Sammlung statt Sammelsurium

20 Jahre Städtische Kunstsammlung Radebeul – Jubiläumsausstellung in der Stadtgalerie

Der Ausstellungstitel „Sammlung statt Sammelsurium“ beschreibt den Weg zum Ziel, welcher vor 20 Jahren beschritten wurde und in den nächsten Jahren eine konsequente Fortsetzung finden soll. Obwohl die Ausstellung weder den Gesamtbestand der Kunstsammlung abbildet, noch den Anspruch auf inhaltliche Vollständigkeit erhebt, überrascht sie durch Fülle und Vielfalt der ausgestellten Werke, was die stadteigene „Miniaturgalerie“ augenscheinlich zu sprengen droht.

Max Brösel »Knabe mit Pauke«. 1907

Alles ist Anfang und das Jubiläum liegt im ersten Kunstankauf begründet, der 1992 bereits mit der Absicht erfolgte, eine städtische Kunstsammlung aufzubauen. Selbst wenn vor 20 Jahren noch keine geeigneten Räumlichkeiten für die Lagerung der Exponate in Aussicht standen, war es doch wichtig, mit dem Sammeln zu beginnen. Denn so manche schöne Gelegenheit, die sich während dieses Zeitraumes bot, hätte man unwiederbringlich verpasst.

Bereits der erste Ankauf, das Gemälde „Meine Umgebung“, stammt aus dem künstlerischen Nachlass des Radebeuler Malers und Grafikers Heinz Drache (1929-1989). Das streng gebaute Bild bricht mit dem Klischee von der lieblichen Lößnitzidylle. Es entstand im Jahr 1959 unmittelbar vor der „Natur“ inmitten eines Radebeuler Industriegebietes. Mietshäuser, Schuppen, Fabrikgebäude mit rauchenden Schornsteinen stehen dicht an dicht und Weinberge sind nur schemenhaft in weiter Ferne zu erkennen.

Günter Schmitz »Weiblicher Akt«. 1932

Im Laufe von zwei Jahrzehnten gelangten nahezu 2.000 Exponate aus drei Jahrhunderten von über 100 Künstlern durch Schenkung oder Ankauf (oftmals zu Sonderkonditionen) in den Besitz der Städtischen Sammlung. Eine inhaltliche Ergänzung erfuhren die Kunstwerke durch Modelle, Skizzenbücher, Plakate, Kataloge, Bild-, Ton- und Textdokumente. Das Profil der Sammlung ist ausgerichtet auf Werke von Künstlern, die in Radebeul ansässig waren oder sind bzw. deren Wirken in einer unmittelbaren Beziehung zu den Lößnitzortschaften steht. Den Schwerpunkt bilden Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert, wobei sich zwei Weltkriege und gesellschaftliche Umbrüche als einschneidende Zäsuren auf das Schaffen und die Existenzbedingungen der Künstler nicht unerheblich ausgewirkt haben.

Mit der Umwandlung des städtischen Museums Hoflößnitz in die Stiftung Weingutmuseum Hoflößnitz wurde 1997 dessen Gesamtbestand an beweglichen Kunstgütern aufgeteilt. Den weingutspezifischen Bestand erhielt die Stiftung, die übrigen Werke gingen in die städtische Kunstsammlung ein. So wurde im Jahr 2002 ein Konvolut von zirka 200 Zeichnungen, Grafiken und Pastellen aus dem 19. und 20. Jahrhundert übernommen.

Ute Wittig »Großer Bahnhof«. 1980

Gute Bedingungen für die systematische Pflege, Bearbeitung und Erweiterung des Bestandes wurden im Jahr 2009 mit dem Bezug von eigenen Depoträumen geschaffen. Damit war es endlich möglich, einen Überblick über die gesammelten und an verschiedenen Orten gelagerten Werke zu gewinnen. Ein nächster Schritt wird es nun sein, diese digital zu erfassen, auf ihren Erhaltungszustand zu überprüfen, wissenschaftlich einzuordnen und gegebenenfalls zu restaurieren.
Für eine fachliche Bewertung der Sammlung ist es allerdings zu früh, zumal es noch viele Lücken zu füllen gilt.

Peter PIT Müller »Von der Hoflößnitz«.1994

Die Jubiläumsausstellung bietet erstmals einen komplexen Einblick in den Sammlungsbestand. Wenngleich davon nur zehn Prozent präsentiert werden können, zeigt sich doch eine interessante Tendenz. Zwischen Weinhängen und Elbestrom reifte die Kunst im Stillen. Laute Provokationen fanden woanders statt. Und doch hatte sich das Schaffen der Radebeuler Künstler nie in einer provinziellen Nabelschau erschöpft. Karl Sinkwitz (1886-1933), Paul Wilhelm (1886-1965), Karl Kröner (1887-1972) und Theodor Rosenhauer (1901-1996) leisteten einen wesentlichen Beitrag zur „Dresdner Malkultur“. Die Dix-Schülerin Gussy Ahnert-Hippold (1910-2003) steht als Vertreterin der Neuen Sachlichkeit in internationalem Rang. Peter Graf, Claus Weidensdorfer, Werner Wittig, Gunter Herrmann sowie zahlreiche andere Künstler des Gegenwartsschaffens, die aus Platzgründen nicht alle genannt werden können, wirken weit über Radebeuls Grenzen hinaus.

Mit dem Aufbau einer öffentlichen Kunstsammlung hat sich die Lößnitzstadt zu ihren Bildenden Künstlern bekannt. All jenen, die bisher bereit waren, die Sammlung durch Schenkungen zu bereichern, gilt unser besonderer Dank. Dass seit Eröffnung der Jubiläumsausstellung bereits weitere Schenkungen in Aussicht gestellt worden sind, ist eine erfreuliche Bestätigung dessen, wie wichtig den Künstlern und Freunden der Kunst diese Sammlung ist.

Karin Gerhardt

In der Ausstellung vertretene Künstler

Jubiläumsausstellung mit Werken von: Homayon Aatifi, Dieter Beirich, Max Brösel, Brian Curling, Friederike Curling-Aust, Heinz Drache, Robert Erbe, Lieselotte Finke-Poser, Otto Fischer, Karl Friedrich, Peter Graf, Sebastian Hennig, Gunter Herrmann, Horst Hille, Erhard Hippold, Gussy Hippold, Michael Hofmann, Maria Karlick, Eckhard Kempin, Magdalene Kreßner, Karl Kröner, Ingo Kuczera, Bärbel Kuntsche, Käthe Kuntze, Klaus Liebscher, Carl Lindeberg, Ruth Meier, Hans Mroczinski, Peter PIT Müller, Hermann Naumann, Gustav Neuhaus, Alfred Noether, Markus Retzlaff, Georg Richter-Lößnitz, Theodor Rosenhauer, Günter Schmitz, Karl Sinkwitz, Johannes Thaut, Kurt Thoenes, Bärbel Voigt, Fred Walther, Christian URI Weber, Claus Weidensdorfer, Paul Wilhelm, Ute Wittig, Werner Wittig, Renate Zürner

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