Jegliches hat seine Zeit

„Galerie mit Weitblick“ ab Juni geschlossen

Es kündigte sich schon an, dass da etwas im Hintergrund schwelt. Seit Jahresbeginn war die Radebeuler Wochenendgalerie nur noch nach Vereinbarung geöffnet oder wenn ein entsprechendes Schild auf dem Fußweg stand. Die 30. Ausstellung ist nun definitiv die letzte. Sie zeigt ausschließlich Dorothee Kuhbandners eigene Arbeiten. Die sporadischen Öffnungszeiten wollte die Galeristin keinem anderen Künstler zumuten.

Es war einmal
Foto: K. (Gerhardt) Baum

Die „Galerie mit Weitblick“ auf der Oberen Bergstraße 13, wie wir sie von 2012 bis 2024 erleben durften, gibt es nicht mehr. Wie es so vieles nicht mehr gibt – in Radebeul. Ab Juni beginnt nun unwiederbringlich der Abschied auf Raten. Wer sich alles noch einmal anschauen oder etwas käuflich erwerben möchte, der ist herzlich bis Ende Juli eingeladen, allerdings bedarf es einer Vorabsprache.

In heutiger Zeit eine private Galerie führen zu wollen, ist ein gewagtes Unterfangen. Ich selbst trug mich nie mit dieser Absicht, hatte ich doch schon viele Galeristen nach 1990 scheitern sehen. Als ehemalige Leiterin der Radebeuler Stadtgalerie weiß ich nur zu gut, welcher Aufwand und welche Risiken mit dem Betreiben einer Galerie verbunden sind. Wer kann sich noch an die „Zeitgalerie“ auf der Bahnhofstraße, die „Galerie Galow“ in der Remise auf der Borstraße oder die „Galerie Kempin“ auf der Burgstraße (später Meißner Straße) erinnern?

Es interessierte mich also sehr, was Dorothee Kuhbandner bewogen hat, eine private Galerie zu betreiben und aus welchen Gründen diese nun so plötzlich geschlossen wird.

Der Grund für die Schließung ist recht simpel und schnell erzählt: Das Grundstück wurde verkauft und der neue Besitzer verlängerte den befristeten Mietvertrag nicht. Damit enden für Dorothee Kuhbandner ziemlich abrupt dreizehn erfüllte Jahre als Galeristin.

Die Remise, 2025
Foto: K. (Gerhardt) Baum

Die Geschichte, wie es dazu kam, dass Dorothee Kuhbandner eine private Galerie eröffnete, ist hingegen etwas länger. Musische Einflüsse verschiedenster Art hatten Dorothee schon frühzeitig geprägt. Geboren wurde sie 1964 in Dresden. Aufgewachsen ist sie in Radebeul-Niederlößnitz auf der Oberen Bergstraße 20. Als die Familienvilla 1974 einen neuen Fassadenanstrich bekam, wurde die fast Einhundertjährige nach einer Zehnjährigen benannt. „Villa Dorothee“ war nun weithin lesbar, was die namensgebende Schülerin damals als ziemlich peinlich empfand.

Ihr Vater pflegte als Kunsthistoriker zu vielen Künstlern enge Kontakte. Von klein auf wurde die Tochter in deren Ateliers mitgenommen. Das Ambiente beeindruckte sie sehr. Und es reifte der Wunsch, selbst einmal Künstlerin zu werden.

Da ihr der EOS-Besuch wegen FDJ-Nichtmitgliedschaft verwehrt blieb, absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Buchbinderin und später zur Krankenschwester, arbeitete als Tagesmutter und in verschiedenen ABM-Maßnahmen. Seit 2010 ist sie als freischaffende Künstlerin tätig.

Dorothee Kuhbandner und Thomas Gerlach
Foto: K. (Gerhardt) Baum

Doch wie kam es nun dazu, dass Dorothee Kuhbandner im Jahr 2012 eine private Galerie eröffnete:

Von ihrem Wohnatelier aus schaute sie immer auf ein leerstehendes Gebäude. Schließlich fragte sie den Grundstückseigentümer, ob sie die ehemalige Remise mieten könne. Ursprünglich wollte sie dort nur ihre eigenen Arbeiten präsentieren und verkaufen. Doch Ausstellungsräume sind rar. Und so dauerte es gar nicht lange, bis die ersten Anfragen von anderen Künstlern kamen, ob sie dort auch einmal ausstellen dürften.

Entstanden ist ein freundlicher Ort für Begegnung und Kommunikation. Der Eingangsbereich und das Treppenhaus wurden im morbiden Zustand belassen. Auf einem Schild steht: „Hereinspaziert! Oben wird es heller!“. Über ausgetretene Stufen, gelangt man ins Obergeschoss und wird tatsächlich überrascht. „Die bunte Stube“ strahlt eine heitere Atmosphäre aus.

Blick in die Ausstellungsräume
Foto: K. (Gerhardt) Baum

Der Blick aus dem Fenster schweift weit über das Elbtal. Der Kaminofen verbreitet in der kalten Jahreszeit wohlige Gemütlichkeit. Die Sitzecke lädt zum Verweilen ein. Angeboten werden Kaffee, Tee und Gebäck. Der Seelentrost ist inclusive. Dorothees farbintensive Bilder – auf denen Menschen, Tiere und seltsame Wesen mit Landschaften verwoben sind – hängen, stehen und liegen zwischen einem Sammelsurium kleiner liebenswerter Dinge wie Wundertüten, Vorfreudekalender, Eisblumenbilder, Brillenhalter aus Wäscheklammern, Mutmachbüchlein und überall handgeschriebene humorvolle sowie nachdenklich stimmende Sprüche. Der „Dorealismus“ feiert hier seine Urstände.

