Die Genialität eines Malers zwischen Hell und Dunkel

Schon wieder Rembrandt oder Erinnerung an seinen 350. Todestag

Die einzigartige Sammlung des Dresdner Kupferstich-Kabinetts kann es sich erlauben, die gegenwärtige Ausstellung vorwiegend aus dem eigenen Fundus zu bestücken. Es wurde allerdings bei der Kuratierung wert darauf gelegt, Rembrandts Arbeiten mit rund 50 Radierungen und Zeichnungen aus dem Kreis seiner Schüler zu ergänzen. Die Reihe derer, die ihr Selbstporträt in Auseinandersetzung mit der zeichnerischen Meisterschaft Rembrandts verstanden, gehörten Künstler wie Benedetto Castiglione (1609-1664),

Rembrandt van Rijn, Bildnis Sakias als Braut, 1633, © Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / bpk, Foto: Jörg P. Anders

Jonathan Richardson (1667-1745), Francisco de Goya (1746-1828) Lovis Corinths (1858-1925) deren ausgesprochene sinnliche Zeichnungen mit der Grafik Rembrandts korrespondierten. Selbst Käthe Kollwitz(1867-1945) ist zu entdecken oder Max Beckmann (1884-1950) und Pablo Picasso (1881-1973). Ebenfalls fehlt nicht der in Dresden geborene Ralf Winkler, alias A.R. Penck (1929-2017) der von sich sagte: „Ich zeichne Rembrandt neu.“ Grafik von Gerhard Altenbourg (1926-1989) ist zu erleben, sowie die französische Künstlerin Marlene Dumas (1953) und William Kentridge (1955).
Kuratiert wurde die Schau von Stephanie Buck und Jürgen Müller, der an der TU-Dresden Mittlere- und Neuere Kunstgeschichte lehrt. Gleichzeitig ist er inhaltlich für einen großen Teil der Katalogtexte verantwortlich. Als Assistenzkuratorin der Ausstellung zeichnete Mailena Mallach verantwortlich. Insgesamt, so Direktorin Stephanie Buck, seien 300 Arbeiten von Rembrandt und seinen Schülern zu sehen. Im Mittelpunkt stehen am Anfang zwei Gemälde aus der „Galerie Alte Meister“ Dresden. Eins davon ist das berühmte Hochzeitsbild mit seiner Frau Saskia auf dem Schoss. Der Maler prostet dem Betrachter mit einem Bierglas zu und macht ihm zum Komplizen seines gegenwärtigen Glücks. Rembrandt selbst stammt im Gegensatz zu seiner Frau Saskia, die die Tochter eines reichen Kunsthändlers ist, aus einfachen Verhältnissen. Die Ausstellung strukturiert Rembrandts Werke und die der flankierenden Gäste in fünf Kapitel. Der Maler selbst markiert den Ausstellungsanfang mit verschiedenen Selbstporträts. Die Radierung bietet ihm dabei die geeignete Folie.
Das zweite Ausstellungskapitel „Rembrandt und Saskia“ widmet sich seiner 1642 verstorbenen Frau, die nur 29 Jahre alt wurde. „Mit etwa zwölf Zeichnungen und Radierungen wird diese Werkgruppe in der Schau zum ersten Mal zu sehen sein mit der Pinselstudie, „Saskia im Bett.“ Ergänzt von dem mit Silberstift ausgeführten Berliner „Verlobungsbildnis“. Saskia die ein beträchtliches Vermögen in ihre Ehe einbrachte, erwirkte 1641 nach der Geburt ihres Sohnes Titus per Testament, dass Rembrandt, falls ihr etwas passiert, nicht wieder heiraten darf. Er verliert sonst sein Vermögen, dass, so ordnete Saskia an, zur Hälfte an ihren Sohn Titus gehen sollte und den Rest des Vermögens sollte ihre Herkunftsfamilie verwalten. Titus war schließlich nur ein Jahr alt als seine Mutter starb.

Rembrandt van Rijn, Hundertguldenblatt, um 1647/49 Foto:Kupferstich-Kabinett

Der dritte Abschnitt widmet sich Rembrandt als Lehrer. „Der Künstler wird fassbar, etwa wie er mit energischem Strich Schülerzeichnungen korrigiert,“ so Buck.
Das vierte und zentrale Kapitel „Werkprozess“ fragt nach der Bildfindung in Zeichnung und Druckgrafik. Der Mittelpunkt dieses Prozesses sei das berühmte „Hundertguldenblatt“ von 1648, erklärt Professor Jürgen Müller. In unmittelbarer Nähe sind ebenfalls drei Druckzustände der Kaltnadelarbeit „Ecce Homo“ zu sehen.
Das fünfte und letzte Kapitel ist mit „Licht und Schatten“ ausgewiesen, eine Besonderheit des Künstlers Rembrandt, um nicht nur praktische Lebenssituationen darzustellen. Durch den besonderen Einsatz von „Hell und Dunkel“ gelingt es ihm gekonnt auf die Metaphysik des Menschen und die Fragilität seiner Existenz hinzuweisen.
Nach dem Tod seiner Frau Saskia führte Geertje Dircks seinen Haushalt (1643-49). Ergänzend möchte ich erwähnen, dass um 1649 Hendrickje Stoffels in Rembrandts Haus in Amsterdam zog und bis zu ihrem Lebensende seine Gefährtin und sein Modell blieb. Sie war neben seiner früh verstorbenen Frau Saskia seine wichtigste Gefährtin, die er aber durch Saskias Testament nicht heiraten durfte. Das Paar hatte eine gemeinsame Tochter.

Selbstbildnis mit Saskia

Der weltberühmte Künstler Rembrandt sammelte selbst leidenschaftlich Kunstgegenstände. Da ihm das wirtschaftliche Vermögen fehlte, geriet er in Zahlungsschwierigkeiten. Seine Mobilien wurden beschlagnahmt (1656/60). Seine Kunstsammlung und sein Haus versteigert. Rembrandt zog in die Rosengracht. Hendrickje und sein Sohn Titus eröffneten einen Kunsthandel. Sie retten Rembrandt vor dem Zugriff seiner Gläubiger und stellen den Künstler als Sachverständigen ihrer Kunsthandlung ein.
Rembrandt Harmensz van Rijn, 1606 geboren in Leiden, stirbt in Amsterdam 1669. Das letzte seiner berühmten Selbstbildnisse steht auf der Staffelei. Und das erschütternde Gemälde: „Heimkehr des verlorenen Sohnes“.

In direkter Auseinandersetzung mit „Rembrandts Strich“ hat sich die in Prag arbeitende Künstlerin Adéle Soucková (geb. 1985) mit dem Kernthema „Selbst“ auseinandergesetzt und im Foyer des Kupferstich-Kabinetts Dresden eine raumgreifende Installation geschaffen. Im Studiolo flankiert die Videoarbeit mit dem Titel „Junks“ der niederländischen Künstler Jeroen de Rijke und Willem de Rooij die einzigartige Ausstellung des Kupferstich-Kabinetts zu Rembrandts 350. Todesjahr.

Angelika Guetter

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