OSKAR MENZEL, ein Dresdner Architekt in Radebeul

140 Jahre alt wäre Arthur Oskar Menzel im Mai 2013 geworden, das allein könnte schon ein Beweggrund sein, in Vorschau & Rückblick über ihn und seine Häuser zu schreiben. Aber auch die Frage, ob, wie mir scheint, von ihm in Radebeul um 1900 mehr Villen entstanden sind als in Dresden, wäre eine Betrachtung wert. Dazu fehlt bisher eine gründlichere Untersuchung seiner Dresdner Bauten, weshalb ich hier nicht weiter auf die wenigen, mir da bekannten Häuser eingehen möchte. Zum Unterschied zu Radebeul könnten von Menzels Dresdner Bauten 1945 durchaus auch ein paar zerstört und nicht wieder aufgebaut worden sein. Bei meiner Betrachtung der Tätigkeit Menzels will ich sein bisher zu wenig beachtetes Schaffen als Architekt, verglichen mit anderen Dresdner Kollegen aus „der ersten Reihe“ wie Fritz Schumacher, Wilhelm Kreis oder Heinrich Tessenow, etwas genauer betrachten und wenn möglich, positiver bewerten als bislang. Hinzu kommt, dass ich mich mit seinen Radebeuler Häusern hin und wieder während meiner Arbeit in der Denkmalschutzbehörde beschäftigt hatte und so seine „Handschrift“ etwas kenne. Ein wenig für das Thema wurde ich durch zwei frühere Artikel in V+R – „Porträt einer Villa“, von U. Kunze, 04/92 und „Sommerabend in der Villa Sommer – ein Rückblick“, von G. Täubert, 08/11 und den Aufsatz „Prof. Oskar Menzel“ von A. Schröder im Elbhangkurier 08/03 angeregt. Das waren schließlich genug Gründe, mit der Recherche über Menzel in Radebeul zu beginnen.

Villa in Loschwitz, Zeichnung von Georg Erler, 1930

Villa in Loschwitz, Zeichnung von Georg Erler, 1930

Oskar wurde am 1. Mai 1873 in Dresden geboren – sein Vater Julius Menzel war dort Beamter und die Mutter Pauline Menzel, geb. Höhler, Hausfrau. Nach Besuch der Dreikönigsschule entschied er sich 1888 für eine Zimmermannslehre beim Amtszimmermeister H. R. Heine, wo er aucheine Zeit lang als Geselle arbeitete. Von 1889 bis 1893 besuchte Oskar Menzel die Königliche Baugewerkeschule Dresden, danach arbeitete er als Bauzeichner bzw. –techniker an verschiedenen Orten (Pirna, Dresden, Elberfeld). 1897 erwarb er einen zweiten Berufsabschluss als Bauhandwerker/ Maurer. Ab 1896 war Menzel zunächst Gasthörer an der TH Dresden und von 1897 bis 99 Meisterschüler bei Prof. Paul Wallot, dem Architekten des Berliner Reichstagsgebäudes und des Dresdner Ständehauses. Hier lernte er den Architekturstudenten Richard Kolbe, den Bruder des bekannten Bildhauers Georg Kolbe, kennen. Diese Freundschaft fand dann in Loschwitz eine Fortsetzung. Mit dem Diplom in der Tasche eröffnete Menzel noch 1899 in der Dresdner Ferdinandstraße 8, wo er zunächst auch wohnte, ein eigenes Architekturbüro. Interessant ist, dass die ersten Bauten, z.B. Jagdweg 6 und Umbau Eduard-Bilz-Straße 49 in Radebeul, offenbar noch in der Zeit als Student von ihm bearbeitet und eingereicht wurden. Nach der Heirat mit Charlotte Mohrmann (1905) bezogen sie 1907 eine Wohnung in der Schützengasse 11 im Zentrum Dresdens. Die Töchter Barbara (1906) und Ursula (1911) wurden geboren. In diesen 14 Jahren konnten die meisten Bau- und Planungsaufgaben von Villen und Wohnhäusern realisiert werden. Das hing sicherlich sowohl mit der prosperierenden Wirtschaft im Kaiserreich und auch mit seiner Vitalität als junger Architekt zusammen. Kolbe und Menzel konnten um 1900 brach liegende (u.a. eine Auswirkung der Reblauskatastrophe 1885-87) Loschwitzer Weinberge rund um die Robert-Diez-Straße aufkaufen, parzellieren und teilweise selbst bebauen. Eine interessante Aufgabe führte ihn 1908 nach St. Petersburg, wo er für eine internationale Kunstausstellung die sächsischen Räume ausgestalten durfte. Ebenfalls 1908 gewann Menzel einen Architekturwettbewerb für einen Wasserturm in Hamburg.