Heinz Weißflog
Foto: K. (Gerhardt) Baum

Zwei der drei Räume, in neutralisierendem Weiß gestrichen, sind den wechselnden Ausstellungen vorbehalten. Künstler aus Radebeul, Dresden, dem näheren und weiteren Umfeld konnten sich mit ihren Werken in Jubiläums-, Gedenk-, Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen präsentieren. Die „Galerie mit Weitblick“ bot ein wichtiges Podium, dass ihnen nun fehlen wird.

Die Konstanten und die Variablen bilden für Dorothee eine existenzielle Balance. Zu den Konstanten gehören stabile Beziehungen. Mit Thomas Gerlach verbindet sie eine langjährige Freundschaft. Der Autor hielt fast alle Eröffnungsreden. Allerdings bestätigen Ausnahmen die Regel. Denn auf ausdrücklichen Wunsch von Christian URI Weber hielt der Dresdner Kunstkritiker und Autor Heinz Weißflog (1952-2024) dessen Eröffnungsrede. Die Journalistin Lilli Vostry wiederum schrieb zahlreiche Ausstellungsrezensionen und einen sehr schönen Beitrag zum 10-jährigen Jubiläum der Galerie. Nachzulesen in meinwortgarten.com. Dass Dorothee seit vielen Jahren im Kirchenchor singt, ist wohl eine weitere Konstante in ihrem Leben.

Zu den Variablen gehören die ausstellenden Künstler. Dankbar ist Dorothee für die vielen Kontakte und Anregungen. Fördermittel hat sie nie bekommen. Beim Ausstellungsaufbau half sie oftmals praktisch mit. Besonders spannend war für sie, die unterschiedlichen Herangehensweisen der Künstler zu erleben. Das Ausstellungsprogramm wurde durch Performances, Konzerte, Lesungen und Künstlergespräche bereichert. Das Stammpublikum ist beständig gewachsen und wird diesen lebendigen Ort sehr vermissen.

Die 29. Ausstellung „Home Sweet Home“ von Danny Hermann, hatte es in sich. Der in Freital lebende Künstler war bis 2019 Meisterschüler von Prof. Ralf Kerbach an der Dresdner Kunstakademie. In ihrer Ausstellungsrezension schreibt Lilli Vostry: „Da thront in einem Bild ein Rabe in seinem Nest voll Müll, abstruse Plastikgewächse wuchern. Ein Mann wie ein Außerirdischer in Raumanzug, mit Erdkugelhelm, Schutzbrille und Gasmaske steht vor einem riesigen Pilz, ein anderer steckt in einer Zwangsjacke. Der Himmel ist für VIP´s reserviert, die Hölle steht allen offen in diesen ironischen und symbolreich auf die Welt blickenden Szenarien, in denen Mensch und Natur sich immer fremder werden.“ Schwarzhumorige Bilder von einer verstörend kaputten Welt inmitten der heimischen Lößnitzidylle – was für ein Kontrast zum Umfeld, in dem Dorothee Kuhbandner aufgewachsen ist und lebt!

Die Kulturlandschaft zwischen Elbe und Hang hat es seit jeher, musisch ambitionierte Menschen angezogen. In Dorothees unmittelbarer Nachbarschaft wohnten die Malerin Käthe Kuntze (1878-1969) und der Kunsthistoriker Wolfgang Balzer (1884-1968). Sie erinnert sich noch an flüchtige Begegnungen in der Kinderzeit. Ebenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft wohnte der feinsinnige Wolfram von Minckwitz (1934-2024), in einem der ältesten und bekanntesten Weingutanwesen. In der Galerie konnte man ihm oftmals begegnen.

Vernissage im Freien mit Galeristin, Redner, Musikerin und Publikum Foto: K. (Gerhardt) Baum

Die Überschrift „Jegliches hat seine Zeit“ war ein Vorschlag von Dorothee. Ob man dabei nun an einen Bibelspruch, an ein populäres Lied der Puhdys oder etwas ganz anderes denkt, steht den Lesern frei. Apropos Zeit: Während die DDR-Frauen mit 60 in Rente gegangen sind, musste sich Dorothee mit 60 nochmals um eine Arbeitsstelle bewerben. Nur so viel – sie hatte Glück.

Im Gespräch erfährt man fast beiläufig, woran sie überall mitgewirkt hat, und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Über mehrere Jahre war sie für die Ausstattung der städtischen Großveranstaltungen wie Karl-May-Festtage, Herbst- und Weinfest, Weihnachtsmarkt und Kasperiade zuständig. Sie beteiligte sich an den Grafikmärkten in Radebeul und Meißen, der Kunstmesse in Dresden, den Veranstaltungsreihen „Kunst geht in Gärten“ und „Kunstoffen in Sachsen“. Sie unterstützte das Team der Stadtgalerie bei der Gestaltung des Galeriehofes zum Künstlerfest und auch im Grünen Bushaus spann sie zum Dorfjubiläum in Lindenau ihr künstlerisches Netz. Für die Schaufenster-Aktion „Kunst statt Leerstand“ im Einkaufszentrum von Radebeul-West steuerte sie einige ihrer Bilder bei, die man sich vor Ort anschauen kann.

