Danksagung Spenden 2024

Liebe Leserinnen und Leser unseres Radebeuler Monatsheftes
„Vorschau & Rückblick“,

obwohl wir im vergangenen Herbst auf einen Spendenaufruf verzichteten, haben Sie in Verbundenheit mit unserem Monatsheft uns trotzdem tatkräftig, (oder besser „geldkräftig“) unterstützt.

Vielen, vielen Dank an alle Spenderinnen und Spender.

So konnten wir mit Elan und einem sicheren Polster unser 35. Jahr des Bestehens angehen.

Wir machen also mit Schwung und Zuversicht weiter!

Herzlichst
Ilona Rau

 

Spenderliste

Anderson, Uta
Anton, Frank
Bergner, Christian und Gislinde
Berndt, Thomas
Bose, Christina und Jörg
Buchmann, Ingrid und Wilfried
Christoph, Matthias
Cramer, Stephan
Dabow, Gisela
Dubrow, Margitta und Manfred
Föckel, Birgit und Hans-Jürgen
Frank, Marianne und Hans-Albrecht
Franke, Monika und Herbert
Gräbel, Renate und Siegfried
Grunewald, Ute
Günther, Hans-Christian
Haase, Karl-Heinz
Haußig, Rolf und Bettina
Helbig, Rolf-Falk
Henkler, Renate und Gerhard
Hickmann, Regina
Hoffmann, Michael
Jacob, Detlef
Kunze, Bettina und Berthold
Kuß, Hannelore Helga
Ludwig, Sabine und Werner
Madaus, Gabriele und Hans-Otto
Märksch, Tobias
Mitzschke, Heike und Michael
Ostritz, Werner und Heidelinde
Paditz, Karsten und Claudia
Pohlack, Rosemarie
Rattke, Wilfried
Rau, Steffen
Richter, Axel
Schadeberg, Thilo
Schaffer, Birgit
Schmalfeld, Petra
Schulze, Friedemann und Gesine
Sterndrogerie
Thomas, Frank
Tittelmeier, Margitta und Wilfried
Trentzsch, Maria-Iris
Weisbach, Helga
Welcker, Sigrid
Winkler, Gisela
Wittig, Gudrun und Michael
Woldmann, Jutta und Helge
Wolf, Christa
Zimmermann, Frank und Julia
Zschaler, Ingrid

Gespendet wurden Kleinbeträge in unsere Spendenkasse beim Grafikmarkt, unserem Leseabend, im Buchladen Kretzschmar, in der Blumenwerkstatt Radebeul und mit Überweisungen bis 300.- Euro. Insgesamt wurden ca. 3000.- Euro gespendet.

1990 – 2025

35 Jahre

Vorschau & Rückblick

Kunst – Kultur – Architektur
Rezensionen – Ausstellungen
Denkmalpflege – Heimatgeschichte

Im Mai 2025 feiern wir 35 Jahre von „Vorschau & Rückblick“!
Feiern Sie mit uns!
Schreiben Sie uns!
Was bedeutet Ihnen unser Heft?
Welche Wünsche oder Anregungen haben Sie?

80. Todestag von Käthe Kollwitz

Freundeskreis Käthe Kollwitz e.V. erinnert mit einer Sonderausstellung an die bedeutende deutsche Künstlerin

Käthe Kollwitz ist in den letzten Jahren in den Fokus der Kunstgeschichte gerückt. In Berlin Charlottenburg wurde bereits 2022 das neue Kollwitz Museum Berlin eröffnet. Das Städl Museum Frankfurt/Main widmete ihr 2024 eine große Personalausstellung und feierte sie als facettenreiche Vertreterin der Moderne und unzählige Kunstinteressierte besuchten die Ausstellung.

Käthe Kollwitz, 1937
Bild: Käthe Kollwitz Museum Köln, Archiv


Auch das MoMA in New York zeigte von April bis Juli 2024 eine große Ausstellung mit ihren Zeichnungen, Drucken und Skulpturen.

Hier in Sachsen verehrt die Kunstwelt bereits seit Jahrzehnten die bekannte Künstlerin. Prinz Heinrich von Sachsen sammelte ihre Werke.

Bereits 1899 hatte Käthe Kollwitz in Dresden ihren ersten Erfolg als Künstlerin. Sie zeigte ihren Zyklus „Ein Weberaufstand“ auf der Deutschen Kunstausstellung in Dresden. Hier erhielt sie die kleine Goldmedaille. Max Lehrs, Direktor des Dresdner Königlichen Kupferstichkabinetts, kaufte den Grafikzyklus für die Dresdner Sammlung an und war damit der erste Vertreter eines Museums, das ihre Werke erwarb. In der Folge kaufte er zahlreiche weitere Werke der Künstlerin und bildete so den Grundstock für die heute umfangreiche und bedeutsame Kollwitz-Sammlung im Dresdner Kupferstichkabinett.

