Die Villa „Eugenie“ auf der Eduard -Bilz -Straße 42 –

verein für denkmalpflege und neues bauen
ein Rückblick auf unsere Veranstaltung „Häuser und ihre Besitzer“ im Hause Szymkowiak

Anmutig und einladend liegt die schön restaurierte Villa im oberen Teil der ehemaligen Sophienstraße, der einstigen Vorzeigestraße der Baumeister Ziller. Hohe Bäume umrahmen das helle Gebäude, attraktive Blumenbüsche beleben die großen Rasenflächen. Eine Fontäne plätschert im Vorgarten. Im gebogten Giebel des Hauses steht der Name der Villa, EUGENIE, geschrieben in Großbuchstaben und heute eher ein seltener Name. Will man etwas über Eugenie und das Grundstück wissen – und das wollten wir an diesem Abend – muß man sich die Geschichte des Hauses erschließen. Das war nicht einfach, weil man in der einschlägigen Radebeuler Literatur nichts findet, weder in der Denkmaltopographie von Volker Helas, noch bei Tilo Hänsel im Zillerbuch.

Villa »Eurgenie«, Westansicht

Villa »Eurgenie«, Westansicht


Man muß schon Leute kennen und sie befragen oder sich zum Friedhof bemühen.
Hier, in Radebeul-Ost im Quartier D-1, befindet sich das Grabmal der Familie, hier sind die ersten Besitzer des Hauses, Hermann Villnow und seine Frau Eugenie, beerdigt worden. Auf einer repräsentativen Grabplatte mit einem geharnischten Reiter vor einem Strahlenkranz findet man die Daten des Hausherren:

Hermann Villnow, Major z. D.(zu Diensten)
geb. am 27. Febr.1848 zu Pritzig, gest. am 9.April 1913 in Ober-Lössnitz.

Neben ihm sind weitere Familienmitglieder genannt: Ottomar und Joachim Ziller sowie August Franz Ludwig Villnow. Die Mutter des Joachim Ziller, die lange Zeit auch auf der Eduard -Bilz- Str. 42 wohnte, ist ebenfalls hier begraben, aber nicht vermerkt worden.
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Der Name Villnow ist in Sachsen eher selten. Die Villnows stammten aus Pommern und kamen zu Beginn des 19.Jahrhunderts nach Sachsen. Hermann Villnow fand hier seine Frau, Eugenie Kressner. Eugenies Familie war in Chemnitz ansässig. Sie besaßen in Chemnitz- Schweizertal Textilfabriken.

Bei Offizieren, Beamten, Adelsfamilien und reichen Unternehmern war es Ende des 19.Jahrhunderts Mode geworden, in landschaftlich reizvollen Gegenden ein Haus zu besitzen.
So zog es auch verschiedene Mitglieder der Familien Villnow und Kressner in die schöne Oberlößnitz.

Nach dem Tod des Kommerzienrates Wilhelm Kressner im Jahre 1895 erwarben Hermann und Eugenie Villnow das Grundstück auf der ehemaligen Sophienstraße Nr.14. Der Bruder von Eugenie, Rudolf Kressner, kaufte sich zur gleichen Zeit auf der Schuchstraße 4 eine andere herrschaftliche Villa. Beide Villen stammen in den Grundformen von den Baumeistern Gebr. Ziller, sind aber später umgebaut worden.

Durch den Bau muß es bald mehr als eine freundschaftliche Verbindung zwischen den Zillers und den Villnows gegeben haben, denn später heiratete eine Villnow- Tochter in die der Familie Ziller ein.

Was die Villnows 1913 veranlasste, ihr Haus umzubauen, weiß man nicht genau. Vielleicht waren es modische Erwägungen, vielleicht hing der Umbau aber auch mit dem Tod von Hermann Villows zusammen.

Jedenfalls erscheint die Villa 16 Jahre nach dem Erwerb im neobarocken Stil. Die Fassade war verändert worden, der Vorbau stark modernisiert, geschwungene Formen beherrschten den Innen- und Außenraum. Die Villa erschien lichter, größer und weiter geworden zu sein.
Leider konnte sich die Familie an dem neu gestalteten Haus nicht mehr lange erfreuen. Der 1. und 2. Weltkrieg und die Zeit danach veränderten die Lebensverhältnisse gründlich. Das Haus wurde mit Einquartierung belegt und die Räumlichkeiten aufgeteilt. Nebengelasse verstellten die großzügige Anlage, der Park wurde zur Nutzfläche. Später mietete der Fischhändler Buhlig das Haus und mit ihm zogen Fischgerüche und Aquarien ein.

