Exkursionen zu verschiedenen Wappen in unserer Stadt (Teil 1)

In einem vierteiligen Beitrag begibt sich Dietrich Lohse auf Spurensuche an historischen Radebeuler Objekten die mit Wappen versehen worden sind. Die heraldischen Zierelemente schmücken die Häuser nicht nur in besonderer Weise, sondern erzählen zumeist auch vieles über deren Eigentümer und Geschichte.

Dieser Beitrag soll die systematischen Auflistungen von Detailgruppen zu bestimmten Themen der Architektur in unserer Stadt Radebeul, die von mir über die Jahre in „Vorschau & Rückblick“ veröffentlicht wurden, fortführen. Häusernamen, bäuerliche Torbögen und Untertraufmalerei waren u.a. solche Themen. Neben der kompletten Objektbeschreibung eines Winzerhauses oder einer Villa reizen mich hin und wieder auch solche Auflistungen, sozusagen Denkmalpflege „scheibchenweise“. Dadurch ergeben sich Aussagen zur Häufigkeit einer bestimmten Detailausbildung oder stilistischen Schmuckform und so sind auch direkte Vergleiche möglich. Im Grunde genommen waren auch die Titelköpfe des Jahres 2011 nichts anderes, hier jedoch ohne den Anspruch auf  Vollständigkeit – es hätte durchaus für noch ein weiteres Jahr gereicht!

Mir geht es heute um Wappen an den Fassaden verschiedener Häuser, wobei ich mich abgrenze vom Radebeuler Stadtwappen (dieses wurde in V+R 09/11 besprochen), von auf Grabsteinen verwendeten Wappen und von wappenähnlichen, künstlerisch gestalteten Zeichen, die für ein Gewerbe stehen, das an diesem Ort ausgeübt wurde bzw. wird (darin sehe ich ein vielleicht später darzustellendes Thema). Die meisten Wappen sind von der Straße aus zu erkennen, nur die, die weit in der Tiefe der Grundstücke liegen, sind im Allgemeinen nicht zu sehen. Für die Reihenfolge bin ich diesmal chronologisch vorgegangen. In erster Linie möchte ich herausfinden, welche Personen mit den Wappen verbunden waren oder sind. Es ist ja gar nicht so selten, dass heutige Eigentümer oder Bewohner eines Hauses mit Wappen keine Kenntnis darüber haben; denen kann geholfen werden. Wir werden erkennen, dass es sich in der Mehrzahl um Adelswappen handelt, dazu Wappen zu anderen nichtadligen Personen und schließlich reine Schmuckwappen ohne jeglichen Personenbezug. Einige dieser Wappen sind prunkvoll gestaltet, oft legen sich um das eigentliche innere Wappen diverse Ausschmückungen wie Girlanden, Wappenhalter, Rüstungsteile und Kronen. Andere sind eher schlicht gehalten und begnügen sich sozusagen mit der Kernaussage, das trifft besonders auf die jüngst angebrachten Wappen zu. Die meisten bei meinen Spaziergängen in Radebeul angetroffenen Wappen liegen in einer Zeitspanne vom 17. Jh. bis zum 20. Jh. – hinzu kommen wenige im 21. Jh. angebrachte Wappen. Ich bin natürlich nicht sicher alle Wappen erfasst zu haben. Bei den reinen Schmuckwappen habe ich mich aber bewusst auf eine kleine Auswahl beschränkt. Meine Arbeit begann im August 2011 und schloss ganz selbstverständlich eine größere Zahl von Konsultationen hinsichtlich des Wappens betroffener oder, wie sich dann herausstellte, nicht betroffener Personen ein. All denen gilt mein herzlicher Dank. Der Kontakt zu adligen Personen, die es zu allen Zeiten in Radebeul gegeben hat, gestaltete sich auf Augenhöhe und meist als sehr angenehm. So erfuhr ich auch, dass es innerhalb des Adels gewisse Abstufungen gibt: niederer Adel (Krone mit 5 Zacken), Freiherr (7 Zacken) und Graf (9 Zacken). Aus der Reihe der Grafen konnten höhere Persönlichkeiten hervorgehen, wie Prinzen, Fürsten und Könige. Nun weiß ich auch, wo das im Volksmund verbreitete Sprichwort „Da fällt dir doch kein Zacken aus der Krone…“ herkommt! Es war trotz aller Kontakte mit Adligen im Zusammenhang mit dem Thema nicht meine Absicht, zum „Hofberichterstatter“ in der „Vorschau & Rückblick“ aufzurücken. Der Bericht über Wappen und zugehörige Personen sollte so sachlich wie möglich ausfallen. Sicherlich kam mir dabei auch zugute, dass ich einige Personen in meiner zurückliegenden Dienstzeit bereits als Denkmaleigentümer kennen gelernt hatte.

Ich muss noch erklären, dass Heraldik (Wappenkunde) eine richtige Wissenschaft ist und mir schon klar war, dass ich bisher nicht sehr tief in diese eingedrungen bin. So erfuhr ich erst kurz vorm Druck, dass bei der Betrachtung eines Wappens der Wissenschaftler dahinter steht und links und rechts anders wahrnimmt als der allgemeine Betrachter, der üblicherweise davor steht – meine Seitenbezeichnung in den Beschreibungen ist also die, eines allgemeinen Betrachters. Ich bin leider immer noch Laie in heraldischen Fragen, bin daher für jeden Hinweis dankbar, falls ich mich an der einen oder anderen Stelle geirrt haben sollte. Das schließt auch Hinweise zu solchen Wappen ein, die ich nicht gefunden und behandelt habe.

