Jetzt muss endlich mal Schluss sein mit dem Gemecker und Gemotze! Die Bahnhofstraße: keine Parklücken, die kleinen Läden sterben aus, da die zahlreichen Kunden nicht direkt und alle gleichzeitig bis vor das Schaufenster mit dem Auto kommen, die Stadtkultur: ohne Konzept, alle Künstlerinnen und Künstler frustriert, das Lügenmuseum: … ach … Es reicht!
So fühle ich mich nun genötigt, eine Glosse – im wahrsten Sinne des Wortes – den Glossen von Herrn Motzi an den Seitenrand zu schreiben.
Radebeul ist so schön, und Vieles an Positivem ist erreicht oder es wird daran gearbeitet.
Wenn man durch die Straßen läuft, so springt es uns – wie der Hund hinterm Gartenzaun – förmlich an: Unsere Stadt ist viel, viel schöner geworden. In meiner Kindheit schlummerten hinter wucherndem Grünzeug halb verfallene Häuser und Villen. Die Wege und Straßen löchrig, verkrautet und sandig. Und heute? Fast alle Häuser sind hübsch hergerichtet, in die Unkrautecken und Brachen der Stadt (und selbst in Ecken, die gar keine sind) wurden wunderschöne neue Häuser gebaut, modern, der Beton in geraden Linien, kein Gramm Material zu viel. Das belebt doch vortrefflich das altmuffige Stadtbild. Stählerne Zäune und Mauern mit Sandsteinoptik schaffen endlich Klarheit. Die meisten Wege und Straßen sind ordentlich asphaltiert, gepflastert, akkurat von Bordsteinen begrenzt und lassen nun endlich keinen Raum mehr für Pfützen, in denen man sich nass oder gar dreckig machen kann. Toll! Die Kinder spielen doch heute lieber an ihren Plaste-Rutschen oder auf Riesen-Trambolins auf dem englischen Rasen in ihrem Gartenabteil der elterlichen Eigenheimparzelle, statt in Pfützen mit Hölzchen und Papierschiffchen und Regenwürmern. Igitt!
Apropos Hund: Es ist doch mit Freude festzustellen, wie tierlieb unser Radebeul geworden ist. Man trifft auf der Straße kaum noch eine Familie, die nicht einen Hund mit sich führt. Gerade in einer Stadt fühlen sich doch die Vierbeiner wie in ihrem Element.
Die Hinterlassenschaften des Tieres auf Gehwegen und in Parkanlagen werden von den verantwortungsbewussten Tierliebhabern natürlich ordnungsgemäß irgendwohin entsorgt.
Die Anzahl der Hunde hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht. Es freuen sich über dreifachen Umsatz die Radebeuler Fachgeschäfte für Tiernahrung und vor allem der Fiskus über die entsprechende Steuer, wovon die Stadt Radebeul wieder viele schöne Sachen finanzieren kann.
Zum Beispiel die Infrastruktur. Alle Bemühungen richten sich danach, immer mehr und immer größeren Autos die Fahrt um die Ecke und zum Einkaufsmarkt, ja zu allem Fortschritt und Wachstum zu ermöglichen. Und da all die fahrbaren, schön anzusehenden Symbole unseres wohlverdienten Wohlstandes auf ganz natürliche Weise leider auch unser Straßennetz hier und da etwas verschleißen, ist unsere Stadt immer sofort zur Stelle und repariert und flickt und asphaltiert, wo es nur geht. Ein Heer von Straßenbauarbeitern hat so das ganze Jahr über ihr ordentliches Auskommen. Und nicht zu vergessen, die Hersteller und Verleiher von Absperreinrichtungen und Straßenschildern. Das kurbelt doch auch und besonders hier in Radebeul die Wirtschaft an. Noch einmal und: OrtsansässigInnen lernen so ihre Heimatstadt bei ungeahnten Routen immer wieder neu kennen, und die Gäste entdecken – jenseits von ihren tunnelblickartigen Navi-Ansagen – die schönsten Sackgassen von Radebeul.
Denn bei allem liegt unserer Stadt natürlich die Sicherheit der Autofahrer besonders am Herzen.
Ein Beispiel: Ist es nicht eindrucksvoll, wie unzählige Ampeln fast die gesamte Pestalozzistraße entlang auf Rot schalten, sobald der Lößnitzdackel im Haltepunkt „Weißes Roß“ einfährt? Obwohl die Gleise immer schön parallel dem Straßenverlauf folgen und eine Kollision Auto-Eisenbahn gar nicht möglich ist, bleibt der Straßenverkehr stehen. Sicher ist sicher. So kommt mal Ruhe rein und man kann genießen, wie die historische Eisenlok vorüberdampft. Es ist doch schön, dass sich unsere Stadt Radebeul so eine Sicherheitsanlage leisten kann!
Wer jetzt vermutet, dass die VerantwortlichInnen den Verkehrsteilnehmern das vorausschauende, eigenverantwortliche Fahren abgewöhnen wollen, liegt völlig falsch. Das beste Beispiel ist der Bahnübergang des Lößnitzdackels an der Weinbergstraße. Dort, wo überhaupt gar nichts einsehbar ist, hat man extra das Stopp-Schild für die Autofahrer entfernt, warum? Jaaa! Um deren Aufmerksamkeit, das Mitdenken pädagogisch zu fördern!
Ach, da gibt es noch viel Schönes von Radebeul zu berichten. Nicht wahr, Herr Motzi?
Ihre Susi Sorglos

