Editorial

Heute Morgen, am 19. September, der Tag beginnt im herrlichsten Altweibersommerflair. Ich höre MDR Kultur. Ein Beitrag über das Landratsamt in Pirna lässt fast die Zahnbürste haken. Was ist passiert? Der Landrat hatte entschieden, eine bereits aufgebaute Wanderausstellung unter dem Titel »Es ist nicht leise in meinem Kopf« über das Schicksal von 35 geflüchteten Menschen, die heute in Schwarzenberg und Umgebung leben, wieder abbauen zu lassen. Mit der Begründung, sie »polarisiere«. Noch vor der Eröffnung, also vorrangig durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes, gab es »Aufruhr«, weil Aussagen der Asylsuchenden über ihre Befindlichkeit jetzt in Deutschland den Betrachtenden missfielen. Aussagen wie »Wir sind eingesperrt wie hinter einer Mauer«, »Ich habe kein Leben in Deutschland« oder »Ich weiß nicht, ob ich hier bleiben will« wurden als un- verschämt empfunden, es sollte doch eher Dankbarkeit gezeigt werden. In dieser Situation reagierte der Landrat mit der Anweisung, die Ausstellung wieder abzubauen. In einer Behörde, welche eine wichtige Stütze der Demokratie sein sollte. Das fasst man kaum! Ob man persönlich alles Gezeigte gut findet, ist doch zweitrangig. Schließlich sollte ja so eine Ausstellung zum Diskutieren anregen und nicht nur gefallen. Ich hoffe sehr, dass entsprechender Protest zur Rücknahme der Rücknahme führt. Asylrecht hat nichts mit Dankbarkeit zu tun, es ist eine Pflicht für jedes Land in unserer Staatengemeinschaft. Wie die Integration gestaltet wird, das ist allerdings die Aufgabe von Politik und Verwaltung. Und über gutes oder nicht so gutes Gelingen zu berichten, ist ein Recht der Betroffenen und könnte zu Verbesserungen führen. Ich schließe in der Hoffnung, dass der Vorfall in Pirna eine Ausnahme bleibt, denn wir als Öffentlichkeit haben es nicht verdient, dass man uns Möglichkeiten zur Information, zur Meinungsbildung und Diskussion vorenthält. Das gilt für diesen konkreten Fall in Pirna genauso wie für Sachverhalte im Verbreitungsgebiet unseres Heftes, die wir als Redaktion kritisch begleiten.

Ilona Rau

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