Es gibt Wege in Radebeul, die man einfach gern und oft geht, zumal sie mit Erinnerungen aus früherer Zeit verbunden sind.
In diesem Fall handelt es sich um den Weg ins Paradies. Diesen Weg verbinde ich mit Schulzeit und auch Erinnerungen an eine sehr gute Freundin, die seinerzeit auf dem Höhenweg zuhause war. Heute wohnt sie in einer fernen Stadt und ist immer noch eine sehr gute Freundin geblieben.
Auch heute noch gehe ich diesen Weg immer noch gern, sicherlich auch aus einer gewissen Sentimentalität und eben: Jugenderinnerung.
Seit ein paar Jahren aber auch unter dem Motto „Von einem, der auszog, das Gruseln zu lernen“. Ich meine das in vielerlei Hinsicht.
Es verbinden sich Erinnerungen an die damalige Jugendkunstschule, so hieß sie wohl früher, an das Winzerhaus, ungefähr nach dem ersten Drittel des Weges und nicht zuletzt an das „Haus an den Barnewitzen“ mit tollem Rodelberg, bevor der Weg dann steil ansteigt zu den ehemaligen Gaststätten „Paradies“ und „Sängerhöhe“.
Grusel, warum?
Das Gelände um besagte Schule herum ist planiert und „anspruchsvoller“ Wohnungsbau macht sich breit, die entstandene Brache harrt sicherlich noch auf weitere Zutaten dieser Art. Sollte ich mich täuschen, umso besser. Das genannte Winzerhaus auf dem ersten Drittel, was für eine Kitschoase – ich habe für mich beschlossen, da nie einen Fuß hineinzusetzen. Offensichtlich gefällt es manchen, aber es ist ja kein Muß.
Den Schlusspunkt der Grauslichkeit setzt allerdings das ehemalige Anwesen der Familie Barnewitz.
Es ist nicht wiederzuerkennen. Das Hauptgebäude ist mit den heute realisierten Dachaus- und anbauten total verunstaltet. Vom charakteristischen hohen Walmdach sind fast nur noch die Gratziegel dachbildend. Das ehemals maßvoll hinzugefügte Seitengebäude ist „aufgemöbelt“ und die untergeschobenen Garagen dienen wohl eher dem zukünftigen Wohnen? Von dem umgebenden Gelände ganz zu schweigen: die ehemals sanfte Einbettung des Gebäudes ist wohl passé.
Architekten sind Sachwalter ihres Brötchen- oder in diesem Fall Honorargebers.
Aber zur Ehrenrettung unseres Berufsstandes, der architektonische Entwurf ist immer nur so gut, wie der umzusetzende Bauherrenwunsch es zulässt. Das sind nicht nur finanzielle Bandagen, das sind auch räumlich-funktionelle und ästhetische Ansprüche, die umzusetzen sind.
In diesem Fall kann man erahnen, was es heißt „Weiterbauen am Denkmal“. Dieses Denkmal ist vor Bedrängnis durch An- und Zubauten gestorben.
Ich gehe im vorliegenden Fall davon aus, dass dieses Haus zumindest seinen Denkmalstatus verloren hat, die massive Verunstaltung von Ort und Raum bleibt – da hilft auch kein noch so üppiger Bewuchs.
Aber das Positive zum Schluss: wenn man den Kopf beim Aufstieg ins Paradies konsequent nach rechts dreht, so erkennt man den Zugang in den Paradiesberg. Dort ist ein Platz, von dem man einen wunderbaren Blick ins Tal genießen, kühlen Wein trinken und kleine Speisen zu sich nehmen kann. Das gab es allerdings früher nicht.
Hierbei ist allerdings beim Abstieg danach Vorsicht geboten. Ich spreche aus Erfahrung.
Dr. Dietmar Kunze