Als die Läden noch Namen trugen…

Mit dieser Überschrift fand ich in „Vorschau & Rückblick“ Ausgabe Januar 2024 einen interessanten Beitrag von Bertram Kazmirowski.
Er ging sehr anschaulich in einem Spaziergang nochmal mit den Lesern seinen ehemaligen Schulweg entlang und plauderte über seine damaligen Begegnungen mit Menschen und Verkaufseinrichtungen.
Am Ende dieses Beitrages ermutigte und bat er, es ihm gleichzutun und ebenfalls eigene Erinnerungen dieser Art den werten Lesern mitzuteilen. Ich habe mich entschlossen, das zu tun und hoffe, es freut einige Leser und weckt wiederum deren Erinnerungen.

Uropas Tabakladen, ca. 1938, Foto: C. Stangfeld

Mein Name ist Christine Strangfeld geb. Schmidt. – Ich bin in Radebeul-West aufgewachsen, genauer gesagt, auf der Moritzburger Straße. Wir wohnten in der Nummer 34. Dieses Haus kennen viele Radebeuler, da sich darin der Bäcker Kühnert befand. (heute Bäckerei und Cafe Münch).
Als kleines Kind war ich gern bei meiner Oma im „Laden“. Über dem Schaufenster stand der Name meines Opas: Friedrich Müller. Dort gab es Zeitungen, Zeitschriften, Tabakwaren, Schreibwaren, Ansichtskarten…
Da ich schon immer gern Kuchen aß, hat man mir erzählt, ich hätte eines Tages aus dem Laden eine Stange Juwel genommen, wäre hinter in die Konditorstube gegangen und hätte gesagt: „Ich hab hier „Duwelde“ für alle und möchte gern dafür Schokocreme“. Die Gesellen hatten natürlich ihren Spaß und ehrlich wie sie waren, haben sie die Zigaretten wieder zur Oma gebracht (und sich welche behalten dürfen wahrscheinlich). Beim Bäcker zu wohnen fand ich nie verkehrt – bei uns zog immer der Duft durchs Haus von Kuchen, Pfannkuchen, Stollen usw. – und später konnte ich Kuchenränder von Frau Kühnert extra großzügig abgeschnitten – mit in die Schule nehmen und dort glänzen mit meinen Schätzen. Diese Freude hat heut niemand mehr,da die Ränder mit verkauft werden.
Die Oma wohnte gleich hinter dem Laden im Erdgeschoss und faszinierend war auch für mich, dass die Wand hinter dem Sofa im Wohnzimmer immer warm war (das Zimmer grenzte an den Backofen).
Meine Eltern und ich wohnten ganz oben in der 2. Etage. Da gab es so `ne schöne Wand eben nicht.
Mein Schulweg führte die Winzerstraße entlang. Da kam ich am Milchladen vorbei. Bei Frau Schlegel konnte man noch Milch im Krug holen. Ich bekam einen kleinen Krug und diese Milch war dann nur für mich.
Gegenüber war der Frisör Jacob.
Auf der Horst-Vieth-Straße gab es dann noch den Herrn Valeske, der hatte eine Fahrrad- und Nähmaschinen-Reparaturwerkstatt. Da konnte man mit dem Fahrrad hingehen, wenn es ein Problem gab.
An der Kreuzung Gradsteg befand sich der Gemischtwarenladen Landschulz.
Aber so weit gingen wir nicht zum Einkaufen. Wir hatten ja auf der Moritzburger Straße alles, was noch gebraucht wurde. Gegenüber Ecke Winzerstraße war der Gemischtwarenladen Gersten. Mutti sagte immer: „Geh ma zu Gerschtens…“
Dann gab es den allseits bekannten „Heiteren Blick“ Kulturhaus, Gaststätte mit vielen Räumen, großem Saal und früher sogar mit einem Biergarten wie mir erzählt wurde. Zuletzt Kulturhaus der Planeta – nur noch ein Straßenname in der neu entstandenen Siedlung erinnert an dieses Haus (vielleicht sollte mal ein Schild zur Erinnerung oder wenigstens ein kurzer Hinweis zur Namenserklärung angebracht werden).
Wir gehen weiter die Moritzburger Straße jetzt Richtung Süden hinunter. Rechts hatten wir den Fleischer Leschke (heute Wirthgen). Gegenüber war ein Geschäft, da verkaufte Frau Gabriel Textilien, Stoffe und Kurzwaren. Der Eingang befand sich etwas tiefer als der Fußweg und dann gingen auch Stufen abwärts hinein in den Laden, so dass bei starken Regengüssen immer Überschwemmung angesagt war.
Platzregen und große Regengüsse waren immer ein schönes Ereignis für uns Kinder. Da konnte man bei Oma vor dem Laden in einer Riesenpfütze rumpanschen oder auch mal im Sand spielen, der von oben die Moritzburger Straße herab angeschwemmt wurde.
Zu erwähnen wären da noch Bäcker Hein an der Ecke zur Straße am Bornberg und die heute zum Glück noch existierenden Geschäfte: Stern-Drogerie Rau und Farben-Oehme sowie das Bettenhaus Hennl und die Buchhandlung Sauermann auf der Meißner Straße (vormals Wilhelm-Pieck-Straße).
Interessant war auch das „Faber-Haus“. (Haltestelle der Straßenbahn Richtung Coswig) Da war ich nur einmal als Kind und konnte die riesenhohen Holzregale bewundern – ganzer Verkaufsraum in Holztäfelung – und ich fragte mich, was der Verkäufer wohl machen würde, wenn ich von ganz oben als dem Regal was kaufen täten wolle. Aber das hab ich mir ja natürlich sowieso nicht getraut.
Damals war noch der Schreibwarenladen Carl Pittius auf der Bahnhofstraße eine angesagte Adresse für Schreibwaren und Schulbedarf aller Art.
Einmal brachte ein Mitschüler eine Ansichtskarte mit. Darauf waren rein zufällig zwei unserer Lehrer mit abgebildet an der Ecke Moritzburger/Wilhelm-Pieck-Straße vor dem „Tempo“- Laden. Na da rannten natürlich alle zu Pittius, um diese Karte zu erwerben…
Soweit meine Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit.
Ich hoffe, ich habe Sie, liebe Leser, nicht gelangweilt und Ihnen hat dieser kleine Streifzug durch das Radebeul meiner Kindheit gefallen.
Christine Strangfeld

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2 Kommentare

  1. Harald Wennerlund
    Veröffentlicht am Mi, 1. Mai. 2024 um 10:43 | Permanenter Link

    Es kommt mir so vor, als ob ich diesen Artikel schon mal hier gelesen habe, allerdings ohne Foto!?
    Stimmt das, oder werde ich wirklich nun langsam alt!?

  2. Konrad Oeser
    Veröffentlicht am Mi, 1. Mai. 2024 um 11:52 | Permanenter Link

    Guten Tag Herr Wennerlund.
    Danke für die Info. Ja, sie haben recht, der Artikel war schon mal auf der Webseite. Da ist etwas beim beim Versenden der Daten zwischen Chefredakteur und Online-Redaktion durcheinander gekommen und der Text wurde zu früh veröffentlicht.
    Mit freundlichen Grüßen
    Online-Redaktion

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