Nach der Wende erwarben die Ehepaare Hübsch und Kunze das Grundstück, die es aber schon einige Jahre später (2002) an Thomas und Gudrun Szymkowiak weitergaben. Wohlwissend, wie viel Arbeit mit diesem Kauf auf sie zukommt, erfüllten sich beide ihren Lebenstraum vom Wohnen. Vor allem Thomas Szymkowiak hatte schon seit seiner Kindheit eine Vorliebe für Historisches, für Dinge und Möbel, die den Charme der Vergangenheit trugen. Ausgestattet mit Sachkenntnis, ästhetischem Einfühlungsvermögen, Phantasie und der Überzeugung, dass Sammler die glücklichsten Menschen sind, machten sich beide ans Werk. Nicht nur jede große bauliche Entscheidung, sondern auch jedes kleine Detail wurde immer wieder bedacht und infrage gestellt: der Eingangsbereich mit seiner Verglasung, die Stuckdecken mit den Vergoldungen, die Bemalung des Treppenhauses, die Pflasterung der Wege, die Ornamente, die Fliesen etc., sogar die Lichtschalter in den Räumen.
Wir, die Mitglieder des Vereins und Gäste des Abends, konnten das alles später noch in Augenschein nehmen.

Bevor wir aber die Innenräume betraten, führte uns der Besitzer durch seinen Garten – einen Garten, angelegt als Landschaftspark, in dem auch einzelne Bäume genügend Raum fanden und die Sichtachsen immer geplant schienen. Ausgestattet mit Halbrundbänken, so, wie man sie in der Liebermannvilla am Berliner Wannsee findet, lud uns der kleine Park eher zum Verweilen ein, doch die regennasse Feuchtigkeit schickte uns ins Haus.

Der unbedingte Gestaltungswille und die Mischung von Großzügigkeit und Intimität fiel uns auch in den Privaträumen der Szymkowiaks auf. Alle Gegenstände hatten Raum und standen miteinander in Korrespondenz: alte Holzmöbel mit modernen Sesselgruppen, aufwendige Lüster mit modernen Leuchten, großformatige farbige Porträts mit schwarz-weißen Stadtlandschaften, satte Rottöne mit sanften Pastellfarben.

Man konnte kaum glauben, dass dieser vornehme Wohnraum, in dem wir standen, vor 40 Jahren ein karges Bildhaueratelier war. Magdalena Kressner (1899-1975), Tochter aus reichem Hause, hatte hier nach dem Angriff auf Dresden eine bescheidene Wohnstatt gefunden. Ihr gesamtes Frühwerk war den Flammen zum Opfer gefallen. Ein Foto, das wir an diesem Abend zur Verfügung hatten, zeigte uns die kleine, fast siebzigjährige Künstlerin bei einer ihrer letzten Arbeiten, dem 7m langen und einem Meter hohen Relief „Schwanensee“, das später in Bronze gegossen das ehemalige Hotel Newa zierte.

Hochbegabt und von vielen ihrer Künstlerkollegen sehr geachtet, erinnern in Radebeul nur eine Kreuzigungsgruppe in der Friedhofskapelle Ost und ein kleiner Katalog zu ihrem 100. Geburtstag an sie. Obwohl ihre Arbeiten stets streng gebaut waren, fesselte Magdalena Kressner immer auch das Luftige, Leichte und das Menschliche, das Glück der menschlichen Beziehungen.

Ich glaube, wenn sie an diesem Abend unter uns gewesen wäre, hätte ihr die Gesellschaft und die Atmosphäre in „ihrem“ ehemaligen Atelier sehr gefallen. Interessiert und aufgeschlossen lauschten die Gäste den Ausführungen des Hausherren und Andre Schröders, der uns die vielfältigen Verflechtungen der Familie sehr plastisch darstellen konnte und der uns immer wieder mit seinen historischen Kenntnissen überraschte.

Großzügig öffneten die Hausherren nicht nur alle Räume, sondern auch Küche und Keller mit Speis und Trank. Zwei Nachfahren der Familienkombination Villnow-Ziller-Kressner waren freundlicherweise auch gekommen: Herr Peter Jung aus Radebeul und Herr Prof. Rosendahl, ein in Amerika geborener und jetzt an der TU Dresden tätiger Enkel . Sie gaben uns gern ihre Erinnerungen weiter und lobten die Hausherren, dass „EUGENIE“ so repräsentativ wieder zum Leben erweckt worden war.
Eugenie Villnow zur Seite steht seit ein paar Jahren GUDRUN, Gudrun Szymkowiak, die heutige Hausherrin. Ein charmanter Einfall des Hausherren ließ die Porträts beider Frauen in einem kleinen gemalten Medaillon zusammenfließen. Mögen sie weiterhin zusammen die Hüterinnen dieses Hauses sein.

Gudrun Täubert

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