Der Finanzbeamte & Karikaturist Fred Carganico

Ein Finanzamt ist kein Spielhaus, sondern eine mächtige Behörde, die nur zu gern, mehr oder weniger diskret, auf ihre Macht hinweist, auch davon Gebrauch macht und bei vielen Menschen relativ leibnahen Groll hervorruft, aber seine eigenen Bürger wiederum mit einem bestimmenden „Hochachtungsvoll“ auf Distanz hält. Frohsinn mag da nicht aufkommen. Vielmehr zwingt sich einem förmlich die Frage auf, welchen Typen von Menschen das tägliche Mahnen,Verwarnen und Gegängele tatsächliche berufliche Erfüllung bringen kann.

Ohne Humor ist es nicht zum aushalten. Den hatte in jedem Fall einst der Moritzburger Fred Carganico und seines Zeichen hochrangiger Finanzbeamter, passionierter Jäger und begnadeter Zeichner und Karikaturist. Zugegeben, eine nicht alltägliche Melange.
Nach dem Studium in Berlin und Freiburg,1908 Gerichtsreferendar, 1920 Regierungsrat, Oberregierungsrat bis schließlich zum Direktor des Breslauer Finanzamtes, konnte der 1886 im Kreis Hameln Geborene, alle Stufen der Behörden-Karriereleiter souverän erklimmen.
Nahezu während der gesamten Zeit muss Carganico gezeichnet haben, denn bereits 1924 konnte er seine Arbeiten in einem eigenen Buch “Jäger und Wild in Reim und Bild“, erschienen im Breslauer Heger-Verlag, herausbringen. Das sorgfältig gegliederte 176 Seiten umfassende Buch, zeigt uns im zweiten Kapitel “Vom Hoch-und Steuerwild“, das im Finanzamt-Nord durchaus keine Eisbären, auf Schollen treibend, und im Finanzamt- Süd weder Palmen noch Löwen zu finden sind.
Der Nachwelt von Heute jedoch, ist Fred Carganico durch eine weitere Besonderheit jederzeit präsent: Er hinterließ außer zwei größeren Bildern auch über 140 Karten, die er scheinbar von leichter Hand, eigenhändig meist farbig zeichnete und mit den passenden Bildunterschriften versah. Zu sehen sind u.a. karikierte Familienmitglieder, Jagd-,Wald- und Naturszenen.10 Fred 39

Doch es ist nicht nur die stattliche Anzahl von, vor allen Dingen für das private Umfeld Carganicos, geschaffenen Kleinode, die es lohnend macht, sich etwas intensiver mit seinem Schöpfer zu beschäftigen. Vielleicht war das Zeichnen und Reimen auch für Fred Carganico eine Möglichkeit, den alltäglichen Balanceakt zwischen Ernst und Heiterkeit besser zu bewältigen. Auch überdurchschnittlicher Erfolg im Beruf kann kein Garant für immerwährendes privates Glück sein: In beiden verheerenden Weltkriegen, wird Carganico jeweils schwer verwundet und als er nach der Kriegsgefangenschaft 1945 endlich wieder nach Haus kommt, findet er seine Frau Dorothee in einem hoffnungslosen Zustand der Schwermut an, welchem sie im Mai 1946 schließlich erliegt. Er selbst übrigens, wird in dieser Zeit im Rahmen von Reparationsleistungen zu Demontagearbeiten in Dessau herangezogen.
Kurz darauf wird er die Witwe des gefallenen Revierförsters von Moritzburg und Tochter des Rittergutpächters Otto Kühn aus Rödern Luise Stiller heiraten. Trotz des großen Altersunterschied von über zwei Jahrzehnten verlebten sie in der ehemaligen Hofküche unmittelbar neben dem Moritzburger Fasanenschlößchen schöne Jahre.
Fred zündete sich gerne ein Pfeifchen an und genoss die Zeit umgeben von wundervoller Natur, bis zu seinem Tod 1966.

Warum sollen uns Fred Carganicos Karikaturen noch heute interessieren?

Eine Antwort auf diese Frage konnten interessierte Besucher bereits im Herbst 2014 im neugestalteten Besucherzentrum am Fasanenschlößchen finden. Von vielen Mitgliedern der Familie aus ganz Deutschland im Rahmen der Ahnenforschung zusammengetragen, zeigte eine Ausstellung in unmittelbarer Nähe seines ehemaligen Wohnortes, erstmalig im öffentliche Raum, über 80 Arbeiten Fred Carganicos.

10 Fred Carganico vorm Fasanenschlößchen

Fred Carganico vorm Fasanenschlößchen

Zwei glückliche Umstände ermöglichten die Ausstellung: Zum Einen, Teile, der in der näheren Umgebung ansässigen Familie, die glücklicherweise ein Gespür für das Potenzial der kleinen Kunstwerke hatte und zum Anderen die Unterstützung der Moritzburger Schlossverwaltung, die den hohen Unterhaltungswert der Arbeiten Fred Carganicos erkannten.

In der Sächsischen Zeitung war im September 2014 zu lesen:“Die Wiederentdeckung eines Talentes“. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn zu entdecken gibt es bei Fred Carganico immer noch viel.
Dass Carganico überhaupt einem noch größeren Publikum bekannt wird, wäre ihm postum zu wünschen. Die vielbeachtete Ausstellung im Moritzburger Fasanenschlößchen kann ein guter Anfang gewesen sein. Man darf gespannt sein, denn der Moritzburger Bürgermeister Herr Jörg Hänisch zeigt sich für weitere Projekte, im Sinne Fred Carganicos, sehr interessiert. In Radebeul könnte Ähnliches noch realisiert werden. Vielleicht auch ein Kompendium in gedruckter Form, welches alle Arbeiten Fred Carganicos zeigt. So auf einen für das Jahr 2017 in Vorbereitung befindlichen Kalender, man darf in jedem Falle gespannt sein.

In unserer Reizüberflutenten und vom XXL- Eventcharakter geprägten Zeit, wirken die kleinen lebensfrohen Bildchen nahezu harmlos und bescheiden. Vielleicht aber liegt gerade darin der Zauber von Fred Carganicos Zeichnungen im Jetzt und Hier.

Übrigens, hinter Tante Micke verbirgt sich keine Geringere, als Fred Carganicos Frau Luise.

Uwe Wittig

Weitere Informationen zu Fred Carganico bei Frau Ute Krancher (0172-3672849) oder
Frau Ulrike Scholz (0152.08727542). Übrigens werden auch immer noch weitere Arbeiten zur Vervollständigung der Sammlung gesucht!
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Ein Kommentar

  1. Dagmar Petri
    Veröffentlicht am Do, 12. Okt. 2023 um 14:09 | Permanenter Link

    Ich habe von meinem Großvater Otto Krüger 12 Orginal Postkarten, die fast immer zum Jahreswechsel an meinen Großvater von Fred Carganico geschickt wurden. Jahr ca: 1952 – 1962.
    Fred Carganico war wohl ein Jagdfreund von meinem Großvater.
    Ich würde die Karten gerne verkaufen da ich keine Erben habe.

    Mit freundlichen Grüßen
    D. Petri

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