Bei der Ausführung arbeiteten er und Fritz Schumacher zusammen. 1913 erhielt Oskar Menzel einen Lehrauftrag an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Dresden, den er bis zum Eintritt in die Rente (1938) behielt. Bereits im Jahre 1914 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Einer seiner Schüler war der Architekt Herbert Schneider, der später, also in den 50er Jahren, für einen Teil der Dresdner Altmarktbebauung Verantwortung übernahm. Neu für Radebeuler Leser: ebenfalls 1914 nahm Menzel an einem Wettbewerb für den Kötzschenbrodaer Wasserturm teil – sein 3. Preis wurde aber nicht gebaut. Der ausgeführte Entwurf dieses im Volksmund als „Franzosenturm“ bezeichneten Objekts stammt von den Architekten Richard Müller und Richard Schleinitz. In der Zeit nach dem 1. Weltkrieg und den 20er Jahren wurden die Planungen zwangsläufig kleiner und vielfältiger, weniger Wohnhäuser und weniger realisierte Bauten waren die Folge. Die Zeit der Inflation und Weltwirtschaftskrise traf alle Architekten in ähnlicher Weise. Ein Glück für Menzel, dass seine Lehrtätigkeit weiter bestand. Dienstliche und private Kontakte pflegte er mit den etwa gleichaltrigen, bekannteren Architekten Wilhelm Kreis und Heinrich Tessenow. Neben anderen Erinnerungsstätten entwarf und baute Menzel mit einem schwarzen Kreuz im Fußboden der Frauenkirche ein schlichtes Denkmal für im 1. Weltkrieg gefallene Soldaten, das am 27. August 1933 eingeweiht wurde. Beim Wiederaufbau der Kirche fand dieses Mahnmal leider keine Berücksichtigung. Im Jahr 1937 war er mit einer denkmalpflegerischen Aufgabe betraut worden, der inneren Neugestaltung der Marienkirche in Werdau. Hier ist seine Zusammenarbeit mit dem KirchenmalerMax Helas und Bauleiter Johannes Schuster festgehalten.

Radebeul, Hauptstraße 25/27

Radebeul, Hauptstraße 25/27

Menzel war Mitglied im BDA (Bund deutscher Architekten), der Dresdner Künstlervereinigung „Die Zunft“, 1906 von Hans Erlwein gegründet, sowie der Künstlergemeinschaft „Der Märzbund“. Dadurch erklärt sich, dass er viele Dresdner Künstler kannte und dass er seine Architektur auf technischer Grundlage meist mit künstlerischen Akzenten entwickelte. So spielen bei den Fassaden seiner Radebeuler Villen vor allem barock anmutende Stuckpartien, filigrane Schnitzereien, Fachwerkpartien und interessante Dachformen eine Rolle. Stilistisch sind seine Bauten z.T. als ausklingende Gründerzeitarchitektur (Neobarock), als etwas Jugendstil und auch als Reformbaukunst zu bezeichnen – man kann ihn also stilistisch nicht einem „Schubfach“ zuordnen. Das unterscheidet ihn aber kaum von zeitgenössischen Kollegen.

Radebeul, Jagdweg 6

Radebeul, Jagdweg 6

Die Bauaufgabe Wohn- und Geschäftshaus „Weißes-Roß-Apotheke“ ist insofern interessant, dass hier vor Menzel zwei Kollegen nicht genehmigungsfähige Entwürfe ablieferten und erst Menzels Entwurf Zustimmung bei der Behörde fand. Zu zwei Villen in Radebeul, die man ihm bisweilen zuschrieb, dauern die Klärungen der Urheberschaft noch an: die Eduard-Bilz-Straße 23 ordnet Architekt Thilo Hänsel dem Architekten Max Steinmetz/ Firma Gebr. Ziller zu und eine Ansichtszeichnung im Besitz des Eigentümers der Dr.-Külz-Straße 25 trägt die Unterschrift von Adolf Neumann, Kötzschenbroda. Die Ähnlichkeit der Fassaden, verglichen mit anderen Menzel-Entwürfen, ist frappierend. Es ist möglich, wie mir Dr. Volker Helas, der Verfasser der Denkmaltopografie Radebeul mitteilte, dass es sich auch hier um Entwürfe Menzels handelt, die jedoch von der jeweils ausführenden Firma zur Genehmigung eingereicht wurden und Menzels Name nicht auftaucht. Bei der anschließenden Auflistung Radebeuler Objekte ist jedoch für die Mehrzahl seine Urheberschaft gesichert, einige werden ihm mangels fehlender Bauakten, bzw. nicht signierter Zeichnungen nur zugeschrieben.

Dietrich Lohse (Fortsetzung im nächsten Heft)

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