Anmeldung nur, dass man zumindest die Kraft hat, notfalls aus dem Korb zu springen, aus maximal zwei Metern Höhe. Und dann gibt es da noch das »Verfolgerfahrzeug«, das mit dem Piloten in Funkkontakt steht und die Menschen nach der Landung wieder abholt und den Ballon einsammelt.
Sinnvoll finde ich auch, dass die Mitfahrer einbezogen werden in die Vorbereitungen und nicht am Startplatz dumm herumstehen bevor es losgeht. So be¬kommt man auch mehr Verständnis für die Technik. Der Ballon muss zunächst aufgerüstet werden; das machen Mannschaft und Passagiere grundsätzlich gemeinsam. Propangasflaschen und Brenner müssen zusammengebaut, Bordgeräte und Funk überprüft werden. Dann wird heiße Luft in den noch flach am Boden liegenden Stoffsack geblasen, der erst nach und nach als Ballon erkennbar wird.
Beim Einsteigen muss der Helfer manchmal den Korb gen Boden pressen, weil der angefeuerte Ballon schon abheben will. Einsteigen und Türchen schließen und Leinen los! Kaum steht man zu fünft oder zu sechst in dem eckigen Weidenkorb, hebt er auch schon ab und spätestens beim Anblick der sich blau (oder grau) dahin schlängelnden Elbe kommen die ersten »Wow« oder »Wahnsinn!« Rufe. Der Ausblick auf unsere schöne Landschaft ist einfach grandios! Bei meiner ersten Ballonfahrt hat der Pilot es fertig gebracht, das schwerfällige Ding sogar über unser Wohnhaus zu steuern (oder war es Zufall?) – Erinnerungsfotos waren die Folge. Dann ging es über die Weinbergsterrassen und das Spitzhaus Richtung Moritzburg. Wie eine Spielzeuglandschaft: die kleinen Häuschen, die winzigen Gässchen und die Spielzeugautos – entzückend! Die Landung erfolgte dann auf einer Kuhweide bei Bärnsdorf. Natürlich gehört auch eine Abschluss-Zeremonie zu einer zünftigen Ballonfahrt. Da dieser Sport früher den Adeligen vorbehalten war, ist es wohl nötig, die Passagiere nach ihrer Jungfernfahrt in den Adelsstand zu erheben und ihnen einen neuen Namen zu geben. Nach der Taufe ist man zum Beispiel »Anne vom Weinberg – Prinzessin der Lüfte« und be¬kommt diese handgeschriebene Urkunde feierlich kniend auf einem Teppich überreicht – mit einem Fläschchen Sekt dazu. Alles in allem ein wunderschönes und nicht ganz billiges Erlebnis. Für 150 bis 180 Euro an Werktagen oder 180 bis 200 Euro an Wochenenden kann man nach vorheriger Anmeldung teilnehmen. Die Startplätze in unserer Nähe sind: die große Grünfläche am Ostragehege, das Königsufer in Dresden und die Elbbrücke in Meißen (Altstadtufer). Kinder kosten etwas weniger, sollten aber deutlich über 1,20 Meter groß sein, um über den Korbrand gucken zu können.
Es gibt immer mehr Firmen, die hier Ballonfahrten anbieten: Von der »Ballon-Crew Sachsen« über »Ballonfahrten Sachsen«, »Sky Travel 24« bis zum »Sachsen Ballooning«. Das Internet gibt Aufschluss.
Wichtig ist nur die Lust, in die Lüfte zu gehen und dass man sich nicht verplappert: Wer im Zusammenhang mit Ballons von fliegen spricht, ist bei den Profis gleich unten durch. Es heißt fahren: Ballonfahren. Und wer immer noch behauptet »Nur fliegen ist schöner…« dem sage ich ganz deutlich: nein. Denn beim Fliegen (außer beim Segelflug, aber auch da, beim Start) ist ein Motor mit am Werke. Hier aber erlebt man noch ein echtes Abenteuer ohne Schutzhülle. Man weiß nicht, wo man landen wird, dazu muss man Vertrauen haben, man ist – wie auf See – in Gottes Hand.
Ein Kommentar
Toll, ab welchem Alter dürfen Kinder mitfliegen?