Das Käthe Kollwitz Haus in Moritzburg ist das letzte existierende Wohnhaus der Künstlerin. Ihr Geburtshaus in Königsberg, in dem sie am 8. Juli 1867 geboren wurde, sowie ihr Wohnhaus in Berlin gingen im 2. Weltkrieg verloren. Hier hatten die Bomben fast alle ihre Erinnerungen, Briefe und Photographien zerstört.

Prinz Heinrich von Sachsen lud sie nach Moritzburg ein, wo sie am 20. Juli 1944 nach einem Zwischenaufenthalt in Nordhausen bei Familie Böning eintraf.

Arbeiten konnte sie hier in Moritzburg im Rüdenhof, welcher der Familie zu Münster gehörte, nicht mehr. Sie genoss den Blick auf Teich und Schloss von ihren zwei Zimmern und dem Balkon aus. Sie las Goethe und Schiller.

Käthe Kollwitz, »Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden«, 1941, Kreidelithografie
Bild: Käthe Kollwitz Museum Köln, Archiv


Kurz vor Kriegsende starb sie am 22. April 1945 und fand ihre erste Ruhestätte auf dem Friedhof Moritzburg. Ihr Ableben blieb durch die Wirren des Krieges weitgehend unbekannt und wurde erst im Juli 1945 durch eine Meldung in der Deutschen Volkszeitung öffentlich bekannt. Beim Begräbnis auf dem Moritzburger Friedhof am 24. April 1945 waren nur wenige Menschen anwesend. Pfarrer Seibt hielt die Predigt. Ihre erste Grabstelle an der westlichen Mauer des Friedhofes ist noch heute vorhanden und wird vom Freundeskreis gepflegt. Am 27. November 1945 fand in Meißen eine nachträgliche Trauerfeier mit Angehörigen und u.a. dem Vizepräsidenten der Landesverwaltung Dr. Kurt Fischer statt.

Es war ihr Wunsch, im Familiengrab auf dem Friedhof Berlin-Friedrichsfelde ihre letzte Ruhestätte zu finden. Dort wurde sie am 13.12.1945 beigesetzt.

In Moritzburg wurde bereits 1949 ein Denkmal für Käthe Kollwitz errichtet, geschaffen vom Architekten Schuchardt mit einem Relief der Dresdner Bildhauerin Etha Richter. Der Platz vor dem Denkmal erhielt ihren Namen. Zum 10. Todestag wurde im Schloss Moritzburg eine Kollwitz Gedenkstätte eingerichtet und am Rüdenhof eine Gedenktafel angebracht.

Der bereits 1988 entstandene Freundeskreis Käthe Kollwitz um Gisela Frei, noch unter der Obhut des Kulturbundes, eröffnete als „Freundeskreis Käthe Kollwitz in Moritzburg Rüdenhof e.V.“ in den beiden von Käthe Kollwitz bewohnten Zimmern am 5. August 1990 die erste Gedenkstätte im Rüdenhof.

Käthe Kollwitz, Selbstbild, 1934
Bild: Käthe Kollwitz Museum Köln, Archiv


Mit der Gründung der Stiftung KÄTHE KOLLWITZ Gedenkstätte Moritzburg im Jahr 1994 begann die Rettung des Sterbehauses von Käthe Kollwitz.

Vor 30 Jahren, am 22. April 1995, zum 50. Todestag der Künstlerin, öffnete nach umfangreicher Sanierung des alten Hauses die „Käthe Kollwitz Gedenkstätte Moritzburg“ im Rüdenhof in der Meißner Straße 7 seine Türen. Getragen wird das Haus von der Stiftung Käthe Kollwitz Haus Moritzburg.

Seitdem ist hier ein Ort der Erinnerung mit immer wieder neuen Begegnung mit Käthe Kollwitz entstanden, der mit Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und seiner Dauerausstellung über ihre Kunst und ihr Leben zum Ziel zahlreicher Kunstfreunde geworden ist.

Käthe Kollwitz und ich

Es ist also nicht nur ein Jubiläum, was im April 2025 begangen wird.

Wir würdigen den 80. Todestag einer der bedeutendsten deutschen Künstlerinnen und zugleich den 30. Jahrestag der Eröffnung der Käthe Kollwitz Gedenkstätte (heute Käthe Kollwitz Haus) in Moritzburg.