Christian URI Weber in inmitten seiner Jubiläumsausstellung »URI – ein Meister wird achtzig«, 2023 Foto: K. (Gerhardt) Baum

Im Jahr 2015 gründete Dorothee Kuhbandner den Zilp Zalp Verlag und nimmt seitdem alljährlich an der Leipziger Buchmesse teil. Für einige Bücher, die im Notschriftenverlag von Jens Kuhbandner, mit dem sie seit 2001 verheiratet ist, erschienen sind, gestaltete sie die Buchumschläge bzw. steuerte Illustrationen bei.

Als Künstlerin ist sie weiterhin aktiv, malt Bilder, druckt Grafiken, illustriert Bücher, gestaltet Kalender und nimmt Aufträge entgegen.

Dorothee Kuhbandner in der Radebeuler Stadtgalerie zum Sommerprojekt »Gestalt und Wirkung einer Landschaft«, 2011 Foto: K. (Gerhardt) Baum

Tatendrang und Schaffensfreude sind bei ihr ungebrochen. Sie wird zum vierten Mal für den Radebeuler Familienweihnachtsmarkt den Lichterpfad gestalten. Mindestens eine kulturelle Veranstaltung soll es noch in diesem Jahr im eigenen Garten geben. Die Familie, Künstler und Freunde haben versprochen, unterstützend mitzuwirken. Sobald sich geeignete und bezahlbare Räume finden, würde sie gern wieder eine Galerie betreiben wollen.

Dorothee Kuhbandner ist eine Pragmatikerin mit Fantasie und Empathie. Als Ehefrau, vierfache Mutter, zweifache Großmutter, pflegende Angehörige steht sie fest auf dem Boden der Realität. Auf Künftiges schaut sie voller Zuversicht. Und für kleine Verrücktheiten ist sie immer wieder gern zu haben. Das ist es wohl auch, was sie mir so sympathisch macht.

Karin (Gerhardt) Baum

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Kontakt: Dorothee Kuhbandner, 0174 1471270, d.kuhbandner@gmx.de, WWW.DORO-MALEREI.54DE

Gelber Lerchensporn – (k)ein Mauerblümchen

Unsere Radebeuler Weinbergshänge sind wohl zu jeder Jahreszeit betrachtenswert.

In Winter und Frühling üben Trockenmauern mit ihrer horizontalen Gliederung einen starken graphischen Reiz aus. Von Frühsommer bis Herbst entfaltet die Vegetation ein Farbspektakel, beginnend mit lichtem Grün des Austriebs und furios endend mit üppigen Rot- und Goldtönen.

Foto: G. Seidel


In diesem Beitrag sollen die alten Mauern im Stadtgebiet gleichfalls eine Würdigung erfahren.

Bereits Ende April zeigen sich an solchen alten Mauern leuchtend zitronengelbe Blüten einer zierlich belaubten, wintergrünen und anspruchslosen Staude von 15 – 20 cm Höhe.

Es ist der GELBE LERCHENSPORN, Corydalis lutea (1771 Carl von Linne), ein Dauerblüher aus der Familie der Mohngewächse.

Die schattenliebende Staude strebt uns aus Mauerfugen entgegen, die scheinbar keinerlei Nährboden anbieten. Sie besitzt ein verzweigtes Rhizom und ist in der Lage dichte Bestände auszubilden. Die zarten aufrechten Stängel sind in der Regel verzweigt, vierkantig und markig. Wechselständig angeordnete Laubblätter sind in Blattstiel und Spreite gegliedert, wobei letztere doppelt bis dreifach gefiedert sind. Das hellgrüne, unterseits eher bläulich-grüne Laub besticht den Betrachter durch seine Zartheit.

Die Blütenform ist spiegelsymmetrisch mit gekrümmtem Sporn. 6 bis 15 Blüten stehen in endständigen traubigen Blütenständen zusammen. Die Trauben sind einseitswendig angeordnet. Anfangs stehen die Blütenstände dicht beieinander. Später verlängern sie sich.

Der Blütenflor begleitet uns nahezu den gesamten Sommer von Mai bis Oktober und erfreut uns mit zartem Duft. Wildbienen mit langen Rüsseln werden angelockt. Sie ernten geschickt den tief in der Blüte lagernden Nektar. Auch andere Pollensammler stellen sich ein.

Nach der Blüte entwickeln sich schotenförmige Kapselfrüchte mit zwei Klappen. Zur Reifezeit öffnen sich diese Klappen und entlassen zahlreiche glänzend schwarze, mit ölhaltigem Futterkörper versehene Samen. Die wiederum sind für Ameisen äußerst interessant; sie tragen die Samen in ihre Vorratsspeicher und sind somit für die Verbreitung zuständig.

Der Gelbe Lerchensporn ist ein Vertreter submediterraner Flora und stammt wohl aus den südlichen Alpen. Ursprünglich dürfte er ein Bewohner kalkreicher Felsspalten und Schutthalden mit kalkreichem Gestein sein. Das eigentliches Areal lässt sich wegen Verwilderung und Einbürgerung kaum noch ermitteln.

