Radebeuler Häuser und ihre Bauherren – der Grundhof

Mit der am 25. Mai 2018 durchgeführten siebenten Veranstaltung hatten wir wieder Zugang zu einem sehr interessanten Grundstück, dem Grundhof. Meine Aufgabe, über die Besitzer zu sprechen, gestaltete sich etwas schwierig.
Außer einem Telefonat mit einem Nachkommen der Familie Suppes hatte ich keine persönlichen Überlieferungen. Er berichtete, dass die Neitschütz bei den Kinderbesuchen noch spukte. Fast 100 Jahre besaßen sie das alte Weingut und schrieben in vielerlei Hinsicht Jahrhundertgeschichte. So denke ich an die vielen Künstler und Künstlerinnen, und möchte nur eine nennen, Magdalena Kressner, die auch Plastiken von der Familie schuf.
Einst hieß das Gut vom Herrenhaus aus gesehen, „Heiterer Blick“. Mit dem Aufkommen des neuen Gasthausnamens an der Moritzburger Straße gaben Suppes den Namen „Grundhof“. Der Reichsgerichtsrat a. D. Otto Suppes, gestorben 1911, war einst der höchste preußische Beamte in Sachsen.
Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte er das Grundstück von der verwitweten Vorbesitzerin Dehne ab. Suppes hatten drei Kinder: Tochter Dr. med. Johanna Suppes, Kinderärztin, Sohn Adolph Suppes, Architekt, der zusammen mit Otto Rometsch ein Architekturbüro führte, sowie der Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Ernst Suppes. Er war verheiratet mit Mathilde geb. Schlosser. Sie stammte aus einer hochbürgerlichen Familie aus Berlin. Ihr Vater, ein Oberjustizrat, korrespondierte mit der ganzen Welt.
Nur dieses Ehepaar hatte Kinder. Insgesamt waren es fünf, drei Söhne und zwei Töchter. Ein Sohn, Ernst, verstarb mit zwei Jahren. Der andere Sohn, Fritz, verstarb mit 14 Jahren bei einem Fahrradunfall auf der Meißner Straße. Der dritte Sohn, Otto, wurde Pfarrer und verließ, wie auch seine Schwester Elisabeth, Richterin, berufsbedingt den Grundhof. So verblieb nur die bekannte Kindergärtnerin Adeline Suppes auf dem Grundstück. Sie verkaufte das Anwesen 1997 an die Familie Dr. Cramer, die es seitdem in ein wahres Kleinod verwandelt.
Das Herrenhaus (in der Substanz nach 1650) mit Wirtschaftsgebäuden, dem Turmhaus (Turm Februar 1944 abgebrannt) und dem anschließenden Gartensaal sowie den zwei Pavillons (um 1800) gehören heute zum Grundhof. Die zwei Häuser, Paradiesstraße 56, ein Landhaus von 1924, gaben die Geschwister Dr. Suppes an Otto Rometsch in Auftrag. Das Haus Nr. 58 gab 1906 noch der Vater, RGR Otto Suppes, an seinen Sohn Adolph Suppes und Otto Rometsch in Auftrag.
Heute sind sie vom Grundhof separat getrennt. Vom Gottesacker kommend sind heute noch auf der rechten Seite die Grabsteine der Familie Ernst Suppes mit den zwei Söhnen vorhanden. Etwas dahinterliegend, ein Bildstock, das Grab, indem die beiden Architekten Suppes und Rometsch zusammen beerdigt sind.
Als Vorbesitzer Suppes sind Dehnes zu nennen. Dr. Joh. Fr. Anton Dehne erwarb 1837 den „Heiteren Blick“. Der Apotheker und Naturforscher war seinerzeit sehr berühmt. Die neogotische Grabstelle des Sohnes, dem Rentier und Hütteningenieur Bernhard Dehne, der Ehefrau, sowie der jung verstorbenen Tochter ist noch ebenfalls auf dem Friedhof an der Ostmauer zur Kötzschenbrodaer Straße ersichtlich.
Dr. phil. Adolph Serrius gründete auf dem Areal 1823 eine Bildungs- und Knabenerziehungsanstalt. Als “Doktor der Weltweisheit“ hatte er 1832 einen wenig rühmlichen Abgang nach Rostock, woher er auch kam.
Von den vielen Besitzern möchte ich nun nur noch den Hofprediger Raschig anführen. Seine Tochter war die Ehefrau des Pastors Flemming. Nach Pastor Flemmings Onkel wurde meines Erachtens die Flemmingstraße benannt. Frau Flemming, geb. Raschig, besaß das Grundstück bis 1824.
Und nun zum Schluss – die „Neitschütz-Sage“. Der Bruder von August dem Starken, Johann Georg IV, sollte einst seiner Favoritin Gräfin Neitschütz das Grundstück geschenkt haben. Es gab skandalöse und mysteriöse Hofgeschichten um sie. Sie starb am 4. April 1694 an den Blattern und riss den Kurfürsten mit ins Grab, der eigentlich zur Machtübernahme bestimmt war.
Nach Curt Reuter, Vorschau Nov. 1962, S.14, handelt es sich um eine Verwechslung in der Neitschützlinie.
Wie sagte mir der Nachkomme Suppes bei unserem Telefongespräch? „Ach, die Neitschütz, die spukte bei unseren Kinderbesuchen immer noch“.

André Schröder

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