Denkpause vorbei?

Anmerkung zum Beitrag zur Bahnhofstraße vom 23. April

Es sind nun reichliche vierundzwanzig Monate vergangen und somit nicht nur die vorgesehenen sechs, seit die Sächsische Zeitung in ihrer Wochenendausgabe vom 31. März 2018 die „Denkpause zur Bahnhofstraße“ verkündete, welche sich die Stadtverwaltung damals verordnete, nachdem ihre Pläne zur Umgestaltung der Einkaufsstraße auf allgemeines Unverständnis seitens der Bürger gestoßen sind. Vorausgegangen – einige werden sich erinnern – war am 8. Februar eine Versammlung zum Sanierungsgebiet Radebeul West im Bürgertreff, auf der es zu heftigen Kontroversen mit den Vertretern der Stadtverwaltung gekommen war. Das vorgestellte Konzept, insbesondere zur Gestaltung des Bereiches Bahnhofstraße, wurde von ca. 80 Prozent der Anwesenden grundweg abgelehnt.

Seither ist es reichlich still um dieses seit mindestens 2017 heiß diskutierte Sanierungsgebiet geworden. Zwar las man immer wieder mal in dieser Zeitung wie auch in anderen Blättern Beiträge über das Für und Wider dieses Vorhabens, aber so richtig wollte die Sache bisher nicht in Schwung kommen. Nach und nach zogen sich Eigentümer von Grundstücken aus den geplanten Maßnahmen zurück, Entwicklungsvisionen künftiger Leitobjekte (Post, Bahnhof) zerplatzen wie Seifenblasen.

Nun also, so ist zu lesen, geht es endlich los mit der Sanierung! Zwar muss Nina Schirmer, die Autorin des Beitrages vom 23. April in dieser Zeitung und mit ihr vermutlich auch das Bauamt der Stadt Radebeul, eingestehen, dass man nicht so genau weiß, wohin die Reise gehen soll, denn alle Fragen sind noch offen. Dennoch, Baustart wird auf alle Fälle im Herbst sein. Man kann es verstehen, denn die Zeit für die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen wird langsam knapp.

Und hier sind wir wieder beim Grunddilemma angelangt. Ohne genaue Vorstellungen über den Sinn und die Zielstellung der geplanten Maßnahmen, ohne eine schlüssige Entwicklungskonzeption für das Stadtgebiet verbietet sich eigentlich jede größere bauliche Maßnahme. Alle zur Bürgerversammlung im Februar 2018 aufgeworfenen Sachverhalte konnten bisher noch keiner Lösung zugeführt werden. Wenn wie angekündigt, irgendwann im Sommer den Bürgern vorgestellt werden wird, welche Maßnahmen vier oder acht Wochen später die Bauarbeiter umsetzen werden, reicht wahrlich ein Aushang am Bürgertreff. Dann ist es für jeden Vorschlag, jeden Einwand, jede bürgerliche Mitbestimmung zu spät. Der 8. Februar 2018 soll sich ja nicht wiederholen.

Man kann der Stadtratsfraktion Bürgerforum/Grüne/SPD nur zustimmen, wenn sie den Ausbau der Gehwege von der Gesamtplanung für die Verkehrskonzeption abhängig machen möchte. Die aber ist noch nicht gefunden. Diese Hauruckpolitik, die jede sinnvolle Planung und Einbeziehung aller Betroffenen ausschließt – so muss man vermuten –, scheint System zu haben. Wie anders ist es zu verstehen, wenn Einwohnerversammlungen zu dieser Problematik kurz vor Weihachten oder in der sommerlichen Ferienzeit angesetzt werden, wenn Hinweise von Bürgern in die Pläne nicht eingearbeitet werden (Parkkonzept), wenn in der Planung mit Flächen und Gebäuden operiert wird, auf die die Stadt keinerlei Zugriff hat, wenn auswärtige Unternehmen beauftragt werden, ein Konzept für die Straße zu entwerfen, welches an der eigentlichen Problemstellung vorbeigeht?

Nun also die Sanierung der Gehwege eines Abschnittes der oberen Bahnhof- wie der Güterhofstraße. Natürlich wird sich auch künftig am Zuschnitt dieses Teils der Straße nichts ändern, nichts ändern können, mit oder ohne Verkehrsplanung. Das Profil ist zumindest für diesen Teil der Bahnhofstraße durch das Gelände vorgegeben. Dass die Gehwege saniert werden müssen, steht außer Frage. Sie sollen wahrscheinlich so wie die im unteren Teil der Bahnhofstraße werden. Nur eine durchgängige Pflasterung ist dort nicht zu erkennen und von „Kopfsteinpflaster“ kann schon gar keine Rede sein, wie der Beitrag vom 23.4. suggeriert. Das hatte man sinnigerweise bei der Sanierung der Gehwege des Angers eingesetzt, vermutlich weil typisch für diesen Ort. Die Gehwegplatten in der unteren Bahnhofsstraße aber sind nicht minder glatt als die Seifensteine. Die aber eigenen sich ebenso vorzüglich für Rollatoren wie die Platten. Und die Streupflicht im Winter will doch hoffentlich die Stadt nicht aufheben? Für eine Beseitigung dieses Belages gibt es also keinen hinreichenden Grund. Schadhafte Steine können ohne Probleme wieder ersetzt werden. Warum soll in Radebeul nicht funktionieren, was in anderen Städten offensichtlich kein Problem darstellt? Da existieren eine Unmenge derartiger Bürgersteige. Ganze Plätze sind beispielsweise in Dresden damit belegt. Und so prägen die Seifensteine teils seit über 100 Jahren das Bild dieser Städte mit. Auch für die Bahnhofstraße tragen sie zu deren Charakter bei. Der, so waren sich im Februar 2018 alle in der damaligen Bürgerversammlung einig, soll aber unbedingt erhalten bleiben. Dass das Bauamt nun etwas anders plant, ist somit nicht zu verstehen. Will man sich einfach wieder über die Köpfe der Bürger hinwegsetzen?

Karl Uwe Baum

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