Im Käthe Kollwitz Haus Moritzburg, in dem sie am 22. April 1945 starb, gestaltet der Freundeskreis Käthe Kollwitz Moritzburg e.V., ihr zum Andenken eine neue Sonderausstellung. In persönlichen Beiträgen zeigen Mitglieder des Freundeskreises, in welcher Form sie sich mit der Kunst und dem Leben der Künstlerin verbunden fühlen und welche besonderen Erinnerungen sie an des Vereinsleben im Kollwitz Haus haben. Dabei erinnern wir auch an die Gründungsmitglieder. Durch eigene Kunstwerke und auch Kompositionen, Fotografien, Plakate vom Vereinsleben ect. entsteht ein vielseitiges Bild unseres Vereins.

Bereits zur Eröffnung der Käthe Kollwitz Gedenkstätte1995 hatte die Enkelin Jutta Bohnke-Kollwitz in der Festschrift geschrieben: „Dass wir heute die Einweihung einer so schönen und würdigen Gedenkstätte begehen können, geht in hohem Maße auf das lebendige Gedenken an eine Künstlerin hier in Moritzburg zurück.“

Petra Grubitzsch
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Am 22.4., 19 Uhr wird die Ausstellung „Käthe Kollwitz und ich“ eröffnet.
Der Urenkel Jan Kollwitz liest am 27.4.2025, 17.00 Uhr aus den Tagebüchern von Käthe Kollwitz.
Der Freundeskreis erinnert wie in jedem Jahr an ihren Geburtstag am 8. Juli 2025 mit einer Veranstaltung: 2025 mit Musik und Tanz mit dem Cellisten Ulrich Thiem.
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Käthe Kollwitz Haus Moritzburg, Meißner Straße 7, 01468 Moritzburg
Tel. 035207 82818
Freundeskreis Käthe Kollwitz Moritzburg e.V.
 

Editorial 4-25

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus!

1990 war nicht nur das Jahr der unerwartet schnellen deutschen Wiedervereinigung, sondern auch die Initialzündung eines wiedererwachten soziokulturellen Engagements. Man möchte fast frühlingshaft sagen: Überall regten sich Bildung und Streben …

In jenen Tagen entstanden im Umfeld einige monatlich(!) erscheinende Kulturzeitschriften, die bis heute tief im gesellschaftlichen Leben verankert sind.

So erfolgte in Dresden im April die erste Ausgabe der „SAX“, des legendären Stadtmagazins, das mit seinen fundierten Beiträgen und Informationen aus der Kulturszene der Landeshauptstadt kaum wegzudenken ist.

1992 gesellte sich auf der östlichen Seite der Stadt der renommierte „Elbhang-Kurier“ dazu, welcher nach eigener Aussage mit einer „bezaubernden Mischung aus hoher Kultur und banaler Nachricht“ als Spiegel verschiedenster Ortsteile der dortigen Elbhänge fungiert.

Hier in Radebeul, am Fuße der westlich gelegenen Weinberge, versammelte sich im Mai 1990 eine kleine Gruppe kulturinteressierter Bürgerinnen und Bürger, die – getragen von der neugewonnenen Freiheit – die Wiederbelebung bzw. Neugründung einer alten Radebeuler Kulturzeitschrift („Die Vorschau“, 1954–1963) vorantrieben: fortan nun „Vorschau & Rückblick“.

Allein unser Heft ist nach wie vor kostenlos, aber keinesfalls umsonst!

Am 5. Mai werden wir in den vertrauten Räumen der Familieninitiative Radebeul e.V., die bereits im März ihr 35. Jubiläum beging, unseren ebenbürtigen Geburtstag feiern!

Bitte beachten Sie hierzu gern die Einladung in diesem Heft!

