Vor 470 Jahren: Gründung des Amtes Moritzburg

Nähert man sich auf der Allee unserem Moritzburger Schloss, so fällt rechter Hand nach der historischen Anlage des Landgestüts ein langgestrecktes, grau verputztes dreistöckiges Gebäude auf, das zuletzt lange Zeit den Namen „Landhof Moritzburg“ trug. Gegenwärtig trägt es die Bezeichnung „Genusshaus Prinz von Sachsen“ mit der Brennerei „Augustus Rex“ und dem Moritzburger Hofladen. Dieser ursprünglich ein Stockwerk niedrigerer Bau ist eng mit der Moritzburger Verwaltungsgeschichte verbunden. Er war einst der Sitz des Amtes Moritzburg, das ursprünglich um das Jahr 1550 auf Geheiß von Kurfürst Moritz geschaffen worden ist. Worin bestand der Anlass dafür?
Als sich der Sachsenherzog Moritz mit dem Friedewald als einem von ihm bevorzugtes Jagdgebiet entschieden hatte, ließ er auf einer flachen Felskuppe am damaligen Mosebruchteich seit dem Jahre 1542 ein festes Jagdhaus errichten. Dieser Bau wurde vorläufig im Jahre 1546 abgeschlossen und nachweisbar seit 1549 „Moritzburch“ genannt. Ein solcher Jagdsitz mit Bediensteten, Stallungen und anderem mehr bedarf zur Bewirtschaftung und Unterhaltung einer ökonomischen Grundlage. Im seinerzeitigen Feudalstaat waren dazu Natural-, Dienst- sowie zunehmend auch Geldleistungen an den Landesherrn aus dem Umfeld des neu errichteten Jagdhauses erforderlich.
Als Kurfürst griff Moritz deshalb kurzerhand in die bis dahin bestehende Ämterstruktur ein und löste aus dem Bestand des Amtes Großenhain die Dörfer Bärnsdorf, Bärwalde, Geißlitz, Mittel- und Oberebersbach, Naundorf, Steinbach und Volkersdorf sowie aus dem Amt Dresden die Dörfer Coswig, Cunnertswalde, Eisenberg, Kötitz, Kreiern und einen Teil von Rähnitz heraus. Er unterstellte sie – wie auf der dargestellten Kartenskizze ersichtlich ist (1) – dem neu geschaffenen Amt Moritzburg. Unser Nestor der Landes- und Regionalgeschichte, Professor Karlheinz Blaschke, bemerkte hierzu: „Es dürfte kaum an einer anderen Stelle in Sachsen zu Beginn der Neuzeit einen so starken Eingriff in die gewachsene Gliederung der inneren Verwaltung gegeben haben wie an dieser Stelle“(2). Es war also eine „Verwaltungsreform von oben“.
Das Amt Moritzburg war ein verhältnismäßig kleines Amt. Es wurde deshalb aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in der Regierungszeit von Kurfürst Friedrich August III. (dem „Gerechten“) im Jahre 1770 mit dem Amt Großenhain kombiniert, bestand aber als Amtsbezirk weiter fort.
Diesen Ämtern oblagen außer der Eintreibung der erforderlichen Einnahmen noch die gerichtliche Verhandlung mittelschwerer Straftaten, notarielle Beglaubigungen und die Regelung von Grundstücksangelegenheiten. Geringfügige Vergehen wurden auf dörflicher Ebene geahndet.
Ursprünglich war das Amt Moritzburg im südöstlichen Turm des Schlosses untergebracht. Daher trägt dieser bis heute den Namen „Amtsturm“. Im Jahre 1730 wurde schließlich wegen größeren Raumbedarfs und der Vermeidung von Publikumsverkehr in dem unter August dem Starken umgestalteten Schlossareal das schon erwähnte stattliche Gebäude mit zunächst zwei Geschossen an der heutigen Schlossallee errichtet. Im 19. Jahrhundert (1886) wurde das Amtsgebäude noch um eine Etage aufgestockt. In diesem Gebäude befanden sich auch Räumlichkeiten zur Unterbringung von Untersuchungsgefangenen. Ihre Lage war noch bis in die jüngste Vergangenheit an der Nordseite des Gebäudes durch die vergitterten kleinen Fenster erkennbar.
Nach der Gründung des einheitlichen Deutschen Reiches wurde das Amt Moritzburg im Zuge der Justizreform im Jahre 1873 aufgelöst. Zunächst wurde dieses Gebäude von der Dresdner Blindenanstalt genutzt. Als diese Einrichtung nach Chemnitz verlegt wurde, brachte man darin ein Kranken- und Pflegeheim unter. Später etablierte sich hier die Brüderanstalt unter dem Namen „Friedensort“. Im Rahmen von eigentumsrechtlichen Auseinandersetzungen konnte die Dresdner Blindenanstalt schließlich wieder von diesem Gebäude Besitz ergreifen. Über eine weitere Nutzung als Alters- und Pflegeheim wurde es in Kriegszeiten ein Lazarett für verwundete Soldaten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges diente es schließlich als „Dr.-Margarethe-Blank-Heim“ bis 1998 wieder der Altenpflege und -betreuung. Namensgeberin war eine verdienstvolle Ärztin. Dr. Margarete Blank wurde am 21. 02. 1901 in Kiew geboren und entstammte aus einer deutsch-baltischen Familie. Nach dem Tod ihrer Mutter während der russischen Februarrevolution 1905 siedelte sie mit ihrer Familie nach Deutschland um. Hier studierte sie in Leipzig Medizin. Nach Abschluss ihres Studiums gründete sie eine eigene Landarztpraxis in Panitzsch bei Leipzig. Während des Zweiten Weltkrieges half sie als Ärztin unter heute nicht mehr vorstellbarer persönlicher Gefährdung Kriegsgefangenen sowie in der Rüstungsindustrie beschäftigten ausländischen Zwangsarbeitern. Im Jahre 1944 wurde sie wegen ihres geäußerten Zweifels am deutschen „Endsieg“ denunziert und daraufhin verhaftet. Der „Volksgerichtshof“ verurteilte sie zum Tode. Am 8. Februar 1945 wurde Dr. Margarete Blank im Dresdner Gefängnis am Münchner Platz hingerichtet.
Nach dem sich ab 1998 anschließenden längeren Leerstand wird das ehemalige Amtsgebäude nun seit einigen Jahren durch gastronomische Einrichtungen genutzt. In ihm finden auch die jährlichen vorweihnachtlichen Dankeschön-Veranstaltungen der Gemeinde für die fleißigen ehrenamtlichen Austräger unseres Moritzburger Gemeindeblattes statt.

Die Gruppe Ortschronik Moritzburg

(1) Blaschke, K.: Die Gründung des Amtes Moritzburg. In: Schriften des Vereins für sächsische Landesgeschichte, Band 8, Beucha 2004, Seite 61
(2) Ebenda, Seite 62

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