Was uns Archivakten zu sagen haben

Die Versteigerung der „Hoflößnitz“ im Jahre 1889

Am 24. August des Jahres 1887 veröffentlicht die Kötzschenbrodaer Zeitung folgende Bekanntmachung, die die Einwohner wohl in großen Schrecken versetzt haben wird. Es heißt darin: „Nachdem in den Königlichen Weinbergen zu Oberlößnitz das Auftreten der Reblaus durch den Herrn Sachverständigen konstatiert worden ist, werden alle Weinbautreibenden veranlaßt, die sorgfältigsten Beobachtungen ihrer Anpflanzungen vorzunehmen und dieselben auf das Genaueste zu untersuchen, verdächtige Erscheinungen aber sofort bei der Ortspolizeibehörde zur Anzeige zu bringen. Die hier bestehende Beobachtungskommission wird hiernach das Nötige veranlassen. Der Einlaß in die Weinberge und in die Rebenanlagen der Gärten sowie das Abschneiden einzelner Tauwurzeln hat der Besitzer der Kommission ohne Entschädigung zu gestatten. Kötzschenbroda, den 23. August 1887, W. Vogel, Gemeinde-Vorstand.“ Ähnliches geben auch die anderen Gemeinden bekannt. Ein Reichsgesetz betr. Auftreten der Reblaus war schon 1875 erlassen worden. Am 25. September 1875 wurde ein ständiges Aufsichtsorgan zur Überwachung des etwaigen Auftretens in Sachsen eingerichtet, und dementsprechend Überwachungskommissionen in den Gemeinden gebildet. Doch zunächst scheint man den möglichen Anzeichen weniger Beachtung geschenkt zu haben, bis zur obigen Bekanntmachung. Für die “Hoflößnitz“ hatte man schon einige Jahre zuvor die Veräußerung in Erwägung gezogen, da die Erträge zurückgingen. Die Verwüstungen durch die Reblaus machten die Entscheidung spruchreif. So berichtet die Kötzschenbrodaer Zeitung am 9. Mai 1888: „…hat sich die Regierung entschlossen, den Weinbau aufzugeben und die früheren Weinberge behufs Bebauung zu veräußern….

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Haus „Hoflößnitz“ – Museum und kultureller Mittelpunkt

Ein Anerbieten der Weinbergbesitzer, ihre Bepflanzungen der Regierung zu verkaufen, wurde wegen zu hoher Kosten abgelehnt, und so ist der Ausrottung der Weinstöcke und das Ende des Weinbaus in der Lößnitz beschlossen.“ Wenn auch die „Berliner Post“ ein abfälliges Urteil über den Lößnitzwein fällte und die Meinung vertrat, daß für die Menschheit sein Verschwinden von der Bildfläche kein Verlust sei, so setzte die Kötzschenbrodaer Zeitung doch namhafte Schriften entgegen, die die Güte des Weines betonten, wie z.B. “von besonderem Gewicht ist ein Urteil der Firma Mauson & Jordan in der berühmten Champagnerstadt Rheims über unsere vaterländischen Weine. Diese Autoritäten sprechen sich folgendermaßen aus: Die Elbweine sind den feinsten fremden Weinen gleichzusetzen, und es dürfte nur bei manchen Weinbergsinhabern verbessertes Sortieren der Trauben, Abpressung und Behandlung im Keller stattfinden. – Es ist daher zu bedauern, daß man den Weinbau so leichten Herzens aufgibt.“ Ein Jahr später, am 29, Mai 1889, ist der Regierungsbeschluß vollzogen. „Die Staatsdomäne – ehemaliges Staatsweinberggut Hoflößnitz – wurde am vergangenen Montag in öffentlicher freiwilliger Lizitation im Herrschaftsgebäude zur Versteigerung gebracht. Für die gesamten sieben Parzellen, welche außer dem genannten Herrenhause ein modernes Wohnhaus, eine Reihe Winzerhäuser, Stallgebäude, Presse, das herrlich gelegene Spitzhaus und insgesamt 23 ha 96 ar Berg- und Flachland, dabei wohl 16 Bergterrassen umfassen, wurde ein Höchstgebot von zusammen 95000 Mark erzielt. Vorbehaltlich der Genehmigung des Königl. Finanzministeriums werden die ersteigerten Grundstücke an die drei Ersteher überlassen werden. Die 10 Winzereien gehen ein, die große Treppe nach dem Spitzhaus bleibt bestehen. Bei der Versteigerung wurde das Spitzhaus mit dem Wahnsdorfer Gehöft (Winzerwohnungen) zusammen ausgeboten Die größte versteigerte Parzelle ist die, zu welcher Herrenhaus, Verwalterhaus, Presse und Winzerwohnungen am Preßhof gehören. Dieselbe hat eine Größe von 10 ha 77,4 ar und waren von diesen 10 ha 9,7 ar ehemals Weingelände und Gräserei. Auf diesem Grundstück liegt die Haupttreppe und ruht die Erhaltung der Hoflößnitzer Wasserleitung.“ Soweit der Zeitungsbericht. Fast 500 Jahre zuvor – 1401 – war mit dem Erwerb der sogenannten drei Preßteile mit dem Preßhaus der Weinbergsbesitz der Wettiner in der Lößnitz begründet und in den folgenden Jahrhunderten durch Zukauf und Tausch vergrößert worden. Sachsens Kurfürsten und Könige ließen hier für ihre Keller den Wein erbauen, zuletzt unter der königlichen Domänenverwaltung. Nun – 1889 – im Jahr der 800-Jahn Feier des Hauses Wettin, schien das Ende der „Hoflößnitz“ gekommen. Zwar folgten wieder fast 100 Jahre sehr wechselvoller Geschichte, doch nun ist das Gebäude-Ensemble mit einem zugehörigen Weinbergsgelände wieder zusammengeführt und im Besitz unserer Stadt.

Liselotte Schließer

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