Ein Rendezvous mit Puntila, Doolittle, Old Shatterhand und Bacchus

Der Schauspieler Herbert Graedtke schaut auf sein Leben und seine Rollen

Diese eine Stunde Zeit zu finden, in der Herbert Graedtke mal überhaupt nichts zu tun hat, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Obwohl man einem Menschen, der gerade sein siebentes Lebensjahrzehnt vollendet, nichts mehr als ein wenig Ruhezeit gönnt. Doch für solcherart Ruhe ist Herbert Graedtke garantiert die falsche Adresse. Zwar hat sich mittlerweile ein Großteil seiner Aktivitäten aufs eigene Grundstück verlagert, doch auch das ist wieder nur die halbe Wahrheit.

Herbert Graedtke

Wie einst der Grieche Alexis Sorbas mit seinem überschäumenden Optimismus selbst noch aus der größten Katastrophe ein Lustspiel machte; genauso trifft man einen Herbert Graedtke immer mit einem Witz auf den Lippen und jeder Menge Schalk in den Augen an. Es gibt wohl nur wenige 70-jährige, die so intensiv im täglichen Geschehen ihrer Stadt mitmischen, wie das Graedtke in Radebeul tut. Auch deswegen trägt er den Kunstpreis der Stadt völlig zu Recht. Geschätzt ist er aber auch wegen seiner großherzigen Hilfsbereitschaft, seiner klugen Ratschläge für alle Lebenslagen und natürlich seiner immer guten Laune. Dabei ist der Mann alles andere als „een gemiedlicher Sachse“. 1941; am 9. Dezember wurde Graedtke im brandenburgischen Altlandsberg geboren. Die Kindheit verbrachte er im dörflich, bäuerlichen Milieu; wovon sich so manches Detail bis heute bei ihm erhalten hat. Wie z.B. die Liebe zu den Tieren oder den großen und sehr natur belassenen Garten hinterm Haus.

Als junger Mann wollte Herbert Graedtke zum Film und hatte das Glück, einen Studienplatz an der Filmhochschule in Babelsberg zu bekommen. Dort erhielt er auch schon bald die erste Rolle angeboten. Von dem Regisseur Richard Groschopp, der damals den erfolgreichen Streifen „Die Glatzkopfbande“ drehte. Graedtke spielte darin das Bandenmitglied mit dem Spitznamen „Warze“ Als Joachim Herz Inszenierung der Wagner-Oper „Der Fliegende Holländer“ verfilmt wurde, spielte Herbert Graedtke darin den Erik. Außerdem; an der Seite von Manfred Krug spielte er in „Auf der Sonnenseite“, im Märchenfilme „Frau Holle“ wurde er ebenfalls besetzt. Doch dann verschlug es ihn zu Dreharbeiten nach Dresden und während dieser Zeit bezog er Quartier in Weinböhla. Täglich fuhr er von dort zu den Dreharbeiten nach Dresden. Und es geschah genau das, was geschehen musste. Stehenden Fußes verliebte sich Herbert Graedtke in die liebliche sanfte Landschaft des Elbtals und fand folgerichtig hier sein neues Zuhause. 1965 sprach er an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul vor und wurde engagiert. Die Rollen, die er am Radebeuler Stammhaus, auf der Felsenbühne in Rathen oder in den vielen Abstecherorten des Reisetheaters spielte lassen sich im Rückblick kaum noch zählen. Daneben machte er immer wieder auch Theater mit Amateurgruppen; und tut das heute immer noch. Außerdem wurde er nicht nur als Schauspieler im „sächsischen Nizza“ heimisch; er schaffte sich hier auch Haus und Hof bzw. Garten an, gründete eine Familie und … zeugte natürlich auch Kinder. Das Ergebnis ist ein ganz und gar paritätisches; zwei Mädchen und zwei Jungen wurden es nämlich.

Als er 65 wurde ging der Schauspieler Herbert Graedtke folgerichtig in Rente. Obwohl seine Vitalität ihn noch lange nicht zur Ruhe gezwungen hätte. Deshalb fragt er hintersinnig auch nach, warum eigentlich Berufspolitiker in dieser Republik nicht in Rente geschickt werden, wenn sie das entsprechende Alter haben. Eine Antwort darauf wird er wohl nie bekommen. Ganz vom Schauspielern kam Herbert Graedtke auch mit 65 nie richtig weg. Weil neben dem Theaterspiel noch allerhand andere (und vor allem neue) darstellerische Aufgaben dazukamen. So gehörte er zu den Initiatoren des Sternenritts zu den alljährlichen Karl-May-Festtagen im Lößnitzgrund. So fühlte er sich beim Weinfest in der Hoflößnitz in die Rolle des Johann Paul Knohll hinein. Und so eröffnet er auch alljährlich das Herbst und Weinfest auf dem Altkötzschenbrodaer Anger und ist dann dort für drei Tage Bacchus, der Gott des Weines.

Eine Rolle, die ihm gewissermaßen auf den Leib geschrieben ist. Im Heer der zahlreichen Weingötter, die hierzulande alljährlich von sich reden machen ist er nämlich der einzige, der das Leben, die Liebe und die Politik aus dem Stegreif in Verse verwandeln kann. Gelernt ist eben doch gelernt!

W.Zimmermann

schlechtbescheidenmittelmäßiggutexzellent (Noch nicht bewertet)
Loading...
4.480 Aufrufe

Kommentieren

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mittels * markiert.

*
*

Copyright © 2007-2024 Vorschau und Rückblick. Alle Rechte vorbehalten.