Sascha Graedtke

Mit Michael Wüstefeld poetisch durch das Jahr



Zur Titelbildserie



Winzerhäuser
Wenige Schritte von Radebeuls westlicher Stadtgrenze befindet sich das alte Winzerhaus Talkenberger Hof, Am Talkenberger Hof 3, in Coswig. 1607 wurde es von Winzer Georg Talkenberg (vom ehem. Dorf Kreyern umgesiedelt) errichtet. Diese Zahl finden wir im Gewände der Rundbogentür auf der Südseite. Fenstergewände mit Phase und „S-Schnörkel“ deuten auf Renaissance. Über einem Rechteckgrundriss erhebt sich ein zweigeschossiger Bau, den ein steiles, mit roten Biberschwanzziegeln gedecktes Walmdach abschließt. Das EG hat massive Wände und das OG Fachwerk. 1607 war das Fachwerk wie heute auch wieder sichtbar. Ab etwa 1800 wurde das Fachwerk einer Mode folgend bis 1994 verputzt. Auf einem Foto von 1930 sehen wir, dass es auf der Südseite des Daches zwei Fledermausgaupen gegeben hat, wovon heute leider nur noch eine existiert. An den Hauptbau schließen sich nach Norden mehrere gereihte Anbauten an, die ursprünglich wirtschaftlichen Zwecken dienten, heute aber Wohnhäuser sind. Auf der Ostseite wurde um 1955 ein Garagentor eingefügt und damit zumindest die Schauseite gewahrt. Hier war früher der Preßraum mit niedrigerem Fußboden gewesen. Bis zur Reblauskatastrophe standen Weinstöcke im Steilhang hinter dem Haus – die heute dominierende, flach geneigte Weinfläche unterhalb des Talkenberger Hofs wird vom Staatsweingut Wackerbarth bewirtschaftet. Herr und Frau Burckhardt, denen das Anwesen seit 1979 gehört, sind keine Winzer. Wenn man sich von Süden her dem Winzerhaus nähert, kann man sich an der freien Lage des alten Hauses in der Lößnitzlandschaft erfreuen.

Dietrich Lohse

16. Thematischer Filmclubabend

Es ist kein Zufall, dass wir im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Film Club Mobil“ im 80. Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges den DEFA-Film „Ich war neunzehn“ zeigen. Einen Film, der die Geschichte eines jungen Mannes in den letzten Tagen des Krieges beschreibt. Auch der Aufführungsort ist durchaus nicht ungewöhnlich, handelt es sich doch um einen Bunker, der von sowjetischen Kriegsgefangenen als Stollen tief ins Innere eines Oberlößnitzer Weinberges getrieben wurde und ab 1944 den benachbarten Anwohnern bei Fliegeralarm als Schutz vor Bomben diente. Heute werden die Räume von Thomas Teubert, dem Inhaber des Weinkellers „Am Goldenen Wagen“, nach einer aufwändigen Sanierung als Weinlager und für Weinverkostungen genutzt.

Zum Glück blieb Radebeul weitestgehend von Kriegszerstörungen verschont. Zu verdanken ist das nicht zuletzt dem Radebeuler Ehrenbürger Ilja Schulmann (1922–2014), der als Sohn deutsch-jüdischer Einwanderer in der Sowjetunion lebte und als Dolmetscher mit der Roten Armee am 7.5.1945 in die Lößnitzstadt kam, um Kontakt zur Stadtverwaltung aufzunehmen. Das Ultimatum lautete sinngemäß: Entweder kampflose Übergabe oder massiver Artilleriebeschuss! Die nahezu kampflose Übergabe war das Ergebnis des besonnenen Handelns mehrerer Personen und Ilja Schulmann spielte dabei keine unwesentliche Rolle. Wenn hingegen der Plan von Martin Mutschmann (1879–1947) zur Ausführung gelangt wäre, würde in Radebeul wohl kaum ein Stein auf dem anderen geblieben sein, denn der NSDAP Reichsstatthalter wollte „bis zum Letzten“ kämpfen und hatte noch im April 1945 Dresden zur Festung erklärt und Radebeul als eine Art Bollwerk vorgesehen.

Der autobiografische Film „Ich war neunzehn“ basiert auf Konrad Wolfs (1925–1982) Tagebuchaufzeichnungen aus den letzten Kriegstagen. Mit seinen Eltern und Geschwistern emigrierte er 1933 nach Moskau. Wie die Hauptfigur des Films war er damals acht Jahre alt. Mit siebzehn trat er in die Rote Armee ein und gehörte 1945 als Neunzehnjähriger im Rang eines Leutnants zu den Truppen, die Berlin einnahmen. Und wie Gregor Hecker im Film, war Konrad Wolf für kurze Zeit im April 1945 der erste sowjetische Stadtkommandant von Bernau bei Berlin.
Für die Rolle des Gregor Hecker wurde der Schauspielstudent Jaecki Schwarz (geboren 1946) unter 80 Bewerbern ausgewählt. Nach seinem erfolgreichen Debut war er als Bühnen- und Filmschauspieler sehr gefragt. Über zwanzig Jahre stand er als Mitglied des Berliner Ensembles auf der Bühne und wirkte u. a. in erfolgreichen Kinofilmen wie „Die Schlüssel“ (1974) oder „Bürgschaft für ein Jahr“ (1981) sowie bis heute in zahlreichen Fernsehserien mit.
Der Film „Ich war neunzehn“ wurde 1967 in Schwarzweiß gedreht und schildert auf reportagenhafte Weise Episoden und Einzelschicksale. Ohne Pathos und Heldenverklärung werden die Schrecken des Krieges beschrieben. Menschen sind mit ihren Schwächen und Stärken in tragischen und grotesken Situationen zu erleben. Die Uraufführung fand 1968 im Berliner Kino International statt. Bereits in den ersten sechs Monaten sahen ihn etwa 2.5 Millionen Besucher. Es folgten zahlreiche Auszeichnungen. Der DEFA-Antikriegsfilm wurde zum Klassiker und gilt als eine der bedeutendsten deutschen Nachkriegsproduktionen. Umfangreiches Bonusmaterial trägt zum weiteren Verständnis bei.

