Gebaut, um zu überzeugen

Zur Eröffnung des Pressenhauses der Hoflößnitz am 28.05.16

Feierliche Eröffnung am Pressenhaus

Feierliche Eröffnung am Pressenhaus Foto: B. Kazmirowski

Wer in den letzten Monaten aufmerksam unser Heft gelesen hat, dem konnte die Bedeutung der Hoflößnitz für die Außenwirkung Radebeuls als größter Ort entlang der Sächsischen Weinstraße einerseits und die Binnenwirkung dieses Identität stiftenden Ensembles aus Architektur und kultivierter Weinlandschaft für viele Radebeuler andererseits nicht entgehen (vgl. u.a. Heft 6/2015, 9/2015, 3/2016). Wann immer Altes aufgegeben und Neues geschaffen wird, wo immer Veränderungswillen auf Bewahrungserwartung trifft, sind enttäuschte Hoffnungen nicht ungewöhnlich, gleichzeitig aber auch die Chancen gegeben, bisher Un-Mögliches als willkommene Verbesserung zu begrüßen. Nach meinem Eindruck überwölbte dieser Spannungsbogen die feierliche Eröffnung des für etwa 1,5 Millionen Euro sanierten Pressenhauses am 28. Mai in Anwesenheit zahlreicher geladener Gäste aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Tourismus.

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Schauraum: Präsentation aller sächsischen Weingüter Foto: B. Kazmirowski

Natürlich steht zu so einem Anlass vor allem die Frage im Vordergrund, inwieweit die ca. einjährige denkmalgerechte Sanierung des klassizistischen Baus – ausgeführt von Handwerkern überwiegend aus der Region – gelungen und die Funktionalität als neues touristisches Zentrum des sächsischen Weinbaus gesichert ist. Der erste Eindruck ist positiv, denn insbesondere das komplett umgebaute Erdgeschoss weitet sich vom an der Ostseite gelegenen Eingang über eine geräumige, hell und geschmackvoll eingerichtete Vinothek mit eingeschlossener Besucherinformation in einen holzverkleideten Schauraum, in dem erstmals alle sächsischen Weingüter in Kurzporträts vorgestellt werden. Man kann sicherlich darüber streiten, ob die mitunter nur sehr spärlichen Angaben eher Lust auf die unausgeführten Details machen, der von auswärts angereiste Weinliebhaber also neugierig wird und Weingüter gezielt aufsucht oder ob sie in ihrer Ähnlichkeit nicht eher doch langweilen. Die im gleichen Raum installierte multimediale Präsentation zum Weinbau in Sachsen wird nach vollständigem Aufbau den Anspruch einlösen müssen, Information mit Animation harmonieren zu können und den unterschiedlichen Besuchergruppen gerecht zu werden. Ein ganz eigener Nutzungsakzent im Gesamtensemble der Hoflößnitz wurde im völlig neu erschlossenen Obergeschoss des Pressenhauses mit der Schaffung eines sehenswerten Gesellschaftsraumes gesetzt, der gediegenen Feierlichkeiten mit bis zu ca. 80 Personen einen würdigen Rahmen verleiht. Freilich erfuhr ich auf Nachfrage beim Geschäftsführer der Stiftung Hoflößnitz, Jörg Hahn, der als Hausherr stolz durch die Räume führte, dass eine Vermietung in diesen Saal nicht nur seinen Preis hat, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit gesehen werden muss. Dem Vernehmen nach ist aber die Nachfrage nach dem Saal gut, was angesichts des fabelhaften Ausblicks auf die Weinlage Goldener Wagen und der Kooperation mit der Oberschänke als gastronomischer Partner auch nicht verwundert. Interessant in diesem Zusammenhang sind auch Hahns Visionen, die diesen Saal als Veranstaltungsort (z.B. für „Jugend musiziert“) umfassen, was eine begrüßenswerte Öffnung in die Stadtgesellschaft hinein sein würde. Woran ich mich jedoch störte, ist die in meinen Augen einfallslose Gestaltung des Treppenhauses und die Qualität der Türen im Obergeschoss, die nicht dem Niveau des Saales entsprechen.

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Veranstaltungsaal im Dachgeschoss Foto: B. Kazmirowski

Ich kann mir gut vorstellen, dass das Pressenhaus Schritt um Schritt eine Lücke zu füllen imstande ist, indem es fremdverkehrlichen Erfordernissen Rechnung trägt und zu einem Anlaufpunkt für Orientierung suchende Gäste wird. Ungelöst jedoch bleibt mindestens für die mittelfristige Zukunft die Bewirtschaftung der vormaligen „Schoppenstube“ als unbedingt nötiger gastronomischer Reiz und natürlich die museale Gestaltung des Schlosses im Sinne einer heimatkundlichen Bildungsstätte, denn das Pressenhaus kann in dieser Hinsicht nicht die an das Gesamtkonzept der Hoflößnitz gerichteten berechtigten Erwartungen erfüllen. Es bleibt zu wünschen, dass Radebeuler und Auswärtige das auch im Außenbereich in frischer Anmutung daherkommende Gelände der Hoflößnitz wieder so mit Leben erfüllen, wie es zum Eröffnungstag während des nachmittäglichen Bürgerfestes der Fall war. Möge Jörg Hahn, der sich dabei munter unter das Volk mischte und Rede und Antwort stand, und seinen Mitarbeitern bei ihrer alltäglichen Arbeit vor Ort sowie den Entscheidungsträgern in Stiftung und Stadt bei den anstehenden Entscheidungen ein glückliches Händchen beschieden sein.

Bertram Kazmirowski

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