1. Premiere der neuen Spielzeit an den Landesbühnen Sachsen
Die Premiere zu „The Kraut-Ein Marlene Dietrich-Abend“ sollte bereits im April Premiere in der Studiobühne feiern. Durch die Corona-Pandemie fiel diese aus und nach erneuten Proben, bereits im August mit der Sängerin und Künstlerin Antje Kahn, dem Pianisten Thomas Tuchscheerer unter der Regie von Rebekah Rota und der Ausstattung von Sabine Lindner wurde sie Anfang September bravourös nachgeholt.
Gezeigt wird auf der Bühne eine sympathische, alternde Marlene Dietrich im Rückblick, die ab und an um persönliches Gleichgewicht ringt. Der Regisseur Josef Sternberg (1894-1969) machte die Dietrich in seinem Film „Der blaue Engel“ (1929) zur Legende. Gemeinsam mit Sternberg führte ihre Filmkarriere nach Hollywood (USA). Sie beantragte 1937 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Als Aufführungsort in Europa kam für Marlene Paris in Betracht. Aus Loyalität zu Joeph von Sternberg, der als jüdischer Regisseur im Nazi-Deutschland (1933-1945) weder arbeiten noch leben durfte, lehnte sie wiederholt die aus Deutschland kommenden Film- und Auftrittsangebote ab. Als Marlene von um sie werben wollenden NS-Abgeordneten aufgesucht wurde, lehnte sie höflich, aber bestimmt ab und verwies auf ihren Vertrag mit Sternberg. „Wenn Deutschland einen Film mit Josef Sternberg drehen will, wäre ich sicherlich bereit in Berlin zu arbeiten.“ Mit ihrer amerikanischen Staatsbürgerschaft 1937 wurde Marlene Dietrich für die Nazis dann unerreichbar.
Marlene Dietrich, die 1901 in Berlin geboren wurde und ihre Arbeit als Schauspielerin wie kaum eine andere verstand, hatte unter ihrem Publikum zahlreiche Verehrer von dem Schriftsteller Erich Maria Remarque, dem Schauspieler Jean Gabin bis hin zur Ausnahmesängerin Edith Piaf und dem Schriftsteller Ernest Hemingway. Kein Wunder, dass sich die verführerische Schauspielerin fiktive Szenen ausdachte, wie sie Hitler, dem die Dietrich nie begegnete, um den Finger wickeln konnte, um das Weltgeschehen zu beeinflussen und den 2. Weltkrieg vielleicht sogar verhindern zu können. Sie zeigte in der Praxis Haltung und schloss, obwohl sie ihre Familie in Deutschland hatte, eine Rückkehr nach Deutschland aus.
Als die USA in den 2. Weltkrieg (1941) eintrat, um den Krieg zu beenden, schilderte die Dietrich dem Journalisten Leo Lermann ihre Gründe sich dem „Hollywood Victory Commitee“ anzuschließen. Sie besuchte Soldaten in den Hospitälern, trat zum Amüsement der Soldaten an der Front auf. Die Gefahr der Gefangennahme durch deutsche Truppen war für die Schauspieler und Sänger hoch. Durch die Initiative des Major Generals Arthur R. Wilson wurde ihr als erster Frau 1947 die Medal of Freedom, die höchste Auszeichnung der USA für Zivilisten, verliehen.
Wichtige Filme in denen Marlene Dietrich mitspielte, sind „Zeugen der Anklage“ (1957), „Das Urteil von Nürnberg“(1961) und in den 1950er und 1960er Jahren weltweite Tourneen mit Chansons und Antikriegsliedern u.a. Peet Seegers „Sag mir wo die Blumen sind“.
Marlenes berühmten Lieder erklingen in der Inszenierung von Dirk Heidicke ebenso aktuell, wie damals für die Gis an der Front. Private Einblicke sind erlaubt. Man erlebt die Perfektionistin Dietrich, die sich schließlich radikal aus der Öffentlichkeit zurück zieht, als sie nicht mehr sein kann, was das Publikum von ihr erwartet: Die makellose Verkörperung einer Stilikone, eine Diva, die nicht altert. Die Inszenierung ist ebenfalls aus filmgeschichtlicher Sicht eine empfehlenswerte Inszenierung. Die flankierenden Video-Aufnahmen der Inszenierung stammen von Daniel Rentzsch.
Das Publikum zollte am Premierenabend der Sängerin Antje Kahn, Thomas Tuchscheerer und dem Regie- und Dramaturgieteam verdient anhaltenden Beifall.
Angelika Guetter