Ich war neunzehn
1967/68, DDR, DEFA-Spielfilm, 115 Minuten, s/w, FSK 12

Regie: Konrad Wolf; Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase, Konrad Wolf;
Kamera: Werner Bergmann; Schnitt: Evelyn Carow;
Besetzung: Jaecki Schwarz (Gregor); Wassili Liwanow: (Wadim); Alexei Eiboschenko (Sascha);
Galina Polskich (sowjetische Soldatin); Jenny Gröllmann: (deutsches Mädchen); Michail Glusski: (sowjetischer General) sowie in weiteren Rollen Rolf Hoppe, Wolfgang Greese, Kurt Böwe, Hermann Beyer, Dieter Mann, Martin Trettau

Der Film wird aus Sicht des russischen Leutnants Gregor Hecker erzählt und umfasst die Tage vom 16. April bis zum 2. Mai 1945. Verschiedene Ereignisse werden, wie in einem Tagebuch, chronologisch datiert und dokumentarisch-nüchtern erzählt.
Zu Beginn des Filmes sieht man wie am 16. April im Gefolge sowjetischer Truppen an vorderster Front ein alter Lautsprecherwagen durch die weite winterliche Landschaft ruckelt. „Deutsche Soldaten! Kämpfen ist sinnlos“, tönt eine junge deutsche Stimme. „Ergebt euch, rettet euer Leben!“. Der das ruft, ist Gregor Hecker. In der Uniform eines Leutnants der Roten Armee kommt der 19-Jährige in seine Heimat zurück, aus der er mit seinen Eltern als Kind emigrieren musste. Der kleine Agitationstrupp ist auf dem Weg von der Oder über Bernau und Sachsenhausen nach Berlin. Der Krieg ist entschieden aber noch nicht vorbei. Als die Truppe nach Bernau kommt, wird Hecker kurzerhand zum Kommandanten der Stadt ernannt. Mit einer Handvoll Leuten versucht er, eine Kommandantur einzurichten.

Widersprüchlich sind Heckers erste Begegnungen mit den Deutschen. Da sind Bauern, Flüchtlinge, Überläufer, Faschisten, Antifaschisten… Gregor beginnt zu begreifen, dass es „die Deutschen“ ebenso wenig gibt wie „die Russen“.
Die Fassungslosigkeit darüber, wie aus einem kultursinnigen Volk, ein Volk von Barbaren werden konnte, ist im ganzen Film zu spüren. In einer Szene, die aus dem Dokumentarfilm Todeslager Sachsenhausen (1946) von Richard Brandt übernommen wurde, berichtet der als „Henker von Sachsenhausen“ bekannte Paul Sakowski, wie er Häftlinge in der Gaskammer mit Blausäure-Gas sowie einer als Messlatte getarnten Genickschussanlage ermordete.

Durch Verhandlungsgeschick gelingt es, dass die Zitadelle Spandau am 30. April 1945 ohne Blutvergießen übergeben wird. An den Erfolg in Spandau schließt sich ein weiterer Freudentag an, der 1. Mai. Am Abend findet eine große Feier statt. Dabei kommt es zum Gefühlsausbruch eines befreiten deutschen Kommunisten, der lautstark fordert, alle Nazis aufzuhängen, da sich ansonsten alles in zwanzig Jahren wiederholen würde. Ein sowjetischer General beschwichtigt ihn: Rache ist kein guter Ratgeber, schon gar nicht für die Zukunft.

Inzwischen herrscht fast schon Normalität, doch die Ruhe trügt. Während die einen zu begreifen beginnen, dass der Krieg verloren ist, kämpfen die anderen verbissen weiter. Nachdem sich Adolf Hitler bereits am 30. April 1945 seiner Verantwortung durch Suizid entzogen hatte, verlieren noch zehntausende Menschen ihr Leben.

Auch Gregors Freund Sascha stirbt bei einem letzten Kampfeinsatz. Und Hecker ahnt, wie schwer ein Neuanfang sein wird. Der Film endet mit den Worten „Ich bin Deutscher. Ich war mal zehn Jahre alt.“

Die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht trat am 8. Mai 1945 um 23 Uhr in Kraft.

