Eine Glosse

Frauentag?

Na typisch, werden die Leserinnen jetzt aufschreien, da kommt er wieder zu spät, der Herr Motzi! Frauentag war vor einem Monat!

Um ganz ehrlich zu sein, bei mir gibt es gar keinen Frauentag, einen Männertag aber auch nicht. Besaufen kann ich mich das ganze Jahr über, da brauche ich keinen extra Tag dafür. Schließlich ist meine Frau auch nicht nur am Frauentag eine Frau. Und einen Rucksack – mal bildlich gesprochen – haben wir ja alle zu tragen. Die Frage ist doch nur, wo wir diesen Rucksack her haben beziehungsweise, wer ihn uns angedreht hat. Da scheinen mir die Ansichten nun doch reichlich auseinander zu gehen.

Katja Kulisch meint jedenfalls, dass sich die Frauen ihren Rucksack vor etwa 300.000 Jahren aufgelesen haben könnten, als die Sippen in Höhlen lebten und die Männer immer auf der Jagd waren. Also nicht nach Frauen, sondern nach Schnitzel und Elefantenkeulen. Für eine Fleischmahlzeit musste man damals, wie Forscher herausgefunden haben wollen, noch 75 Kilometer laufen! Da hatten die Männer natürlich keine Zeit, die Höhle auszukehren oder etwa die Kleinen in den Schlaf zu wiegen. Andererseits kann doch wirklich keiner behaupten, dass sich damals die Männer nicht um ihre Sippe sorgten. Es war eben diese Fähigkeit zu einer gemeinsamen arbeitsteiligen Tätigkeit, die den Homo sapiens hervorbrachte und durch die er sich vom Menschenaffen trennte. Sonst würden wir vermutlich heute noch alle auf den Bäumen sitzen.

Auch wenn die Evolution des Menschen nicht aufhört, habe ich bisher noch nie von einem „Frauen-Kümmerin-Syndrom“ oder gar von der Herausbildung eines „Sorge-Gens“ bei Frauen gehört.

Diese Problematik scheint mir doch mehr mit der Kulturgeschichte der menschlichen Gesellschaft zusammenzuhängen – also eher hausgemacht. Keine Frage, die von Katja Kulisch aufgezeigte Doppelbelastung der Frau ist real vorhanden. Sie scheint gar „evolutionsbiologisch“ begründbar zu sein, können Männer nun mal keinen Nachwuchs gebären. Den Frauen aber gewissermaßen die Schuld an dem Umstand noch in ihre Schuhe zu schieben und glaubhaft machen zu wollen, dass deren Situation durch persönliches Aushandeln mit dem männlichen Partner grundlegend zu verbessern wäre, mutet letztlich wie eine Verhöhnung an, zu der die patriarchalische Gesellschaft und deren später teils christlich geprägter Alltag nicht unwesentlich beigetragen haben. Da war freilich die „Rippe vom Adam“ nur eine Etappe auf dem Weg bis heute, wo Frauen in dieser Bundesrepublik im Jahr 2020 immer noch im Schnitt 18 Prozent weniger verdienten als Männer und die Spitzenwerte schon mal um die 30 liegen können! Davon liest man allerdings nichts in Katja Kulischs Titelbeitrag des Radebeuler Amtsblattes vom 1. März 2022.

Soziologisch spielten Frau, Familie, Haushalt eher eine untergeordnete Rolle in der Gesellschaft, auch wenn die Erforschung der Sozialgeschichte in den letzten 20 Jahren geradezu in Mode gekommen ist. Nicht nur die festgefahrenen althergebrachten Rollenklischees dominieren, wenn etwa die Historikerin und Soziologin Merith Niehuss noch 1999 von den „hinzuverdienenden Mütter[n]“ schrieb. Die Tatsache, dass sich heutzutage, wie etwa in den 1950er bis 1970er Jahren, die Berufsauswahl für Frauen in der BRD nicht nur auf Friseuse, Verkäuferin, Sekretärin, Lehrerin oder Erzieherin beschränkt, hat zweifelsfrei mit dem Aufkommen des Neoliberalismus, aber auch der stärker gewordenen Frauenbewegung zu tun. Die kapitalistische Durch-Organisation aller Lebensbereiche der Gesellschaft, führte letztlich zu dem etwas makabren Volksspruch „Gott erhalte mir die Arbeitskraft meiner Frau“.

Merith Niehuss sieht dies vermutlich ähnlich, wenn sie sich als Präsidentin der Bundeswehrakademie München insbesondere für die Förderung „weiblicher Nachwuchskräfte“ und einer verstärkten Forschung in der Nanotechnik einsetzt, welche auch den weiblichen Bundeswehrkräften bei der Bekämpfung der Gegner Vorteile verschaffen soll. Das erleichtert mit Sicherheit den aufgebürdeten Rucksack, meint

Euer Motzi

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