Wünsche, Wünsche…

Zu allen Zeiten haben Wünsche die Menschen begleitet. „Je mehr man hat, je mehr man will“, vermerkt warnend dazu ein Sprichwort. Das Hoffen auf deren Erfüllung, das wussten schon die Alten, ist aber meist trügerisch. Der Spruch „Hoffen und Harren macht manchen zum Narren“ hat sich nur allzu oft bewahrheitet.

Ob deshalb in der Europäischen Union das traditionelle Bleigießen mit dem Schwermetall zu Silvester seit 2018 verboten ist, weil als Hokuspokus erkannt, ist aber eher zu bezweifeln. Hier mag vermutlich der gesundheitliche Fakt eine Rolle gespielt haben.

Das Geschäft mit der Esoterik aber blüht wie seit langem nicht mehr, vergleichbar mit der Zeit vor etwa hundert Jahren. Ein überdeutlicher Fingerzeig auf die krisenhafte Gegenwart, in der die Menschen immer mehr in Notsituationen gedrängt werden, das Vertrauen in die Gesellschaft verloren haben und gar die Hoffnung an eine bessere Zukunft. Beschwörungsformeln wie „Wir sollten zusammenstehen und darauf achten, dass uns gemeinsam Errungenes nicht wieder aus der Hand gleitet.“ wirken dabei wie hilflose Wunschvorstellungen. Da sind die Beschlüsse des Radebeuler Stadtrates zur Aufrechterhaltung der Schwimmhalle trotz steigender Kosten und zur Anpassung der Förderung der Vereine an die Inflation, hingegen begrüßenswerte praktische Schritte.

Der Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist einer ausschließlichen Gegenwartsbezogenheit gewichen. Für den „Fortschritt“ lohnt es, sich nicht mehr anzustrengen, wird er doch eher als eine Bedrohung empfunden. Kein Wunder, dass der Klimaschutz nicht vorankommt. Früher sollten mit dem Feuerwerk zu Silvester die bösen Geister vertrieben werden. Heute gewinnt man eher den Eindruck, dass sie dadurch herbeigerufen werden.

Bleibt die Frage, wie es zu diesem Wandel kommen konnte. Wie bereits vor hundert und mehr Jahren, rufen auch heute Krisenzeiten, Kriege, Dürren, Hungersnöte, Katastrophen oder Teuerungen irrationale Reaktionen und Erklärungsformeln hervor, befördern sie Sündenböcke und Aberglauben. Mehr als ein Drittel der bundesdeutschen Gesellschaft neigt gegenwärtig dazu, die Wirkung von „Glücksbringern“ und „Heilsteinen“ für möglich zu halten. Ja, selbst einige Krankenkassen bezahlen verordnete homöopathische Präparate nach dem Motto „es kann ja nicht schaden“. Glaube soll also doch Berge versetzen. Vom Absturz der Leichtgläubigen liest man allerdings eher seltener.

Aber es sind nicht nur die unsicheren Verhältnisse, die die Menschen verwirren. Vielmehr werden aus egoistischen, macht-politischen sowie gewinnorientierten Interessen diese Verwirrungen erst bewusst herbeigeführt. Aus den Ängsten der Menschen lässt sich eben wunderbar, im eigentlichen und übertragenen Sinne, Profit schlagen. Da die Vorgänge in der Welt vielfältiger und differenzierter geworden sind, reichen einfache Erklärungsmuster oftmals nicht mehr aus. Da kommen die Quacksalber, Handaufleger und Hasardeure zum Zug, die über pseudowissenschaftliche Abhandlungen Heilsversprechungen und andere Hilfen aus prekären Lebenslagen anbieten. Es geht also immer ums Geschäft, aber eben nicht nur. Mitunter geht es auch einfach nur um die Durchsetzung einer Meinung, Position oder Machtdemonstration. Wer eine Kunstpreis-Jury zu einem hohen Grad mit Vertretern aus Verwaltung und Politik besetzt, will kein künstlerisches Urteil abgeben. Wer fachliche Argumente einfach vom Tisch wischt, weil er meint, auf der Hierarchie-Leiter ganz oben zu stehen, verhindert jede sachliche Problemlösung. Selbst die hellsichtigen Erkenntnisse des Club of Rome über die „Grenzen des Wachstums“ wurde vor fünfzig Jahren in den „Giftschrank“ eingeschlossen. Bleibt zu hoffen, dass der Erkenntnis nunmehr die Taten folgen.

Aberglaube hat mit dem Gefühl der Machtlosigkeit und des Ausgeliefertsein zu tun. Der Mensch aber verliert nicht gern die Kontrolle über sich und seine Umwelt. Deshalb hat der Aberglaube in Krisenzeiten Konjunktur. Er ist letztlich der Versuch, die Kontrolle über sich zurückzugewinnen, Einfluss auf das eigene Schicksal zu nehmen. Der Aberglaube ist aber nicht nur in den klassischen Bereichen der Wunderheiler, Gespenster und magischen Kräften anzutreffen. Vielmehr ist er im Alltag gegenwärtig und auch im angeblich so rational aufgestellten Wirtschaftsleben. Die Handlungen an der Börse sind ein einziges Gemisch aus Neigung, Glaube, Spekulation und Erwartung, welches sich sachlich kaum begründen lässt. So erzielen die Unternehmen an der Börse beispielsweise am Freitag, dem 13. deutlich geringer Gewinne! Diese auch als Paraskavedekatriaphopie bekannte Angst kann man heute auch in anderen Lebensbereichen der angeblich doch so aufgeklärten Gesellschaft antreffen.

Wünsche aber können auch Triebfedern sein, etwas in Bewegung zu bringen, vielleicht auch zum Besseren. Unerlässlich allerdings dafür ist eine Kommunikation auf Augenhöhe.

kuba

 

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