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e. V.
Anmerkung: unter Verwendung von verschiedenen Filmbegleitmaterialien und Wikipedia-Eintragungen.


Am 13. März 2025, um 19 Uhr, im Bunker Oberlößnitz, Hoflößnitzstraße 82, 01445 Radebeul, Reservierungen ab sofort unter 0160-1038663

Radebeuler Miniaturen

Hu is hu

Die unsägliche Diskussion um das unsägliche Unwort des Jahres hat mich bewogen, einmal einen Blick auf die eigene Herkunft zu werfen:

BIO-Mensch in Freilandhaltung – wenn ich meine BIO-Grafie richtig bewerte, triff diese Charakterisierung vollinhaltlich auf mich zu:
Wie ich meinen Vater nachträglich einschätze, wurde ich auf biologisch-herkömmliche Weise und ohne eigenes Zutun ins Leben gerufen. Auch wenn ich mich zunächst noch wehrte, bin ich ganz biologisch auf dem heimischen Sofa ans Licht der Welt gehoben worden – es war das gleiche, auf dem sechsundzwanzig Jahre vor mir mein Vater ein gleiches Schicksal erlitt – unter aktiver Beteiligung übrigens der gleichen Hebamme – und auf dem zwanzig Jahre später mein Großvater die ihm verbliebenen Reste seines Geistes aushauchte.
Die glückliche Kindheit verbrachte ich im eigenen BIO-Garten unter Freilandbedingungen, wobei sich die Radien mit zunehmendem Alter mehr und mehr auf Wald und Flur ausdehnten.
War es zu nass, zu kalt, zu heiß oder sonstwie biodivers ungemütlich, hatte ich ein Anrecht auf Stuhl, Tisch und Bett im Hause selbst, nicht zu reden von ausreichend biologischem Holzspielzeug. Im Zaum gehalten wurde die biologische Begeisterung durch die permanente Drohung, wenn du nicht folgst, gehst du morgen in den Kindergarten.
Eine weitere Trübung des Wohlbefindens trat ein, als ein täglicher Schulbesuch für notwendig und damit unverzichtbar erklärt wurde. Tatsächlich hat sie mir manche Not eingebracht, die Schule; sollte sie tatsächlich eine gewendet haben, habe ich nichts davon bemerkt. Um nicht auf meinen Prostest achten zu müssen wurde ich für unmündig erklärt – so wurde damals selbst mit BIO-Kindern umgegangen. Tröstlich war immerhin, daß die Freistunden FREI-Stunden blieben.
Mehr BIO geht nicht.
Ein ganzes Leben später hege ich nun die Hoffnung, daß ich auch auf BIO-logisch vorgesehenem Wege dieses irgendwann hinter mir lassen darf, ohne durch künstliche Intelligenz dabei behelligt oder gar aufgehalten zu werden.

Thomas Gerlach

Eine Glosse

Udo soll’s richten…

In den heutigen Zeiten ist es verdammt schwer, eine ordentliche Glosse zu schreiben. Jeden Monat sitze ich vor meinem Schreibtisch und zergrüble mir den Kopf, aber es will mir nicht wirklich was Brauchbares einfallen. Die Realsatire ist einfach besser und vor allem schneller. Fast täglich wird da eine neue Sau durchs deutsche Dorf getrieben, und man paktiert dabei zum Teufel-komm-raus. Der Schaller, also was der Kabarettist ist, der hat es da leichter. Der wünscht sich einfach einen „Frühling ohne Merz“. Solche Späße kann ich mir in diesem Heft nicht leisten. Aber was ist heutzutage nicht politisch…?
Die Parole „Arbeite mit, plane mit, regiere mit!“ beispielsweise, die kenne ich noch aus den letzten Tagen der anderen Republik. Die hat schon vor 36 Jahren nicht funktioniert und war reine Propaganda. Das weiß heute auch der Dümmste. Aber immer wieder kommt einer mit der sogenannten „Bürgerbeteiligung“ um die Ecke und will dir Weißmachen, dass man hier seine demokratischen Grundrechte wahrnehmen könne. Aber die heutigen Politiker sind eben gewiefter als die alten. Da wird einfach die Bürgerbeteiligung in die Sommerferienzeit oder eben kurz vor Weihnachten gelegt, wie wir das in Radebeul schon erlebt haben. Da verkleinert sich der teilnahmewillige Kreis der Bürger von ganz alleine. Gewusst wie…! Und hinterher haben sich die Bürger die Augen gerieben, als plötzlich in der Bahnhofstraße die Parkplätze weg waren.