Häufig wurde der Gelbe Lerchensporn als Zierpflanze in Gärten eingebracht und ist seitdem in fast alle Gebiete mit wintermildem Klima verschleppt. In Mitteleuropa ist er noch in 1700m Meereshöhe anzutreffen. Hierzulande finden wir ihn in Mauerritzen und am Grunde von Mauern in eher nord-östlicher Exposition. Dort gedeiht er auf gut durchsickerten, felsig-steinigen Böden.

aus Jacob Sturm, Deutschlands Flora in Abildungen, Stuttgart 1796
Bild: Jacob Sturm, Deutschlands Flora in Abb., Stuttgart 1796


Beste Bedingungen bieten dem Gelben Lerchensporn offensichtlich auch die ehrwürdig alten Mauern der Kellereistrasse in Radebeul-West. Dort findet sich sein frisches Grün schon Ende Februar zwischen den Resten des Vorjahres. Ab Ende April hat er dann seinen leuchtendgelben bis weit in den Herbst währenden Auftritt.

Mauern werden spontan besiedelt. Flechten, Moose, Farn- und Blütenpflanzen können – je nach Beschaffenheit der Mauer – den ihnen genehmen Lebensraum finden.

Erstaunlich ist die Fähigkeit von Pflanzen, beschränkte Ressourcen an einem solchen Extrem-Standort für ihre jeweiligen Bedürfnisse zu nutzen und in kleinräumiger Vielfalt zu leben. So siedeln sich oft Pflanzengesellschaften mit verschiedenen “Mauerspezialisten” an.

Weißer Mauerpfeffer (Sedum album ) auf Mauerkronen speichert beispielsweise benötigtes Wasser in dickfleischigen Blättern. Mauer-Zimbelkraut (Cymbalaria muralis) passt seinen Wasserhaushalt den jeweiligen Bedingungen an. Die Mauerraute ( Asplenium ruta-muraria) ein Farn, begnügt sich mit nährstoffarmen Mauerbereichen.

Auch die Blattrosetten einer in VORSCHAU & RÜCKBLICK (Juli 2024) bereits vorgestellten Einjährigen finden sich als Gäste in und an der Mauer: das Rapünzchen (Valerianella locusta).

Wer diesen Wintersalat allerdings zu ernten gedenkt, sollte sich üppigere Standorte suchen.

Die Weinbergsflächen über Schloss Wackerbarth bieten, beginnend am Fuße des Jacobsteins, bis März reiche Ernte, so man sich die Mühe machen möchte. Ebenso wird man im Weinberg unter der Friedensburg fündig. Auch die Uferbereiche des Lößnitzbades sind von Rapünzchen besiedelt. All die mit Valerianella locusta gesäumten Gehwege in der Stadt dürften für Ernten weniger geeignet sein.

Allerdings sollten wir Trockenmauern nicht nur als wichtige Ersatz-Lebensräume für Tiere und Pflanzen betrachten. Vielmehr prägen sie seit Jahrhunderten das ästhetische Erscheinungsbild unserer heimischen Kulturlandschaft. Sie seien unserer Obhut empfohlen.

Gudrun Seidel
AG Geobotanik des Elbhügellandes

Statement eines Kunstliebhabers

Das Lügenmuseum – ein Gesamtkunstwerk

Was heißt hier „Lüge“? Hinter jeder Lüge steckt die Wahrheit und hinter „Gesamtkunstwerk“ der Beuys’sche Begriff, das Beuys’sche Verständnis von einer sozialen Plastik. Mit „sozial“ ist gemeint die Vielzahl der Menschen, die daran beteiligt waren, es entstehen zulassen, und die es heute lebendig erhalten.

Das Zabka’sche Gesamtkunstwerk erweitert sich zu einem sich wandelbaren Objekt, in das man ein und aus gehen kann – der Erwachsene ebenso wie das Kind. Das intensive Schauen und Erkennen und mitunter Handhaben der Objekte sollte man erlebt haben, denn das Gesamtkunstwerk vereint zwei wesentliche Sinneswahrnehmungen: das Sehen und das Hören. Manche Objekte erzeugen Klänge, manche sind Lichtinszenierungen, andere Bewegungschoreografien. Bisweilen streift eine Feder über ein Tamburin mit zartem Ton, bisweilen klingelt ein Glöckchen auf einem sich drehenden Teller. Ich werde erinnert an Jean Tinguely, der im großen Maßstab Ähnliches installierte: So steht in Basel auf dem Theaterplatz der „Fasnachts“-Brunnen, der endlos klingt und Wasser schöpft, und nur der strengste Frost friert die Bewegung von Kellen, Stäben, Wasser ein.

Ich denke auch daran, wie sich das Radebeuler Gesamtkunstwerk dem Betrachter darbietet:

Überrascht wie in einem Labyrinth, entdecken wir Werke einheimischer und internationaler Künstler, zum Beispiel das raumhohe Stahl-Instrument Jan Heinkes oder Lutz Fleischers nachgebaute Kuriositäten-Bude vom Dresdner Schaubudensommer, ebenso wie die Spielzeugkreationen des brasilianischen Künstlers Getulio Damado, die auch ins New Yorker MOMA gefunden haben.

Unvergesslich die Konzerterlebnisse im großen Saal, wenn sich Skulpturen, Tanz und Musik vereinen, ich erinnere mich an Joe Sachse, Matthias Macht und den japanischen Fluxus-Künstler Taka Kagitomi, der bei Penck in Düsseldorf studierte.

