Eine Nachbetrachtung zur Bürgerversammlung in Radebeul-West
Am 8. Februar dieses Jahres fand in Kötzschenbroda eine Bürgerversammlung zum Sanierungsgebiet Radebeul-West statt. Das Bauamt der Stadt Radebeul in Person des neuen Sachgebietsleiters für Stadtplanung, Olaf Holthaus, stellte nochmals ausführlich die Ergebnisse der im Sommer 2017 erfolgten Umfrage vor. Die Sächsische Zeitung berichtete am 10./11.2.2018 darüber. Allgemeiner Tenor in der Zeitung: Es gab unterschiedliche Meinungen zu den drei Vorschlägen für die Sanierung der Bahnhofstraße. War das so? Nein! Geschätzte 80 Prozent der anwesenden Bürger sprachen sich gegen den von der Stadtverwaltung favorisierten 2. Vorschlag (alte Bäume fällen, neue pflanzen, mehr Parkplätze) aus. Diese Variante sei notwendig, da der gewonnene Platz für den von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen Wochenmarkt (ein Frischemarkt) benötigt wird.
Ist das so, dass das Gebiet um die Bahnhofstraße nur belebt werden kann, wenn die Bäume, die laut eines Gutachtens vermutlich noch 20 Jahre stehen könnten, gefällt werden? Ist das so, dass nur ein Frische-Wochenmarkt am Sonnabend mit mindestens 12 Standplätzen für spezielle Marktfahrzeuge die Straße beleben und die ansässigen Händler wirtschaftlich unterstützen könnte? Woher diese Erkenntnisse stammen, wurde allerdings den versammelten Bürgern nicht mitgeteilt. Gibt es vielleicht ein Marktkonzept oder eine Bedarfsanalyse für den Stadtteil Radebeul-West, womit diese Feststellung untersetzt ist? Das würde sicher die Bürger sehr interessieren. Was ist, wenn die Bäume gefällt sind und der so alternativlos eingeforderte Markt nicht greift? Was ist, wenn der Frischemarkt erfolgreich ist, aber die sechs Bäcker, die sechs Fleischer und die fünf asiatischen Händler mit ihrem Angebot von Obst, Gemüse bis hin zur Bekleidung absterben, weil der Frischemarkt zwingend ebensolche Ware bereithält? Was ist, wenn sich nicht ausreichend Händler für diesen neuen Markt finden, da diese schon lange ihre „Reviere“ abgesteckt haben? Was ist, wenn das, was Cornelia Bielig, zuständig in der Stadtverwaltung für Märkte und Feste, in der Bürgerversammlung aus langjähriger Erfahrung heraus zu einem Markt in der Bahnhofstraße einschätzte, zutrifft? Ist es so, dass in der Bahnhofstraße kein Breitband-Kabel für den schnellen Internetanschluss verlegt werden kann, wie Olaf Holthaus ausführte, wenn die alten Bäume stehen bleiben? Keiner kennt offensichtlich die tatsächliche Situation und die mögliche Entwicklung in diesem Stadtgebiet genau. Viel Ungeklärtes gibt es allein zu dem Punkt Wochenmarkt.
Damit waren aber die Fragen zur Bürgerversammlung noch nicht erschöpft. So wunderte man sich, dass nur drei mögliche Varianten zur Sanierung der Bahnhofstraße zur Auswahl stehen, wo doch eine vierte Variante (u.a. mit schrägen Parktaschen) dem Bauamt der Stadt bereits vor der Abstimmung des Stadtrates bekannt war? Warum scheint es immer nur um die Bahnhofstraße zu gehen, wo doch das Sanierungsgebiet bedeutend größer ist. Was also ist mit dem „Schulcampus“ und dem dort geplanten dreigeschossigen Schulneubau? Was bedeutet das für das angrenzende Wohngebiet? Welche Verdichtung des ruhenden und fließenden Verkehrs wird dadurch hervorrufen? Gibt es hierzu eine Verkehrsplanung und wie sieht diese aus? Existiert wirklich nur ein Vorschlag für die Umgestaltung des Platzes vor dem Bahnhofsgebäude? Wieso gibt es überhaupt einen Vorschlag für die Gestaltung dieses Ortes, wenn die weitere Nutzung dieses Hauses noch völlig unklar ist? Ist eigentlich die Planung einer Bustasche unmittelbar nach der Kurve Bahnhofstraße / Güterhofstraße sinnvoll? Auch interessierte sehr, warum sich die Auswertung der Sommerumfrage 2017 bis zum 20. Dezember jenes Jahres hinziehen musste, obwohl die Erkenntnisse bereits Ende September 2017 feststanden und warum es nun eine zweite Umfrage nur bei den Händler geben muß?
Aber die allerwichtigste Frage bleibt, die alle immer wieder bewegt, wo sind die Maßnahmen die besonders zur „Erhaltung und Entwicklung […] als Standort für Wirtschaft, Kultur sowie als Orte zum Wohnen, Arbeiten und Leben dienen“, wie es das Förderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ festgeschrieben hat?
Hat es vielleicht eine Bedeutung, wenn aus berufenem Munde zu vernehmen ist, dass nur mit der Variante 2 eine geförderte Sanierung zu erwarten sei? Geht es am Ende gar nicht um Variante 1, 2, oder 3, sondern nur um Fördermittel?
Zugegeben, nicht all diese Fragen sind auf der Bürgerversammlung gestellt worden, aber sie drängen sich einem auf, wenn man über den Sachverhalt länger nachdenkt. Befriedigende Antworten auf die dort gestellten Fragen, so schien es, haben die Anwesenden an jenem Donnerstag aber nicht erhalten. Es ist zu wünschen, dass die Bürger auch weiterhin zum Sanierungsgebiet Radebeul-West gefragt werden und ihre Vorschläge – wenn sinnvoll – auch in die Planung mit einfließen.
Karl Uwe Baum