Nun will ich jetzt nicht all diese Tricks durchdeklamieren, wie sich die Behörden Störenfriede und unbequeme Fragesteller vom Leib halten. Wer Ohren und Augen offen hält und seinen Kopf gelegentlich über die Mauer reckt, kann selbst genug Beispiele beisteuern. Viele Dinge aber geschehen fast wie nebenbei, die nimmt man im Alltagstrott kaum wahr. Das Meiste wird ja im Stadtrat sowieso hinter verschlossener Tür beredet. Das hat die kleine Frau und den kleinen Mann nichts anzugehen. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder mitreden wöllte. Da hätte dann vermutlich die Apotheke in der Bahnhofstraße noch einen Parkplatz.

Hat jemand registriert, dass unlängst zwei völlig intakte Gebäude abgerissen wurden – ausgerechnet in der Harmoniestraße? Ich will jetzt nicht schwindeln: Eine einzige Frau habe ich dort laut schimpfend entlanggehen sehen. Sonst aber herrscht Funkstille. Man kommt nun nicht jeden Tag nach Kötzschenbroda. Radebeul hat immerhin eine Längenausdehnung von über acht Kilometern, da läuft man Anderthalbstunden! Nach Kö komm ich nur, wenn ich mal in die Kneipe will. Bei den Preisen aber kann ich mir das auch nicht jeden Tag leisten und die Stehpiepe neben der damaligen „Lößnitzperle“ gibt es ja bekanntlich auch nicht mehr in der Bahnhofsstraße. Unsereins weiß überhaupt nicht, wo er noch hingehen soll. Früher hatte es wenigstens um die Ecke noch die Bahnhofskneipe gegeben. Die ist aber schon lange Geschichte, wie der spätere „Tender“ auch. Und wenn wir nicht aufpassen, ist in nicht mehr allzu ferner Zeit das ganze Bahnhofsgebäude verschwunden. Es bleibt einem nur noch der Netto oder die Familieninitiative. Aber dort pass ich nicht so richtig hin. Bin ja nicht schwanger. Obwohl…, einen ganz schönen Bauch habe ich auch.

Was wollte ich eigentlich sagen…? Ach so, die Bahnhofstraße, das ist auch so ein Dauerbrenner. Die wirkt nach den Arbeiten ja wie ein Schmuckkästchen. Erst neulich haben zwei vom Bauamt dort einen Kontrollgang unternommen, als ich es mir auf einer der neuen Bänke so richtig gemütlich gemacht hatte. Hab mich aber nicht getraut, sie anzubackern. Denen hätte ich aber was erzählt: „Die Straße sieht jetzt zwar wie geleckt aus, aber helfen wird das nix. Der Leerstand…! Und ich kenn mindestens drei Läden, die noch hinwerfen wollen. Dann ist hier tote Hose! Das reißt auch der Udo nicht!“. Wie gesagt, ich hätte…
Aber wieso ausgerechnet das in der Unterführung geplante Kunstwerk vom ollen Udo Lindenberg die Bahnhofstraße retten können soll, will mir nicht in den Kopf. Zur Einweihung ist ein „großer Bahnhof“ geplant. Der Udo hat schon abgewinkt, er kommt nicht. Aber, wie wär‘s mit einem Double? Davon gibt es mehr als eine Handvoll. Einen davon könnte man schon für schlappe 700 Euro haben, meint

Euer Motzi

 

Eine Sendung von Niedersedlitz nach Niederlößnitz

Gesammelte Fliesen letztes Viertel 19. Jh. Foto: D. Lohse

Gedanken zu keramischen Fußbodenfliesen

Eine Anregung zu dem Thema und drei im Grundstück Käthe-Kollwitz-Straße 23 von Herrn K.- H. Rudolph gefundene Musterstücke standen am Anfang dieser Betrachtung. Er machte mich u.a. auf eine frühere wirtschaftliche Verbindung der Lößnitzorte hinsichtlich eines keramischen Produkts mit einem

Rückansicht einer der Fußbodenfliesen mit Firma Foto: D. Lohse

der Produktionsstandorte in Niedersedlitz aufmerksam. So bestand offenbar eine gut bediente Achse für Fußbodenfliesen Niedersedlitz – Niederlößnitz, ähnlich wie das bei Kachelöfen nach Meißen oder Sandsteinstücken in die Sächsische Schweiz war. O.g. Sendung wäre also nicht das, was ein Briefträger gebracht hätte, sondern ein größerer bestellter Posten Fliesen per Schiff, Fuhrwerk oder Eisenbahn. Ist es nicht so, dass man, wenn man ein Haus betritt, als erstes auf die Wände und die Decken der Räume schaut – ein Blick auf den Fußboden kann sich aber auch lohnen!
Die Fliesen von der Firma Otto Kauffmann, Niedersedlitz, damals noch nicht nach Dresden eingemeindet, wurden in breiter Palette angeboten, unterschiedlich in Maß, Oberfläche, Dekor und Farbe.