Und nicht zuletzt die Kreationen von Reinhard Zabka, die Vergangenheit und Gegenwart auf ihre Art kommentieren.

Diese Beispiele stehen für viele weitere Akteure.

Das Lügenmuseum ist schon lange keine Immobilie mehr, ein baulich zu irgendeinem Zweck verwertbares Objekt. Es ist ein durch kreative Menschen entstandenes und sich ständig veränderndes lebendiges Kunstwerk, das sich vom archivierenden Museum unterscheidet.

Und nicht nur darum ist das Lügenmuseum des Erhaltens wert:

Es ist einzig in der Radebeuler Kulturlandschaft mit Strahlkraft weit über Sachsen hinaus.

Es stellt ein Alleinstellungsmerkmal auch im Stadtmarketing dar.

Und es ist ein nicht zu unterschätzender Wert, deshalb:

Erhaltet das Lügenmuseum! Bewahrt das Gesamtkunstwerk!

Klaus Liebscher im Mai 2025

10 Jahre KunstSpuren Radebeul

Mehr als zehn Jahre ist es nun her, dass sich eine handvoll Kunstschaffender aus Radebeul von meiner Idee anstecken ließ, gemeinsam einen Tag des Offenen Ateliers auf die Beine zu stellen. Ich glaube an die Kraft der Gemeinschaft – und hatte mit meiner Idee ja nichts zu verlieren. Warum also nicht mit auf Empfang gestellten Antennen Ausstellungen und Grafikmarkt besuchen, erste Bekanntschaften machen, denn ich war ja erst 2013 nach Radebeul gekommen.

Da ich im Rheinland aufwuchs, kam mir die offene Mentalität des Rheinländers sicher zugute. An den ersten Treffen 2015 waren vier Kunstschaffende beteiligt. Unser Vorhaben drohte hier schon im Alltagsgeschehen unterzugehen, als dann Cornelia Konheiser nachfragte, ob nicht mal wieder ein Treffen stattfinden sollte. Es gab also doch Interesse, dachte ich, und gab dem Rad einen neuen Schwung. Und dann rollte es los: zu unserer ersten Ausstellung im April 2016 im Kulturbahnhof und der Stadtbibliothek waren wir 13 beteiligte Radebeuler Künstlerinnen und Künstler. Thomas Gerlach hielt für uns eine wunderbare Laudatio und im Herbst des gleichen Jahres gleich die nächste: mit der Ausstellung „Wenn der Wind weht“ waren wir zu Gast in Dorothee Kuhbandners Galerie mit Weitblick.

2017 dann der erste „Tag des Offenen Ateliers“. Zwischenzeitlich hatten wir uns Logo und Layout für eine Broschüre erarbeitet. Sie wurde gedruckt, ebenso wie eine textile Fahne, die unsere Ateliers für die Besucher auffindbar machen sollte. Großes Glück hatten wir, da uns die Sparkasse Meißen, die Osterberg-Stiftung und das Kulturamt Radebeul finanziell unter die Arme griff. Bis heute sind wir alle sehr dankbar für diese Aufbau-Hilfe!

Alle KunstSpurler machten mit verteilten Broschüren und gesprochenem Wort Werbung für unser Vorhaben, und tatsächlich: am 17. September 2017 öffneten wir – flankiert von einer Ausstellung in den Räumen der Stadtsparkasse in den Filialen Radebeul Ost und West – unsere Ateliertüren für Besucher und hofften gespannt auf Interessenten, die zum Glück nicht lange auf sich warten ließen.

Zwischen all den Tagen des Offenen Denkmals, Weinguts, Gartens… und all der anderen vielfältigen Veranstaltungen in Radebeul war es gar nicht so leicht, einen Termin für unser Offenes Atelier zu finden, und nicht selbstverständlich, dass wir es mit unseren überschaubaren Mitteln geschafft haben auf interessierte Ohren und neugierige Augen zu treffen.

Eröffnung Kunstsommer – Moritzburg am »Roten Haus« Moritzburg, Dippelsdorfer Teich
Foto: Archiv KunstSpuren


Kurzum: sie kamen, die Besucher aus Radebeul und der näheren und weiteren Umgebung, beim Einen mehr, beim Nächsten ein paar weniger. Jedenfalls waren wir alle zufrieden und unsere Idee hatte sich bewährt. – Gemeinsam geht es besser!

In den folgenden Jahren organisierten wir mehrere Ausstellungen: u.a. in den Landesbühnen Sachsen 2019, im Fraunhofer Institut in Dresden 2023. Wir zeigten unsere Arbeiten bei einem gemeinsamen Messeauftritt in Dresden 2019 und waren verantwortlich für das Programm des Kunstsommers Moritzburg 2022. 2023 gestalteten wir das Künstlercafé zum Grafikmarkt, und an den ersten beiden Veranstaltungen von „Kunst geht in Gärten“ nahmen wir als Gruppe gemeinsam teil, 2020 im Garten von Irene Wieland und 2021 bei Fliesen Ehrlich, beides wunderbare Gastgeber!

Vielleicht ist es noch wichtig zu erwähnen, dass alle Mitglieder ihren Themen, ihrer Technik nachgehen – eine Zusammenarbeit in der künstlerischen Auseinandersetzung ist möglich, aber nicht Programm der KunstSpuren. Uns eint das künstlerische Schaffen mit Leidenschaft sowie die Philosophie und Energie der Gemeinschaft – ein Tun zum Wohle aller Beteiligten.

