Provinzialische Lust zwischen Elbefluss und Lößnitzhang

Ein Beitrag der Radebeuler Stadtgalerie zum Weinjubiläumsjahr 2011

Dem Umstand, dass an den sonnigen Lößnitzhängen außer Millionären auch schmackhafte Weine gedeihen, wird in diesem Jahr besondere Aufmerksamkeit geschenkt. »850 Jahre Weinbau in Sachsen« sind ein würdiger Anlass für zahlreiche Aktivitäten zwischen Pillnitz und Diesbar-Seußlitz rund um diese edlen Gewächse. Wenngleich es der ANZEIGE Stadtgalerie leider nicht geglückt ist, in den gedruckten Jubiläums-Festkalender des Sächsischen Weinbauverbandes zu gelangen, so werden Künstlerfest und Ausstellung immerhin im Internet erwähnt, als digitales Zeugnis thematischer Verbundenheit.

Dass in Radebeul über 60 Bildende Künstler wirksam sind, ist zwar immer noch ein (mehr oder weniger offenes) Geheimnis. Was jedoch die Künstler selber nicht daran zu hindern scheint, ihren Schaffensprozess unverdrossen fortzusetzen und innerhalb wie außerhalb von Radebeul ihre Werke in Ausstellungen zumeist als Einzelkämpfer zu präsentieren. Einmal im Jahr jedoch trifft sich ein Großteil der Radebeuler Künstler mit Kollegen aus der unmittelbaren Nachbarschaft in der Stadtgalerie, sinniert über ein aktuelles Thema und lässt dabei der Phantasie freien Lauf. Was in Folge an Bildern, Zeichnungen, Fotos, Objekten, Installationen, Texten, Filmen usw. entsteht, wird zur spätsommerlichen Gemeinschaftsausstellung gezeigt, an der sich im Weinjubiläumsjahr zirka 40 (!) Künstler beteiligen. Das vorgegebene Thema »Gestalt und Wirkung einer Landschaft« basiert auf einem (unbedingt lesenswerten) Essay von Karl Kröner (1887-1972), der sich als »Maler der Lößnitz«, Kulturpolitiker, Autor und Ausstellungsgestalter über Radebeul hinaus große Anerkennung erwarb. (Anmerkung: Zum 125. Geburtstag des Künstlers wird im kommenden Jahr in der Stadtgalerie eine Gedenkausstellung stattfinden.)

Der Wahl des Themas lag die Erkenntnis zugrunde, dass der Weinbau nicht nur die Gestalt der Lößnitz, sondern auch die Mentalität ihre Bewohner maßgeblich geprägt hat. Ein solch weites Feld zu beackern, ist für Künstler natürlich äußerst interessant. Die heitere Symbiose aus Landschaft und Architektur, die beschwingte Silhouette der Lößnitzberge (gleich einer Theaterkulisse), lösen im Alltag der Radebeuler immer wieder Glücksgefühle aus. Dabei sind sie sich wiederum durchaus bewusst, dass es ein Privileg ist, an einem solchen Ort – umgeben von so viel Schönheit – leben zu dürfen. Sie selbst wirken (will man den Reiseführern Glauben schenken) recht sympathisch, tolerant, gesellig und kulturell interessiert.

Das kleine hand- und hausgemachte Künstlerfest, das am 3. September in der Radebeuler Galerie stattfinden wird, bildet nunmehr zum 12. Male den Auftakt der thematischen Gemeinschaftsausstellung. Das geringe Budget, welches den Organisatoren hierfür zur Verfügung steht, beflügelt die kreative Energie und nötigt zur Improvisation. Willkommen
sind in diesem Jahr Winzer, Künstler, Vereine, Sponsoren, Kunstfreunde, Dichter und Denker. Als Ehrengast hat sich die amtierende Sächsische Weinprinzessin Anja Fritz angekündigt. Durch den Abend zieht sich als »grüner Faden« das Thema Wein. Nach altbewährtem Ritual wird das Publikum an verschiedenen Feststationen von der interaktiven
Reb(Ent)lausung bis zur ernüchternden Füllstandsmessung in Spannung gehalten. Den Höhepunkt bildet die Performance »vino absurdum: Wein, Weib, Gesang und andere Katastrophen – ménage à trois – ein tierisches Vergnügen« der freien Theatertruppe ANASAGES aus Chemnitz. Das Fest ist offen für all jene, die mit ihrer produktiven Neugier zum Gelingen der Veranstaltung einen Beitrag leisten wollen.

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