1. „Hoflößnitz“ (Knohllweg 37)

Wappen über dem Eingang von Schloss Hoflößnitz

Das den damals ranghöchsten Persönlichkeiten in Sachsen, den Wettinern, gewidmete Wappen finden wir am Weingut „Hoflößnitz“. Das Doppelwappen, hier kein Allianzwappen, wird von einem goldenen Oval mit seitlichen Schwüngen als Standflächen umrahmt und von einem sogen. Kurhut bekrönt. Der rechte Teil des Wappens zeigt das heute noch gültige Sachsenwappen (Familienwappen der Askanier/ Wettiner), bestehend aus einem Wechsel von vier schwarzen und vier goldenen horizontalen Balken, davor von links oben nach rechts unten die diagonale Abwicklung einer grünen Krone (Raute). Im linken Wappenteil sehen wir die gekreuzten roten Kurschwerter (Meißen) vor dem Hintergrund einer oberen schwarzen und unteren weißen Hälfte. Sachsen war zum Zeitpunkt der Errichtung bzw. der Erweiterung der „Hoflößnitz“ von 1648-1650 unter Kurfüst Georg I noch kein Königreich, sondern ein Kurfürstentum. Das Sandsteinwappen ist farbig gefasst, zeigt aber aufgrund der Lage über dem Eingang in der Nordwestecke deutliche Abwitterungen und müsste mal wieder restauratorisch behandelt werden. Die „Hoflößnitz“ ist heute ein kultureller Mittelpunkt Radebeuls und soll nach Aussage der Leiterin, Frau Dr. Giersberg, im Herrenhaus einen inhaltlichen Wechsel vom Weinmuseum zum Museum der Wohnkultur der Wettiner erfahren.

2. Minckwitzscher Pavillon (Obere Bergstraße 30a)

Wappen am Minckwitzschen Pavillon

Eigentlich wollte ich Herrn Wolfram von Minckwitz (Obere Bergstraße 30a) nur besuchen, um ihn zu informieren, dass ich über das Wappen an seinem Pavillon an der Hangkante etwas schreiben und dazu sein Einverständnis einholen möchte. Dabei war mir schon klar, dass es sich bei der barocken Wappenkartusche von 1729 um das Kobersche Wappen handelt. Der Advokat Dr. Casper Christian Kober ließ zwischen 1713 und 1729 die Gebäude auf seinem Grundstück errichten – das Herrenhaus, zwei Winzerhäuser und zwei Pavillons. Das detailreiche Sandsteinwappen am oberen Pavillon ist nur bei Besuchen oder Veranstaltungen zu sehen, also hier nicht von der Straße aus. Leider ist der Zustand des Wappens in den letzten Jahren deutlich schlechter geworden, wohl wegen des weichen Bildhauersandsteins und der reinen Nordlage. Warum die Kobers ein Wappen hatten, ist noch unklar – offensichtlich war der Advokat kein Adliger. Nichts desto trotz ist es sehr schön gestaltet: links im Schild sehen wir zwei sechsstrahlige Sterne übereinander, darüber ein weiterer Stern, rechts drei horizontale Balken. Hinzu kommt ein schuppenförmiger Fond, die zum Ornament verschlungenen Initialen Kobers (eine typisch barocke Erscheinung), die römische Jahreszahl 1729 sowie blattförmige Schwünge als Rahmung. Hier konnte ich auf ein eigenes älteres Foto von 1968 zurückgreifen, wo noch mehr Substanz da ist als heute.

Ich begann das Kapitel mit „Eigentlich…“, weil ich bei dem Besuch nur über ein Wappen reden wollte, aber unverhofft ein Zweites vorfand! Dieses Wappen befindet sich erst seit wenigen Jahren am nicht einsehbaren Anbau des Zwischengebäudes (vormals Remise). Es ist das stilisierte von Minckwitz-Wappen, eine schlichte, schildförmige Sandsteintafel mit drei nach links zeigenden, horizontalen Keilen (im Original schwarz) auf weißem Grund. Das Anwesen ist seit 1853 im Besitz der aus dem Sächsisch-Thüringischen stammenden Familie von Minckwitz, aus der u.a. ein Oberforstmeister und ein sächsischer Kammerherr hervorgegangen sind. In dem heute geteilten Grundstück wohnt außer Wolfram von Minckwitz u.a. auch die Familie seiner Schwester, Frau Wagner, geb. von Minckwitz.

Den zweiten Teil der Serie lesen Sie hier.

schlechtbescheidenmittelmäßiggutexzellent (2 Wertung(en), Durchschnitt: 5,00 von 5)
Loading...
5.730 Aufrufe

Ein Kommentar

  1. Oliver Hund
    Veröffentlicht am Fr, 17. Feb. 2012 um 22:56 | Permanenter Link

    Wettinstr.2: Kyauwappen, Waldstr.20: Wappen v. Arnim, Haus Sorgenfrei:Wappen v. Gregory und v. Friederici, Pavillon hinter Schloß Wackerbarth: Wappen v. Gregory, im inneren gemaltes unbekanntes Wappen, Friedhof Kötzschenbroda: Wappen Othberg, v. Arnim, v. Buchholtz (preuß.) v. Sydow (Pommern),v. Schlieben (sächs. Generalmajor)
    bürgerl. Wappen: Stechhelm
    adelige Wappen: Spangenhelm
    Viel Freude beim Recherchieren!
    oliver Hund

3 Trackbacks

  1. […] Den ersten Teil der Serie lesen Sie hier. […]

  2. […] finden Sie den ersten Teil und den zweiten Teil unserer […]

  3. […] finden Sie den ersten, zweiten und den dritten Teil unserer […]

Kommentieren

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mittels * markiert.

*
*

Copyright © 2007-2024 Vorschau und Rückblick. Alle Rechte vorbehalten.