In unseren vielfältigen künstlerischen Positionen kann der Einfluss des Elbtals, der Landschaft in der wir leben dürfen manchmal nachvollzogen werden. Sie strahlt und prägt eben.

Ja natürlich sind wir nicht immer einer Meinung. Es hat sich aber ein Kreis gefunden, der sehr achtsam und respektvoll miteinander umgeht. Und so haben wir doch immer eine Lösung gefunden.

Im Laufe der Jahre hatten wir auch Austritte – Vorstellungen, Wohnorte und Lebensabschnitte ändern sich – die entstandenen Lücken wurden immer schnell mit tollen Kollegen geschlossen. Derzeit gehören 14 Künstlerinnen und Künstler den KunstSpuren an, und wir haben uns auch ins Umland – von Dresden bis Meißen und Radeburg – ausgedehnt. Es ist nun eine gute Gruppengröße, überschaubar einerseits und doch groß genug um auch aufwändigere Projekte gut stemmen zu können.

Wir sind doch selbst ein wenig überrascht, dass es die KunstSpuren nun schon 10 Jahre gibt. Ein Grund zum Feiern. Ein ganzes Jahr lang, so haben wir unser Jubiläumsjahr mit einer Ausstellung „Im Miteinander“ in der Galerie Felix im Februar 2025 begonnen.

Am 13. Juni 2025 laden wir Sie ein, liebe Leserinnen und Leser, mit uns den nächsten Höhepunkt zu feiern: unsere Ausstellung „Fermata“ in der Stadtgalerie Radebeul, bevor wir am 5. September im Jahnaischen Hof in Meißen unsere Ausstellungstrilogie beschließen werden.

Ausgestaltung des Cafés zum Grafikmarkt, Radebeul
Foto: Archiv KunstSpuren


Im zehnten Jahr das fünfte Mal „Offenes Atelier“: am 7. September 2025 stehen unsere Ateliertüren wieder offen.

Wir sind also mittendrin im Jubiläumsjahr!

„Wir“, das sind aktuell: Uwe Beyer, Sörnewitz; Sylvia Fenk, Meißen; Gabriele Kreibich, Radebeul; Klaus Liebscher, Dresden; Johanna Mittag, Radebeul; Peter PIT Müller, Radebeul; Anita Rempe, Gauernitz; Petra Schade, Radeburg; Gabriele Seitz, Radebeul; André Uhlig, Radebeul; Ralf Uhlig, Radebeul; Anita Voigt, Dresden; Bettina Zimmermann, Batzdorf; Silvia Ibach, Radebeul

Es ist nicht selbstverständlich in unserer schnelllebigen Zeit, dass Ideen eine Dekade überdauern. Umso mehr bin ich meinen Kolleginnen und Kollegen dankbar, die mit mir an die Gemeinschaft glauben.

Ich freue mich jedenfalls auf weitere KunstSpur-Aktionen in der Zukunft— jetzt aber erst einmal auf unser weiteres Jubiläumsjahr.

Silvia Ibach
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weitere Infos, auch über bevorstehende Ausstellungen:
www.kunstspuren-radebeul.de

Editorial 6-25

Manchmal werden märchenhafte Träume eben doch wahr – wenn auch spät und in kleinen Schritten.

Foto: S. Graedtke


Aber langsam? Keineswegs! Es ist geradezu atemberaubend, was sich in den vergangenen Wochen auf dem Gelände der „Villa Kolbe“ getan hat. Der Dresdner Gastronom und Denkmalfreund René Kuhnt, der sich bereits intensiv für eine erste Notsicherung des Anwesens eingesetzt hatte, erhielt kürzlich einstimmig den Zuschlag des Stadtrats zum Erwerb der lange verwahrlosten Immobilie.

Wer den beklagenswerten Zustand nach fast dreißig Jahren Leerstand kennt, sieht, was hier seither schon geschehen ist. Der vollständig zugewachsene englische Garten wurde vom Wildwuchs befreit. Die historischen Raseneinfassungen aus Eisen rund um das Haus sind wiederhergestellt, und der frisch gesäte Rasen beginnt zu sprießen. Der neue Eigentümer ist oft selbst mit Gartenschlauch und Rasenmäher im Einsatz. Das Dach wurde instand gesetzt, die Westfassade eingerüstet und erste Sandsteinelemente denkmalgerecht erneuert.

Im Inneren der Villa sollen künftig vier bis fünf Wohnungen entstehen. Kuhnt plant, hier auch selbst einzuziehen – als neues Zuhause mit Geschichte.

Eine besonders erfreuliche Nachricht: Rund 70 Prozent des Parks werden auch künftig sonntags öffentlich zugänglich sein. Das ehemalige Esszimmer, Damenzimmer, Billardzimmer und der Weinkeller sollen sich dann in ein Sonntagscafé verwandeln – ein Ort zum Verweilen und Flanieren. Darüber hinaus bieten die stilvollen Räume künftig eine ansprechende Kulisse für kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen und Kammerkonzerte.

Bis es so weit ist, wird es noch eine Weile dauern – doch die Zuversicht ist nun größer denn je.

