Ergänzung zum Artikel „Winzerhaus und Villa im Doppelpack“ in V+R 09/22
Während der Vorbereitung des o.g. Artikels hatte ich einen Brief an die Uhrenfabrik Lange & Söhne, Glashütte, geschrieben und um Auskunft zu zwei Personen dieser Industriellenfamilie gebeten. Sie erschienen als Eigentümer oder Bewohner der Adresse Weinbergstraße 32 in Radebeul. Leider hatte sich der Briefwechsel so lange hingezogen, so dass das Ergebnis nicht in den Artikel eingearbeitet werden konnte. Nun liegt mir das Schreiben aus Glashütte vom 29.09.22 vor, das im Wesentlichen meine Angaben im Artikel stützt, aber auch Fakten ergänzt, die es m.E. wert sind, in einem Nachtrag dargestellt zu werden.
Da es sich bei dem Betrieb von A. Lange & Söhne um eine der berühmtesten alten Uhrenfabriken in Deutschland handeln dürfte, möchte ich den mit Radebeul verbundenen Familienzweig hier kurz darstellen. Und, was die Berühmtheit dieser Glashütter Uhrenfabrik anbetrifft, möchte ich nur auf staunenden Experten und die mit der Zunge schnalzenden Händler bei der bekannten ZDF-Fernsehreihe „Bares für Rares“ verweisen, wenn mal wieder eine goldene Lange-Taschenuhr um 1900 mit mehreren Schikanen aufgerufen wird.
Der Gründer dieser Glashütter Uhrenfabrik war 1845 der Dresdner Uhrmacher Ferdinand Adolph Lange (1815-1875). Zehn Tage nach der Gründung des Betriebes wurde am 17. Dezember 1845 der älteste Sohn Richard geboren. Mit seiner Frau Antonia, geb. Gutkaes, hatte er sieben, eine damals durchaus übliche Zahl, Kinder, darunter den jüngeren Bruder Emil. Die Brüder Richard und Emil erlernten dann auch das Uhrmacherhandwerk. Richard trat 1868 in den väterlichen Betrieb ein und übernahm 1875 nach dem Tod des Vaters zusammen mit dem Bruder Emil den Betrieb, der seither als Uhrenfabrik A. Lange & Söhne firmierte – Richard Lange übernahm die technische und Emil Lange die kaufmännische Leitung. Der Betrieb entwickelte sich nun rasch, konnte einige Neuerungen im Uhrenbau als Patente anmelden und hatte guten Absatz. 1887 schied Richard Lange aus gesundheitlichen Gründen aus dem Betrieb aus, blieb aber noch freier Mitarbeiter und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte. Emil Lange (1849-1922) führte nach 1887 die Firma weiterhin unter dem bekannten Namen Uhrenfabrik A. Lange & Söhne, er trug den Titel Kommerzienrat.
Richard Lange kaufte 1908 als Altersruhesitz ein Grundstück in „Großlößnitz“, womit die heutige Weinbergstraße 32 in Oberlößnitz (OT von Radebeul) gemeint ist. In das betriebliche Geschehen in Glashütte war er weiterhin locker eingebunden, so konnte er noch 1930 das Patent für eine neue Stahllegierung anmelden, wodurch die Laufleistung der Uhrenfedern verbessert wurde. Am 29. Oktober 1932 stirbt er 86-jährig, wahrscheinlich in Oberlößnitz. Mit seiner Frau Rosa, geb. Rössner, hatte er sechs Kinder, von denen zumindest Sohn Alfred (1884-1968) noch nach 1945 in der Villa in Oberlößnitz gelebt hat.
Alfred Lange soll eine Behinderung, wahrscheinlich eine Gehörlosigkeit, gehabt haben. Wie sein Bruder Felix (1879-1965) hat er auch eine Uhrmacherlehre absolviert haben, später führte er ein eher zurückgezogenes Leben und war im Radebeuler Grundstück noch gärtnerisch tätig.
Bisher war in Radebeul kaum bekannt, dass Richard Lange, ein namhafter deutscher Industrieller, etwa 22 Jahre seines Lebens hier verbracht hatte; auch das Stadtlexikon nennt ihn bisher nicht. Durch den Schriftwechsel mit der Uhrenfabrik können wir nun auch ein Portraitfoto von Richard Lange in unserem Heft veröffentlichen – ich bedanke mich bei Frau Kirsten Hultzsch von der heutigen Lange Uhren GmbH in Glashütte für ihre Unterstützung meiner Recherchen.
Dietrich Lohse