200 Jahre Freischütz. Deutsche Nationaloper oder romantische Gruselstory?

Als ich 1978 als Lehrerin für Physik und Mathematik an einer Polytechnischen Oberschule in Coswig gefragt wurde, ob ich nicht noch für Musikunterricht einspringen könnte, dachte ich mir: Warum nicht? Ich sang gern und drei Jahre Klavierstunde konnte ich auch aufweisen. Richtige Musiklehrerinnen und Musiklehrer mögen den Kopf schütteln, aber mir meine Naivität verzeihen. Die Direktion freute sich über meine Zusage sehr. Also hinein ins Abenteuer! Die Klassen 8 und 10 durfte ich „beglücken“. Der Lehrplan sah vor, dass in der 8. Klasse in einer Unterrichtseinheit von 4 Stunden anhand der Deutschen Nationaloper „Der Freischütz“ die Kinder in die Welt der Oper eingeführt werden.

Jane Taubert, Vertreterin des Intendanten der Landesbühnen Sachsen GmbH, Dr. Romy Donath, Leiterin des Carl-Maria-vonWeber-Museums, Christina Ludwig, Leiterin des Stadtmuseums Dresden und Ulrike Hantsche, Vereinsvorsitzende des Fördervereins Seifersdorfer Schloss e.V.

In der Unterrichtshilfe fand ich unter der Überschrift „ C.M.v.Weber als Vorkämpfer einer nationalen Opernkunst“, fand ich gleich unter „Hinweisen zur Ziel- und Aufgabenstellung:

…Wichtigstes Ziel der Opernbehandlung ist das Bewusstmachen der Wechselbeziehungen von Komponist und Gesellschaft und der daraus resultierenden gesellschaftlichen Funktion der Oper.

In dieser Hinsicht ist das emotionale Erlebnis vor allem durch historisch-biographische und musikdramaturgische Kenntnisse zu fundieren. Aus der dramaturgischen Konzeption sollen die Schüler erkennen, dass die historisch-konkrete Zielsetzung der Oper „Der Freischütz“ im Kampf gegen Aberglauben und erstarrte Lebensformen besteht. Carl Maria von Weber ist als entscheidender Bahnbrecher einer nationalen deutschen Opernkunst zu würdigen.“

Für die 1. Stunde galt: „Die Einführung in die Opernhandlung und das Bewusstmachen der dramaturgischen Konzeption hat schwerpunktmäßig die Volksverbundenheit und die in der Oper enthaltene Gesellschaftskritik herauszuarbeiten.“
Ob mir das so gelungen ist? Auf alle Fälle fanden die Musikbeispiele bei den Kindern großen Anklang.

Heute könnte man spaßeshalber fragen, ob die Landesbühnen Sachsen damals diese . Hinweise auch in ihren Inszenierungen des „Freischütz“ beachtet haben. Das Stück hat in den Landesbühnen eine lange Tradition. Nach dem Umzug von Dresden Gittersee nach Radebeul feierte die damalige Landesoper Dresden mit diesem Werk am 20. September 1950 ihre erste Premiere. Nachdem Anfang 1956 aus der Landesoper die Landesbühnen Sachsen geworden waren, ringen seit Sommer 1956 Max und Kaspar alljährlich auf der Felsenbühne Rathen um die Hand Agathes.

Und was ist nun zum 200jährigen Jubiläum des „Freischütz’ “ geplant?

Petra Grubitzsch, langjährige Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit der Landesbühnen Sachsen GmbH, leitete der Redaktion von „Vorschau und Rückblick“ eine Einladung der Museen der Stadt Dresden weiter. Geladen war zum Pressegespräch in das Carl-Maria-von-Weber-Museum Dresden Hosterwitz. Im Garten des Museums informierten Richard Stratenschulte, Leiter Öffentlichkeitsarbeit der Städtischen Museen Dresden, Jane Taubert, Vertreterin des Intendanten der Landesbühnen Sachsen GmbH, Dr. Romy Donath, Leiterin des Carl-Maria-von-Weber-Museums, Christina Ludwig, Leiterin des Stadtmuseums Dresden und Ulrike Hantsche, Vereinsvorsitzende des Fördervereins Seifersdorfer Schloss e.V., über die geplanten Aktivitäten der drei Einrichtungen für 2021.

Das Carl-Maria-von-Weber-Museum Dresden nimmt das Jubiläum zum Anlass, um gemeinsam mit den Landesbühnen Sachsen Radebeul und dem Schloss Seifersdorf dieses Ereignis mit Veranstaltungen und einer Ausstellung zu würdigen. Dabei sollen die Entstehung des Werkes, aber auch dessen Rezeption während der Zeit des Nationalsozialismus und in der DDR beleuchtet werden.

In der Ausstellung wird auch auf die Uraufführung am 18. Juni 1821 im Berliner Schauspielhaus eingegangen. Zu verdanken war diese dem Enkel des sächsischen Premierministers Heinrich Graf von Brühl, Carl von Brühl, der in Seifersdorf bei Radeberg die Konzeption zur Oper mit Carl Maria von Weber besprach und die Oper im Auftrag gab. In Hosterwitz, im heutigen Carl-Maria-von-Weber-Museum, traf sich der Komponist wiederum mit dem Librettisten Friedrich Kind. Hier ersannen sie auch einen positiven Ausgang für den ursprünglich tragisch endenden Sagenstoff.

Anfang des 19. Jahrhunderts löste die „Jägeroper“ mit gegossenen Freikugeln, einer tiefenpsychologisch interessanten Liebesgeschichte, religiös mythologischen Anklängen und volkstümlichen Melodien Begeisterungsstürme aus und inspirierte beispielsweise Richard Wagner zu seiner Komponistenlaufbahn. Für die Stadt Dresden hat das Bühnenwerk noch eine besondere Bedeutung. Diese Oper war die letzte, die in der Semperoper vor ihrer Zerstörung erklang, und 1985 wurde die wieder aufgebaute Semperoper auch mit diesem Werk eröffnet.

Für die Landesbühnen Sachsen bedeutet die Kooperation konzertante Aufführungen der Oper „Der Freischütz“

im Garten des Carl-Maria-von-Weber-Museums am
20.6.21, 17 Uhr, 26.6.21, 20 Uhr und 11.9.21, 17 Uhr,
im Schloss Seifersdorf am
6. Juni und 12. September 17.Uhr und
zu den Meißner Burgfestpielen am
18.Juni 21, 20.30 Uhr.

(Alle Termine sind natürlich unter Vorbehalt der Covid-19 Entwicklung)

Die Ausstellung im Carl-Maria-von-Weber Museum in Kooperation mit den Landesbühnen Sachsen ist geplant vom 28.8. – 19.12.2021.

An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei Petra Grubitzsch für die langjährige gute Zusammenarbeit. Sie wird am Ende der Spielzeit in den Ruhestand gehen, was auch immer dies für sie bedeuten mag. Wir hoffen weiterhin auf vielseitige Kontakte mit „Vorschau & Rückblick“.

Ilona Rau

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