Villa in Niederlößnitz, sicherlich mit Fließen Foto: D. Lohse

Desweiteren gibt es Fliesen mit mehrschichtigem Aufbau, also z.B. einer gemusterten Verschleißschicht, Fliesen mit säurefester Oberfläche (für den Industriebau) oder rahmende und bildhafte Fliesen. Die seit 1871 bestehende Firma Otto Kauffmann war führend im Raum Dresden und bot gute Qualität, expandierte 1893 und so belieferte Paul Kauffmann 1926 u.a. Schlösser in Berlin, Dresden und Königsberg, Hochschulgebäude in Danzig und Dresden sowie U-Bahnhöfe in Berlin und Buenos Aires. Nach 1945 wurde der Privatbetrieb enteignet und produzierte dann unter dem Namen „VEB Platten- und Chemiewerk Niedersedlitz“ noch weiter bis zur Auflösung des Betriebs 1999. Die verschiedenen, mir übergebenen Fliesen sind Fundstücke aus einem ehemals verfüllten Brunnen im Grundstück Rudolph. Wie und wo sie verlegt waren ist nicht bekannt, man kann nur Vermutungen anstellen: die graue Fliese mit diagonalen Rillen könnte z.B. von einem Gehweg stammen, der kein Muster hatte aber eine Struktur zum Abfluss von Regenwasser, auch Frostsicherheit war erwünscht. Eine andere graue Fliese mit glatter Oberfläche und blauen Schwüngen war sicherlich in einem Flurraum verlegt gewesen, wo die blauen Schwünge einer Fliese im Raum mit weiteren verlegt ein flächiges, geometrisches Muster ergeben haben könnte.

Altkötzschenbroda Foto: D. Lohse

Herr Rudolph erzählte mir, dass er früher in einer großen Villa gewohnt hatte, wo wohl ebenfalls Niedersedlitzer Fliesen zu finden waren. Er erinnerte sich, dass im EG der Villa Ledenweg 39 mehrfarbige, bildhafte Fliesen in der Diele so verlegt waren, dass ein teppichartiges Bild entstand. Ob das heute noch so zu erkennen ist, wissen wir nicht.

Foto: D. Lohse

Es war ganz früher übrigens die Villa der damals berühmten Dresdner Opernsängerin Clara Hofmann-Salbach und ihrem Mann, dem Schauspieler Jean Hofmann. Sie wurde von Bernhard Große 1896 / 97 errichtet.

Hätte Große die Bodenfliesen nicht auf

Borstrasse Foto: D. Lohse

kürzerem Wege aus Kötzschenbroda von der Firma Lehmann bzw. Heynemann aus der Neuen Straße beziehen können? Wahrscheinlich wollte man die Fliesen der besten Qualität aus Niedersedlitz für diese Villa haben. Sicherlich wären in Ober- oder Niederlößnitz noch weitere Nachweise von Niedersedlitzer Fliesen möglich, wenn sie

Bernhard-Voß-Str. Foto: D. Lohse

nicht fest verlegt wären. Auf den Unterseiten der Fliesen könnte man vielleicht auch den Namen Otto Kauffmann / Niedersedlitz eingeprägt finden.
Auf ein anderes Beispiel sekundär verlegter, also nicht mehr am ursprünglichen Standort befindlicher Fliesen, stieß ich in einem Grundstück auf der Heinrich-Heine-Straße eher zufällig. Da war der Hof mit einer Sammlung von mehreren Dutzend verschiedenen Fliesen und Kleinpflaster phantasievoll geschmückt worden. Das war ein Bestand von Fliesen, die über die Jahre von Herbert Graedtke von Abbruchgrundstücken gesammelt und dann an seinem Wohnhaus zu einem großen Mosaik neu komponiert worden waren. Auch da könnten ein paar aus Niedersedlitz dabei sein – ich kann dazu den Schauspieler Herbert Graedtke leider nicht mehr befragen, denn er ist 2024 verstorben.
Ich füge am Schluss noch ein paar Bildbeispiele von in Radebeul in Mustern verlegten keramischen Fußbodenfliesen an – nur ein Bruchteil aller hier zu findenden Beispiele! Heute geht man in Radebeul oft noch über alte Fliesenböden, die einem mit einem raschen Blick vielleicht gefallen, wo sich aber die Hintergründe über Herkunft des Materials und den Anspruch eines früheren Bauherrn nicht sofort erschließen.
Dietrich Lohse

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