Mit Herz und Verstand

Ein Nachruf auf Christian Schmidt (*1.12. 1957 in Görlitz, +22.4. 2023 in Radebeul)

Bild: H. König

Ein Mann der lauten Worte, des energischen Auftretens war Christian Schmidt nie gewesen. Nein, er war ein Mann des Ausgleichs, der Mitte, einer, der Herz und Verstand in Einklang bringen, einer, der Menschen verbinden und zusammenführen konnte. Wohl auch deshalb wurde Christian Schmidt in den Wendewirren 1989/90 durch das Ensemble der Landesbühnen Sachsen zum kommissarischen Intendanten bestimmt, mit Matthias Liebich und Horst Mendelsohn als Berater an seiner Seite. Zu diesem Zeitpunkt war Schmidt erst gut zwei Jahre fest als Opernregisseur am Radebeuler Haus engagiert gewesen, hatte aber vor 1987 schon als Gast mit Humperdincks „Hänsel und Gretel“ und Verdis „Rigoletto“ Kostproben seines Könnens gegeben. Geradezu legendär sind inzwischen jedoch die Umstände, unter denen Schmidt im Herbst 1991 vom Übergangsintendanten zum ordentlich berufenen Intendanten wurde. Selbst Teil der Auswahlkommission für seine Nachfolge zu sein war für Schmidt nicht das Problem – ein Problem hatte er mit den anderen 25 Bewerbern und deren Plänen für die künstlerische und organisatorische Ausrichtung des Hauses, das sich wie alle Kultureinrichtungen der ehemaligen DDR neu (er-)finden musste. Während des laufenden Prozesses verließ er nach Beratung mit Familie und Freunden die Kommission, bewarb sich selbst – und machte das Rennen. Zu diesem Zeitpunkt – Schmidt war noch keine 35 Jahre alt – war er der jüngste Theaterintendant Deutschlands. Als er 20 Jahre später, im Herbst 2011, als Intendant der Landesbühnen trotz laufenden Vertrages bis 2013 erschüttert von den Spardebatten in unserem Freistaat abtrat, war er zum dienstältesten Intendanten geworden und mit den Fährnissen und Fallstricken des bundesdeutschen und besonders sächsischen Kulturbetriebes nur zu gut vertraut. Die ermüdenden Kämpfe um Zusammenlegungen, Stellenstreichungen, Budgetkürzungen unter dem Schlagwort der effizienten Verwendung von Steuergeldern sollte fortan ein anderer führen müssen, und also wurde Manuel Schöbel sein Nachfolger. In der Sächsischen Zeitung und auch den Dresdner Neuesten Nachrichten (jeweils 9.5.23) sind Schmidts bleibende Verdienste um die künstlerische und strukturelle Qualität des Radebeuler Hauses sehr angemessen gewürdigt worden, worunter der noch immer frisch und zeitgemäß anmutende Neubau des Stammhauses, der unter Schmidts Ägide errichtet wurde, für alle ein sichtbares Zeugnis ablegt. Ebenso wurde aber auch an den Musikliebhaber und feinfühligen Menschen Christian Schmidt erinnert, der sich u.a. ehrenamtlich bei der Radebeuler Tafel engagierte. Eingedenk all dessen sollte man also auch die Worte aus der Pressemitteilung der Landesbühnen als Zeichen der ehrlichen Wertschätzung lesen, in der es heißt: „Die Belegschaft und Theaterleitung der Landesbühnen Sachsen GmbH erkennen mit großer Dankbarkeit das Erbe seiner gewissenhaften und klugen Führung, auf dem ihr heutiges, künstlerisches Wirken baut. Wir wollen die Arbeit in diesem Sinne fortführen und ihn so in respektvoller Erinnerung behalten.“

Christian Schmidt verstarb nach langer Krankheit bereits am 22. April 2023 in seinem Radebeuler Haus und wurde am 23. Mai auf dem Friedhof Radebeul-Ost beigesetzt.

Bertram Kazmirowski

Mehr zu Christian Schmidts künstlerischem Werdegang ist in zwei Porträts in V&R 11/1991 und 8/1999 zu finden.

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