Sascha Graedtke

Zum Titelbild

Historische Winzerhäuser in Radebeul
Das Gebäudeensemble „Bischofspresse“ in Zitzschewig bestand die längste Zeit aus einem Grundstück mit zwei Gebäuden. Die Stadt Radebeul teilte es und verkaufte die Gebäude 1995 an zwei private Interessenten. Familie Wagner erwarb das Winzerhaus, wie bisher Bischofsweg 1. Das ehem. Presshaus erhielt die neue Adresse Bischofsweg 1a. Im Folgenden beschreibe ich das Winzerhaus, ein Wohnhaus von 1676. Dieses hatte der Steuersekretär Michael Findekeller auf ehemals bischöflichem Weinberg als Haus mit massivem EG und Fachwerk-OG errichtet, darüber ein steiles Walmdach mit zwei Reihen Gaupen.
Ein späterer Eigentümer, Gottfried Rentzsch, erweiterte 1773 das Haus um etwa 4m nach Westen in gleicher Bauart. Um 1800 setzte der Dresdner Stadtchirurgus Michael Eltz ein tempelartiges Denkmal im Stil des Klassizismus für seine verstorbene Frau in den Garten. Es war schadhaft und wurde vor 1990 abgebaut. Als eine der ersten Maßnahmen wurde der kleine Tempel wieder auf-gebaut. Der Bauingenieur Nikolaus Wagner projektierte die Sanierung des inzwischen baufällig gewordenen Winzerhauses unter Mitwirkung seiner Eltern selbst. Zum Grundstück gehören noch die alte Mauereinfriedung mit Pforte, ein ehem. Backhaus und ein Brunnen. Die Baumaßnahme dauerte von 1997 bis 2000. Das Haus erhielt dann auf der Südseite einen hölzernen Balkon und die Putzgefache wurden mit Beistrich farblich neu gefasst. Es war eine gute Entscheidung, die neuere Trennung in zwei Grundstücke nicht durch Zaun oder Mauer zu betonen – so wirkt das ursprünglich einheitliche Grundstück noch nach. Schließlich wurden die Mühen der Familie Wagner 2005 mit dem Radebeuler Bauherrenpreis belohnt.
Dietrich Lohse

Zu den Titelbildern in 35 Jahren von „Vorschau & Rückblick“

Jubiläums-Titelbild

Keine Angst, liebe Leser (m/w/d), die Titelbildserie mit den Winzerhäusern wird im Juni ihre Fortsetzung finden. Die Ausnahme im Mai sei uns gestattet, denn wir feiern in diesem Monat unser 35-jähriges Jubiläum.
Waren wir vor fünfzehn Jahren noch recht zurückhaltend und verzierten das Mai-Titelbild mit einem kleinen Lorbeerkranz, gestalteten wir zum 25-jährigen voller Stolz eine Collage mit elf unterschiedlichen Titelseiten aus unserem Archiv.
Zum 30-jährigen traten wir dann erstmals mit einem Porträtfoto-Mosaik aller Vorschau & Rückblick-Akteure an die Öffentlichkeit und zeigten trotz der Corona-Pandemie Gesicht.
Für das diesjährige Jubiläumsheft haben wir acht Motive ausgewählt, die unsere Titelseiten in jüngster Zeit auf vielfältige Weise geschmückt haben und wohl auch charakteristisch sind, für unser kulturelles Monatsheft. Der Cocktail aus Fachwerkhaus, Stillleben, Gartenpavillon, Herrenhaus, reitendem Frühlingsboten, Windmühle, Schmuckfassade und Torbogen bedarf in diesem Falle keiner weiteren Erläuterung.
Den vielen Malern, Grafikern, Fotografen, Denkmalpflegern, Architekten, Kultur- und Heimatfreunden, die uns über all die Jahre kostenlos mit reichlich Bildmaterial unterstützt haben, sei in diesem Zusammenhang noch einmal herzlich gedankt.

Karin (Gerhardt) Baum

 

Mit Michael Wüstefeld poetisch durch das Jahr

Radebeuler Miniaturen

Auf dem Holzweg
(späte Erinnerung an Farben-Öhme)

„… er (der Gegenwartsbewußte) sieht in jeder Verlagerung der Aspekte einen Fortschritt, selbst wenn ein Verlust gewisser kultureller Grade unleugbar ist“.

Dieser Halbsatz, mit dem Karl Kröner in seinem grandiosen Aufsatz „Die Lößnitz. Gestalt und Wirkung einer Landschaft“ (1954) gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen setzte, begleitet mich seit Jahren. Nun, da ein neuer Frühling sich anheischig macht, allerorten die Bäume wieder zu begrünen, steht er mir wieder deutlich vor Augen. Vom Faß aus mit einem Glas in der Hand das Werden zu meditieren, macht den Verlust des Winters (falls es denn einer war) zur Lust. Das Ausbleiben der Minus-Grade stimmt eher heiter, dies umso mehr, wenn einer wie ich aus der Schneeballzeit langsam rausgewachsen ist.

