Artikel für Vorschau & Rückblick Otto Rost Teil 2

Der große kleine Otto Rost

Beginnen möchte ich mit einer Episode, die sich so oder so ähnlich zugetragen haben soll. In den Morgenstunden des 8. Mai 1945 war Major Bukow, Kommandeur einer Pioniereinheit des 5. Garderegimentes und Chef des Bauwesens für Denkmalerrichtung in der Trümmerstadt Dresden unterwegs, um einen Bildhauer zu suchen, der ein Ehrenmal für die gefallenen Russen entwerfen könnte. Als er das Atelier von Otto Rost betrat, war er sich sofort sicher, den Richtigen gefunden zu haben. „Du Spezialist“, meinte er zu Otto Rost und zog eine vorbereitete Skizze aus seiner Manteltasche. Der knapp 1,60 m große und stark verunsicherte Otto Rost wagte zu dem hochgewachsenen Russen zu sagen, dass ihm der Entwurf so nicht zusagen würde. Darauf der Russe: „Nun gutt, mach besser“.
Der Major forderte eine schnelle Fertigung und überwachte alle Arbeiten. Am 25. November 1945 wurde das Ehrenmal auf dem ehemaligen Platz der Einheit, heute wieder Albertplatz, eingeweiht, das erste sowjetische auf deutschem Boden. Weitere Aufträge für Ehrenmale, Monumentalplastiken und für baugebundene Kunst folgten.
Im Jahr 1952 entstand das für Otto Rost wohl wichtigste Werk, der „Mauersberger Totentanz.“ Der Kreuzkantor, Prof. Mauersberger, hatte ihn mit diesem Werk beauftragt. Der Totentanz in der Kreuzkapelle Mauersberg sollte an die vielen Dresdner erinnern, die im Bombenhagel umgekommen waren.
Wie aus den Unterlagen von Ernst-Günter Knüppel, dem Autor der Schriftenreihe „Sächsische Künstler“ zu entnehmen ist, waren alle Auftraggeber mit der Arbeit von Otto Rost sehr zufrieden. Rost stand in der schweren Nachkriegszeit im Zenit seines Schaffens. Er war perfekt ausgebildet, beherrschte alle Techniken seines Berufes und war wegen seiner humorvollen und verbindlichen Art sehr beliebt. Ihn beseelte eine unbändige Arbeitsfreude, auch wenn er körperlich stark gefordert war. In den 40 Jahren seiner Tätigkeit schuf er über 400 große Werke.
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Als Sohn eines Mühlenarbeiters am 16. Juni 1887 in Keuern bei Döbeln geboren, war er schon früh durch eine harte Schule gegangen. Neben seiner Berufsausbildung als Gürtler und Ziseleur, erwarb er sich im Arbeiterbildungsverein Kenntnisse im Zeichnen und Modellieren.
Ab 1909 studierte er an der Kunstgewerbeschule in Dresden, wurde im ersten Weltkrieg eingezogen, war ab 1920 Meisterschüler bei Prof. Georg Wrba an der Kunsthochschule Dresden und von 1939 bis 1945 dessen Nachfolger im Lehramt.

Rost, der die meisten Jahre seines Lebens als freischaffender Künstler wirkte, beteiligte sich an vielen Wettbewerben und großen Ausstellungen. Im Werkverzeichnis Ernst-Günter Knüppels findet man heute die meisten seiner Arbeiten wieder. Und hier entdeckten wir auf Seite 211 unter der Nummer 206 unsere Bronzedame, die „Kniende“, entstanden 1936. Das war für unsere Recherche sehr wichtig, konnten wir doch so die bis dahin unbekannte Schöne nun auch zeitlich einordnen.

Die körperliche Schönheit der Frauen muss Otto Rost immer sehr angezogen haben. Er schuf eine Vielzahl von „Badenden“, „Knienden“ oder „Liegenden“, meist auch als mythologische Figuren. Am Dresden-Neustädter Elbufer, im Rosengarten, finden wir noch eine seiner großen weiblichen Darstellungen dieser Art.
Rost selbst, ein aktiver und begeisterter Sportler, fand viele seiner Themen auch im Sport. Kraft, Grazie und Schönheit ließen sich hier besonders gut verbinden und darstellen. Fast keine Sportart ließ er aus. Für eines seiner Bildwerke wird er 1936 mit einem Kunstpreis bei der Olympiade in Berlin ausgezeichnet.
Als Porträtist muss Rost ebenfalls sehr gefragt gewesen sein, denn im Werkverzeichnis sind über 40 Büsten abgebildet, darunter auch der Architekt Oskar Menzel und das Ehepaar Stosch-Sarrasani.

Fast 40 Jahre lebte und arbeitete Rost in Dresden. 1959 kehrt er mit seiner Frau Klara in seine Heimatstadt, nach Döbeln, zurück.
Hier hatte er 1929 seine erste Gesamtausstellung gezeigt, hier traf er auch immer wieder seine Werke im öffentlichen Raum: seine Figurengruppen am Stadtbad, die Reliefs an den Wohnhäusern der Lindenalle etc.; und hier darf er sich auf dem Dachboden des Rathauses einen Arbeitsplatz für seine letzten Lebensjahre einrichten.
Am 25. Juni 1970 stirbt Otto Rost im Alter von 83 Jahren.
1983 wird sein „Atelier“ im Rathaus „aufgelöst“ und seine Werke „auf Halde geschafft“. 80% seines Nachlasses an Skizzen, Zeichnungen, Fotos und schriftlichen Unterlagen gehen dabei verloren.

Nach wenigen Jahren wäre Otto Rost fast in Vergessenheit geraten, der kleine Mann mit den zu kurzen Armen, der „Plastiker des großen Formates“.
So bezeichnet ihn Ernst-Günter Knüppel in seinem 2006 veröffentlichten Buch „Otto Rost – Leben und Werk“.
Er ist es, der durch seine akribische Arbeit auf 293 Seiten Otto Rost aus seiner Anonymität wieder ins öffentliche Bewusstsein holte. Wir danken ihm dafür.

Gudrun Täubert

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Ein Kommentar

  1. Lars Friedrich
    Veröffentlicht am Sa, 3. Dez. 2016 um 17:28 | Permanenter Link

    Ist bekannt, was aus der Rost-Büste von Wilhelm Schepmann(Dresden) geworden ist?

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