Aber weil wir gerade von Verlusten reden:
Durch das langsame Verschwinden des familienbetriebenen und -getragenen Einzelhandels geht sicher mehr verloren, als nur „gewisse kulturelle Grade“.
In einem sehr warmen und einfühlsamen Beitrag hat Karin Baum im Märzheft von einem Geschäft Abschied genommen, das eigentlich aus dem Stadtgefüge gar nicht wegzudenken war: Farben-Öhme. Jeder Radebeuler, der auch nur einmal versucht haben sollte, seine vier Wände „in Eigenleistung“ mit Farbe zu versehen, kannte das Geschäft auf der Moritzburger Straße. Und obwohl die eifrigen Heimwerker dank der „Verlagerung der Aspekte“ im Handelsgeschehen sicher auch künftig nicht in leere Farbeimer gucken müssen, „ein Verlust …“ na, u.s.w.
Was mir an Karins Beitrag gefehlt hat, war der Hinweis auf ein Gelegenheitsgeschäft, mit dem Farben-Öhme vor 1990 immer wieder auf wundersame Weise empfindliche Versorgungslücken zu schließen vermochte:
Manchmal gab es Holz.
Latten. Schmale Bretter.
Einfach Holz.
Gern und oft denke ich an den seltenen und deshalb unvergesslichen Anblick zurück: Auf dem abendlichen Heimweg vom Bahnhof sah ich die Schlange vorm Laden schon von Weitem. Und ich sah auch die Latten ragen über die damals blecherne Abgrenzung hinaus. Logischerweise unterbrach ich meinen Heimweg und stellte mich auch an. Was mir beim Bäcker schlechte Laune bereiten konnte, hier hellte es mein Gemüt auf. Nach angemessener Wartezeit, mit einem portionierten Holzstapel auf der Schulter und mit Dankbarkeit im Herzen vollendete ich meinen Heimweg. (In einem der aus solchem Holz gebastelten Regale stehen heute meine fünfunddreißig Jahrgänge V&R).
Es liegt nahe, daß der Holzhandel später rasch und gründlich von anderen übernommen wurde. Die Erinnerung aber an das Glücksgefühl das mich allemal überrieselte, wenn ich mit meiner Beute auf der Schulter den heimischen Hof erreichte, ist immer noch lebendig. Mit ihr im Rücken ist der durch die endgültige Schließung zu beklagende „Verlust gewisser kultureller Grade“ einfach besser zu ertragen.
Prost.
Thomas Gerlach

Leserzuschriften

Mein Vater bringt uns relativ regelmäßig „Vorschau und Rückblick“ ins Haus und wir lesen das Heftchen auch gern.
Im Märzheft haben Sie einen wunderbaren, treffenden Artikel über das Atelier von Frau Breuer geschrieben. Vielen Dank!
Immer wieder lesen wir gern die Artikel von Herrn Lohse über die Häuser in Radebeul, im aktuellen Heft über die Häuser mit Bugwelle. Schade, dass diese Artikel nicht „gesammelt“ werden. Wäre der Notschriftenverlag in der Lage, ein Buch draus machen. Würde Herr Lohse zustimmen? Die Kosten müssten aus meiner Sicht zu leisten sein. Ich könnte mir vorstellen für ein solches Projekt Spenden einzuwerben.
Über das aktuelle Heft habe ich mich allerdings in Teilen auch erheblich geärgert. Der Beitrag zur Kontroverse zum Lügenmuseum entbehrt jeglicher sachlicher Grundlage.
Ich habe mich nicht zuletzt auch in meiner Funktion als Stadträtin sehr für eine Lösung und den Erhalt des Lügenmuseums mit den soziokulturellen Angeboten verwendet. Dass es nun zu einer Räumung kommen muss, ist letztlich durch die Kompromissunfähigkeit von Herrn Zabka verursacht worden. Es ist sehr ärgerlich, dass alle unsere, aber auch Bemühungen anderer Beteiligter gescheitert sind.

Eva Oehmichen

Als ich den Aufruf in der Februar-Ausgabe las, habe ich überlegt wann ich zum ersten Mal ein „Vorschau & Rückblick“-Heft in die Hände bekam. Es muss 2003 gewesen sein, als ich zum ersten Mal einen Besuch in Radebeul und gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit meiner Familie machte. Seit dieser Zeit verfolge ich mit großem Interesse und Spannung jedes neu erscheinende Heft. Über 2 Jahrzehnte bin ich ein begeisterter Leser und seit ein paar Jahren auch Vereinsmitglied. Ganz zuverlässig finde ich „Vorschau & Rückblick“ am Monatsanfang in meinem Briefkasten.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Frau Kunze für ihr langjähriges Engagement im Versand. Ich wohne von Radebeul über 600 km entfernt und so ist „Vorschau & Rückblick“ eine lebendige Verbindung in die Stadt, die mir zu einer zweiten Heimat wurde. So bleibe ich auf dem Laufenden was Leben und Kultur in der Lössnitzstadt anbelangt und freue mich besonders über solche „Rückblicke“ wie z.B. die Beiträge in der Reihe „Als die Läden noch den Namen von Leuten trugen“, in denen Zeitzeugen zu Wort kommen. Die jährlich wechselnde, monatliche Dosis Poesie darf auch nicht fehlen ebenso wie die Glossen von Motzi und Thomas Gerlachs „Radebeuler Miniaturen“. Die ansprechenden Titelbilder und die fachkundigen Erläuterungen von Dietrich Lohse runden für mich das Bild ab. Wenn diese ausgewogene Mischung beibehalten wird, bleiben bei mir keine Wünsche offen.
Es bleibt mir abschließend nur zu sagen: „Macht weiter so!“ und eine herzliche Gratulation zu 35 Jahren „Vorschau & Rückblick“!
Nico Patric Kittel

 

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